Mühevolles Engagement

Seit einem Viertel Jahrhundert wirbt die bosnische Sektion der GfbV für Wiedergutmachung und Gerechtigkeit.

Von Wolfgang Mayr

Auf dem Höhepunkt des serbischen Eroberungskrieges in Bosnien in den 1992 organisierteTilman Zülch für Fadila Memisevic und ihrer Kriegsverbrecherliste die notwendige Öffentlichkeit. Viel ist seitdem geschehen. Positives. Negatives. Die serbischen Kriegsverbrecher von damals schüren wieder den Konflikt in Bosnien.

Vor 25 Jahren gründete Fadila Memisevic nach jahrelanger Zusammenarbeit mit Zülch und seinem Team in Göttingen die bosnische GfbV. Die Gruppe um Memisevic wollte die Verbrechen des Bosnien-Krieges aufarbeiten und damit eine Aussöhnung zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen anstoßen. Der Weg dorthin scheint wieder länger geworden zu sein, die Feindseligkeiten nehmen wieder zu. Auch weil die blutige Vergangenheit noch immer nicht restlos aufgearbeitet ist. Und, weil das Abkommen von Dayton die Spaltung von Land und Leuten verschärft hat.

Die bosnische GfbV zieht heute Bilanz über 25 Jahre Menschenrechtsarbeit, mit einer Konferenz in Sarajevo, „Wir haben unsere Stimme erhoben, weil Europa versagt hat.“ Einer der Gast-Redner ist Christian Schwarz-Schilling. Während des Krieges und später als Hoher Repräsentant warb er engagierte für die bosnischen Belange, für die bosnischen Opfer der serbischen und auch kroatischen Aggression.

Mit ihrem „Geburtstagsfest“ erinnert die bosnische GfbV den Westen an seine Versprechen für Bosnien. Die vielen Opfer wurden im Stich gelassen, vergessen, die westliche Untätigkeit ermöglichte damals letztendlich den serbischen Krieg gegen Bosnien. Serbien und seine Ableger in Bosnien sind als Sieger hervorgegangen. Ihr Ziel, Bosnien aufzuteilen, wurde mit dem „Friedensvertrag“ von Dayton umgesetzt.

Seit 25 Jahren wirbt die bosnische GfbV für ein multiethnisches, multireligiöses und multikulturelles Bosnien-Herzegowina, für ein Land, in dem die verschiedenen Nationalitäten und Religionsgemeinschaften – Bosniaken, Kroaten, Serben, Roma und Juden gleichberechtigt leben. Immer wieder betonten auch die bosnischen Opferverbände ihr Engagement für Versöhnung und Verständigung und für die Rückkehr der Vertriebenen und Flüchtlinge in ihre Heimatorte.

Gerechtigkeit und Frieden gibt es aber nur dann, so argumentiert Fadila Memisevic, wenn die vielen Kriegsverbrecher verhaftet und verurteilt werden. Laut der bosnischen GfbV befinden sich noch viele dieser Vergewaltiger und Mörder auf freiem Fuß.

1995 erzwang der Westen den Frieden. Der Krieg wurde „eingefroren“, eine Forderung, die heute Pazifisten, Putin-Versteher und europäische Rechtspopulisten erheben. Eingefroren wurde der Krieg mit dem Vertrag von Dayton. Die Folge war ein ungerechter Frieden, kritisiert die bosnische GfbV, ohne Zukunftsaussichten für das Land. Dayton ist zum Verhängnis geworden, die negative Analyse. Den Vertrag nutzen Nationalisten für ihre Politik der Abspaltung und der Blockade des Staates.

Die Abspaltungs-Drohungen der Republika Srpska, die Leugnung von Völkermord und die Verehrung der Kriegsverbrecher, die ungerechten Forderungen der bosnischen Kroaten nach einer dritten Entität im Staat und die Einmischung der Nachbarstaaten Serbien und Kroatien: Bosnien bewegt sich – vor den Wahlen am 2. Oktober – auf einen Konflikt zu. Die Führung der Republika Srpska blockierte seit Jahren erfolgreich den Weg Bosniens in die EU- und in die NATO. Wohl im Auftrag des russischen Kriegspräsidenten Putin.

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