Österreich-Ungarn

Die neue Allianz der illiberalen Reaktionäre

Hungarians protest against the rightwing government at a rally organised by spoof Two-tailed Dog Party in Budapest, Hungary, April 22, 2017. REUTERS/Bernadett Szabo

Von Wolfgang Mayr

Der ungarische Ministerpräsident Orban gefällt sich in seiner Rolle. Seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine stellt er sich immer wieder vor den Kriegspräsidenten Putin, verzögert erfolgreich Sanktionen gegen Russland, blockiert Waffenlieferung an die Ukraine. Reaktionär im Inneren, pro-russisch im Äußeren.

Orban versteht sich als „Schutzmacht“ der ungarischen Minderheiten in den Nachbarländern, in der Slowakei, in Rumänien, in der Ukraine. Orban und seine FIDESZ, radikal nationalistisch, EU feindlich, pro Putin, kaperten die ungarischen Minderheitenparteien wie auch die Fuen, den Dachverband der Minderheitenorganisationen in Europa.

Über die Propaganda-Plattform „Ungarn heute“ lässt Orban gegen die Slowakei, Rumänien und gegen die Ukraine hetzen. Besonders im Visier die Ukraine, deren ungarische Minderheit unerträglich schikaniert wird, behauptet Ungarn heute. Internationale Organisationen verweigern laut „Ungarn heute“ den ungarischen Minderheiten ihre solidarische Hilfe.

Das Hetzorgan gehört den Friends of Hungary, Teil eines Netzwerkes mit eigenartigen Verbindungen zur CSU und rechten CDU-Kreisen. Koordiniert wird die Vernetzung vom „Mathias Corvinus Collegium“ in Budapest. Über dieses „Collegium“ recherchierten die „Volksverpetzer“: „Eine Schlüsselrolle bei den Allianzen im Sinne Orbáns spielt das … Mathias Corvinus Collegium, zu dem …ein Deutsch-Ungarisches Institut für europäische Zusammenarbeit gehört. Das MCC als gigantische Denkfabrik bekam … Relevanz erst 2020, als das ungarische Parlament der privaten MCC-Stiftung zu je zehn Prozent an der Ölgesellschaft MOL und dem Pharmakonzern Gedeon Richter beteiligte.“

Das MCC erhielt Immobilien im ganzen Land und auch in Nachbarländern mit ungarischen Minderheiten. Die Stiftung verfügt über ein Kapital von 1,5 Milliarden Euro. 

Bei Veranstaltungen des MCC geben sich CSU- und CDU-Politiker die Klinke in die Hand, wie auch der österreichische Freiheitliche Herbert Kickl sowie rechtskonservative slowakische und tschechische Politiker, allesamt erklärte EU-Gegner und Putin-Versteher.

Zurecht drängt Ungarn seine Nachbarn dazu, die ungarischen Minderheiten und deren Forderungen respektvoll zu behandeln. Keine Frage. Zurecht fordern die großen ungarischen Bevölkerungsgruppen in der Slowakei, in Rumänien und auch in der Ukraine auch regionale Autonomie.

Wie hält es aber damit Ungarn? In der Habsburger Ära drangsalierte das Königreich die nicht ungarischen Bevölkerungsgruppen in seinem Herrschaftsbereich. Magyarisierung, war die Losung. Die radikale Assimilierung der Minderheiten zählte auch zum Arsenal der inzwischen untergegangenen ungarischen Volksrepublik. Die demokratischen Nachfolger halten beinhart an diesem Konzept fest.

Ungarn verweist auf sein ausgeklügeltes Minderheitenschutzsystem plus Selbstverwaltungsorganen. Ein überzeugendes Konzept, aber nur auf dem Papier. Nur mehr ein Bruchteil der Angehörigen der 13 sprachlichen und nationalen Minderheiten spricht noch die Muttersprache, Tendenz weiterhin fallend. Kritische Worte aus den Reihen der Minderheiten sind kaum zu hören, wurden doch ihre Organisationen auf Orban-Linie gebracht.

Ähnlich stellt sich die Lage in Österreich da. Voices wird in einer nächsten Podcast-Serie darüber berichten, über die Slowenen in Kärnten, die Kroaten im Burgenland und über die Roma. Die österreichische Minderheitenpolitik verdient sich nicht mehr als ein Armutszeugnis. Das glatte Gegenstück zum doch erfolgreichen Lobbying zugunsten des autonomen Südtirols in der Republik Italien, einst Teil Österreichs.

Und noch eine Ähnlichkeit mit Ungarn zeichnet Österreich aus. Die TV-Satiresendung „Gute Nacht Österreich“ geißelte den unbekümmerten Umgang der österreichischen Politik mit Putin-Russland. Moderator Peter Klien richtete die Teleobjektive seiner Sendung auf die verschiedenen Granden der österreichischen Politik und Wirtschaft, wie Siegfried Wolf, ÖVP- und Putin nah, die ungeniert trotz Vernichtungskrieges in der Ukraine pro-russische Positionen vertreten.

So wie Teile der CDU, die CSU insgesamt und die ostdeutsche Wirtschaft eine Politik des Kniefalls gegenüber Putin betreiben, machte sich Österreich zu seinem Oligarchen-Vorposten. Besonders die Sozialdemokraten, heißt es im Buch „Die Moskau Connection“ von Reinhard Bingener und Markus Wehner. Die Raiffeisen-Bankgruppe war in Russland stark engagiert, der ÖVP-Politiker und Wirtschaftsvertreter Christoph Leitl suchte immer wieder die Nähe zu Putin, der ehemalige ÖVP-Vorsitzende und Kanzler Wolfgang Schüssel wechselte nach seiner Amtszeit in den Aufsichtsrat des russischen Ölkonzerns Lukoil, der ehemalige Finanzminister Hans Jörg Schelling stieg zum Gazprom-Berater auf, die ehemalige freiheitliche Außenministerin Karin Kneissl tanzte auf ihrer Hochzeit mit einem gut gelaunten Putin, das österreichische Putin-Sympathisantennetz ist eng geflochten.

Als besondere nützliche Idioten gerierten sich einige Sozialdemokraten, wie in Deutschland auch. Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer verdingte sich als Lobbyist für den Kasaken-Diktator und Putin-Verbündeten Nasarbajew, für den verjagten ukrainischen Präsidenten Janukowitsch in Kooperation mit dem Trump-Wahlkampf-Manager Manafort und „wirkte“ in der „Denkfabrik“ des Putin-Vertrauten Jakunin mit, im Boot Ex-Militär Harald Kujat, der ÖVP-Politiker Walter Schwimmer und andere mehr.

Der ehemalige österreichische Bahnchef und Bundeskanzler Christian Kern tritt nach seinem Ausscheiden aus der Politik in die Führungsriege der russischen Staatsbahnen ein. Ex-Kanzler Werner Faymann engagiert sich in einer Beratungsfirma des deutschen Ex-Außenministers Sigmar Gabriel. Die deutschsprachige Sozialdemokratie, Putin blind ergeben.

Laut den Umfragen liegen in Österreich die Freiheitlichen seit Wochen mit 30 Prozent einsam an der Spitze der Beliebtheitsskala der österreichischen Wählerinnen und Wähler. Im nächsten Jahr stehen Parlamentswahlen an. Die sehr rechten Freiheitlichen, Teile seien Keller-Nazis, warnt die jüdische Kultusgemeinde, haben die besten Aussichten, wieder Regierungspartei zu werden. Eine Partei, die aus ihrer Nähe zu Putin und Russland keine Mördergrube macht, die beste Kontakte zu Viktor Orban pflegt sowie zur europäischen Rechten zwischen Nationalkonservativen und Neofaschisten. Ein Bundeskanzler Herbert Kickl, Baumeister für ein illiberales Bündnis Österreich-Ungarn? Schräge Aussichten.

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