No indigenous rights

Von Australien bis Chile wird es keine indigene Rechte geben

Von Wolfgang Mayr

Ende Januar protestierten australienweit Aborigine-Aktivist:innen gegen den Australia Day. Jeweils am 26.Januar erinnert die weiße Mehrheitsgesellschaft an die Ankunft der ersten Briten am 26. Januar 1788. Der Auftakt der Landnahme, der Kolonialisierung des Kontinents, der Beginn der Zerstörung der Ureinwohner-Gemeinschaften und deren gezielte Ausgrenzung. Die Aborigine verbinden mit der Ankunft der Europäer Gräueltaten und Enteignung und drängen deshalb auf die Abänderung des Namens des Feiertages.

Eine Mehrheit der Australier:innen lehnen eine Namensänderung strikt ab. Genauso sprach sich vor einigen Monaten einer Mehrheit der Bürger:innen eine Verfassungsänderung zugunsten der indigenen Völker ab. Sie werden weiterhin kein größeres politisches Mitspracherecht bekommen.

Auf der anderen Seite der Welt, nahm Chile diese anti-indigene Entwicklung vorweg. Mehrheitlich sprachen sich die Chilen:innen gegen eine neue öko-soziale Verfassung aus, die auch weitreichende sehr explizite indigene Rechte enthielt. Im vergangenen Dezember sprachen sich die chilenischen Bürger:innen ein weiteres Mal gegen den neuen Verfassungsentwurf aus, der dieses Mal eine deutliche rechteHandschrift trug. Indigene Rechte, Fehlanzeige. Mit dem Scheitern auch des zweiten Reform-Entwurfs bleibt die Verfassung aus der Zeit der Militärdiktatur von Augusto Pinochet (1973-1990) in Kraft. Damit bleiben die Ureinwohner-Gemeinden weiterhin rechtlos.

Australien, Chile, zwei eklatante Beispiele dafür, dass die Nachfahren der weißen Siedlergesellschaften die indigene Teilhabe ablehnen. Weitere Beispiele füllen eine lange Liste. Egal, ob es sich um das angebliche linke Venezuela oder Brasilien handelt, das rechte Argentinien, um afrikanische Staaten, Nordamerika, Skandinavien oder Russland. Es scheint, dass es keinen Platz für indigene Völker gibt, weder in autoritären noch in demokratischen Staaten. Die auf eine Schmalspur eingeschränkte indigene Mitbestimmung in der UNO und die doch einst den Optimismus fördernden internationalen pro-indigenen Erklärungen bleiben pure Absicht.

Chiapas 1994

Nicht von ungefähr erinnerten zapatistische Aktivist:innen im mexikanischen Chiapas an ihren Aufstand vor 30 Jahren gegen die Oligarchen, gegen den von der Elite gekaperten Staat, gegen dessen Polizei und Armee sowie gegen das nordamerikanische Freihandelsabkommen NAFTA. Der gekonnt in Szene gesetzte zapatistische Protest sorgte für einen politischen Aha-Effekt, in Mexiko gibt es noch indigene Völker. Seitdem organisierten sich die Angehörigen der indigenen Völker in Chiapas in Basisgemeinden, meist in der Illegalität. Die linke Regierung Obrador steht in der Tradition ihrer konservativen und rechten Vorgänger, indigenenfeindlich.2021 besuchten zapatistische Delegation Europa, warben für ihre politische Vision.

Oka/Kanesatake 1990

Vier Jahre früher, vor 34 Jahren 1990, wehrten sich Mohawk von Kanesatake gegen ein Golfprojekt der Nachbargemeinde Oka in der kanadischen frankophonen Provinz Quebec. Das Projekt bedrohte einen traditionellen Friedhof, die bewaffneten Mohawk drängten auf die Anerkennung indigener Landrechte und indigener Unabhängigkeit. Quebec setzte die Armee ein, der „Konflikt“ eskalierte und sorgte für eine landesweite Serie heftiger indigener Proteste. Kanesatake/Oka radikalisierte die verschiedenen First Nations-Organisationen. Oka war das Wounded Knee der Haudenousaunee, die entfachte Fakel

Wounded Knee 1973

Fast in grauer Vorzeit fanden sich, vor 51 Jahren, also 1973 im Lakota-Reservat im US-Bundesstaat South Dakota Militante des American Indian Movements und Lakota-Traditionellezusammen. Ihr Ziel, den diktatorisch regierenden Ratspräsidenten Wilson loszuwerden. Daraus wurde die Besetzung des Handelspostens Wounded Knee, eine militärische Auseinandersetzung zwischen den Protestierenden und dem US-System. Die Wounded Knee-Aktivist:innen stellten die US-Indianerpolitik in Frage, forderten deren grundlegende Reform, Landrechte und Landrückgabe, die radikale Abkehr der Politik der Eroberung. Wounded Knee initierte weltweite indigene Kooperation, UNO-Gremien für Indigene, pro indigene Deklarationen und Abkommen.

Der Schwung von damals ging verloren, die vielfältigen Formen staatlicher und nichtstaatlicher Repressionen schränkten den Spielraum indigener Politik drastisch ein. Inzwischen findet ein erfolgreicher backlash statt. Beispiele dafür sind nicht nur Australien und Chile.

 

 

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