„Keine Entscheidungen über uns – ohne uns“

Die Nama und Herero in Namibia fordern gleichberechtigte politische Teilhabe. Für die GfbV seit jeher ein großes Anliegen.

Von Wolfgang Mayr

Schon 1975 erinnerte GfbV-Gründer Tilman Zülch an den vergessenen Völkermord in “Deutsch-Südwestafrika”. Im Report 22 im pogrom-Heft “Selbstbestimmung für Namibia – Deutschland und Deutsch-Südwest-Afrika” griff Zülch die blutige Kolonialgeschichte des deutschen Kaiserreichs in Afrika auf.

Im Leitartikel erinnerte er daran, dass sich die deutschen Siedler das Land der Nama und Herero angeeignet haben. Mit Mord und Todschlag, mit der Politik der verbrannten Erde. Nama und Herero durften nur als Vertrags-Arbeiter deutscher Farmen auf ihrem ursprünglichen Land leben. 

Nazi-Deutschland konnte, folgerte Zülch, auf die Kolonialverbrechen des wilhelminischen Kaiserreichs als “Blaupause” zurückgreifen. Zülch geißelte die Pläne Südafrikas, Deutsch-Südwest-Afrika/Namibia dem Apartheid-System anzupassen, die schwarze Bevölkerung in “Bantustans” umzusiedeln, den illegal erworbenen Landbesitz der Weißen, allen voran der Deutschen, zu legitimieren. Ohne eine gleichberechtigte Teilnahme aller Bevölkerungsgruppen, besonders der Nama und Herero, sei ein neuer demokratischer Staat nicht möglich, warnte Zülch. 

Die Nama sind, wie ihre Nachbarn Herero, Opfer eines Völkermordes. Das kaiserliche Deutschland ging zwischen 1904 und 1908 in “seiner” Kolonie Deutsch-Südwestafrika völkermordend gegen die beiden Völker vor.

Mit Unterstützung der GfbV wehren sich die Nama heute gegen den Ausbau der Wasserstoffproduktion auf ihrem Land. Die Produktion des “grünen Wasserstoffs” wird mit deutschen Steuergeldern finanziert, betroffen ist ein Land, unter dem die Überreste von 3.000 Nama und Herero liegen. Ermordet von den deutschen Kolonialsoldaten.  

Die Nama und Herero wurden auch bei den Verhandlungen zwischen Deutschland und Namibia zur “Wiedergutmachung” des Völkermordes einfach vergessen. Verschiedene UN-Sonderberichterstatter kritisierten die unzureichende Teilhabe der Nama und Herero an den Verhandlungen. Verhandlungen, über ihre Köpfe hinweg. Der Historiker Jürgen Zimmerer, er drängt auf eine restlose Aufklärung, forderte in einem offenen Brief mehr deutsches Engagement.

Sima Luipert, Nama-Reparationsaktivistin und Urenkelin eines Überlebenden des Völkermordes, kritisierte in ihrer im GfbV-Blog erschienenen Reaktion die Antwort der deutschen Regierung als “Nebelkerze aus diplomatischem Jargon“.

Im Fall der Nama und Herero versagte nicht nur Ampel-Deutschland, sondern auch Namibia. Die Ansprüche des “globalen Südens” an den Norden scheinen für die eigenen minderheitlichen Bevölkerungsgruppen nicht zu gelten. Pharisäischer globaler Süden. 

Herero und Nama verklagten deshalb wohl auch die namibische Regierung. Diese kümmerte sich nicht um die Aufforderung des eigenen Parlaments, bei den erwähnten Verhandlungen die Nachfahren der Völkermord-Opfer nicht nur einzubeziehen, sondern ihnen einen prominenten Platz einzuräumen.

Dem Völkermord fielen zwischen 1904 und 1908 65.000 von 80.000 Herero sowie 10.000 der 20.000 Nama zum Opfer. Diese Dezimierung führte zu einem politischen, ökonomischen und kulturellen Machtverlust, der bis heute nachwirkt.

Laut GfbV trägt Deutschland neben der moralischen auch eine juristische Verantwortung gegenüber den Opfern des Genozids. Mit der Ratifizierung der Genozid-Konvention verpflichtet sich nämlich Deutschland, Völkermorde zu bestrafen. Zudem sind Schadensersatzzahlungen im Falle dieses schrecklichen Verbrechens laut internationaler Gesetzgebung völkerrechtlich bindend. Deutschland sei dieser Verpflichtung gegenüber den Herero und Nama jedoch nicht nachgekommen.

Genausowenig wie Namibia, erkämpft von der Befreiungsorganisation SWAPO. Aus Deutsch-Südwest-Afrika, ab 1920 bis 1990 unter südafrikanischer “Verwaltung, wurde Namibia, das gegenüber minderheitlichen indigenen Bevölkerungsgruppen nicht weniger kolonialistisch auftrat und auftritt. Tilman Zülch bemängelte im pogrom-Report “Selbstbestimmung für Namibia – Deutschland und Deutsch-Südwest-Afrika”, dass sich die SWAPO in ihrem Widerstand gegen die südafrikanische Herrschaft nur für einen Teil der namibischen Bevölkerung engagierte. Dazu zählten nicht die Nama und Herero. Die Befreiungsbewegung löste sich nicht vom “inneren Kolonialismus”, der SWAPO-Staat grenzt weiterhin seine “Vierte Welt” aus. 

Links zu Nama und Herero: “Nambia traditional states”; “Ovaherero Genocide Foundation”, “Landless People´s Movement”, 

Podcasts zu Nama und Herero: “Namibia und die deutsche Kolonialgeschichte”, “Völkermord an den Nama und Herero”, “Namibias tiefe Wunden”, “Nama und Herero, BR Podcast”, “Morenga, ein postkolonialer Roman

Videos:  Namibia: Deutschland erkennt Verbrechen an Herero und Nama als Völkermord an

Weitere Infos: “Herero fordern Entschädigung”, “Deutscher Völkermord in Namibia”; “Versöhnungsabkommen mit Namibia”; “Der schwere Weg zur Aussöhnung”.

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