Homage an die Yagán

Dario Domingues und Felipe Galvez-Haberle erinneren an die ursprünglichen Einwohner von Feuerland 

Von Wolfgang Mayr

Die gern verdrängte Vergangenheit holt die Zukunft ein. Erste Etappe: In den 1980er Jahren brachte der Flötenspieler Dario Domingues die Musik der Yagan nach Europa. „Die Reise der Yagan ist zu Ende“, der Titel einer seiner Platten. Der Mapuche Domingues widmete seine Kunst auch dem Volk der Yagan, das Opfer eines kolonialistischen Genozids wurde.  Der Trikont-Verlag in München veröffentlichte einige Tonträger, die vom Voices-Herausgeber Claus Biegert betreut wurden.  

Domingues stellte sich in der damaligen BRD mit seiner LP „Die Reise der Yagan ist zu Ende“ einem größeren Publikum vor. Ein musikalisches Denkmal für die Yagan, die wie viele andere indigenen Nationen Amerikas ausgerottet wurden. Die Yagan, ein Symbol der brutalen Eroberung des amerikanischen Kontinents.

Zweite Etappe: Der chilenische Regisseur und Drehbuchautor Felipe Galvez-Haberle schaut weit zurück in die Geschichte der “Conquista” und der angeblichen „Zivilisierung“ der Yagan. In seinem antikolonialistischen Film “Colonos“ erzählt Felipe Galvez-Haberle, wie 1901 drei Killer im Auftrag von Latifundisten das Feuerland von den Yagan “säuberten”. Das weite, angebliche menschenleere, Land sollte “indianerfrei“ werden, um es wirtschaftlich erschließen zu können. Das mörderische Trio besteht aus einem britischen Ex-Soldat, einem US-amerikanischen Söldner und ein jungen Mapuche-“Mestizen”. Sie vergewaltigen und morden “für den Aufbau einer jungen Nation – der Preis des Blutes, der Lüge und des Verrats am eigenen Volk,“ schreibt die Frankfurter Rundschau.

“Colonos”, Preis des Blutes, zeigt auf drastische Weise, wie vor mehr als 100 Jahren es den weißen Großgrundbesitzern gelang, im südlichen Chile – im Feuerland – den Widerstand zu brechen. Gründlich zu brechen. Die feuerländischen Ureinwohner, die Yagan, wurden dezimiert, auf einen „Restbestand“. Haberle dokumentiert mit seinem Western die entgrenzte Siedlergewalt. Diese steht für die europäische Vernichtung indigener Kulturen. 

“Lebender menschlicher Schatz”

Christina Calderón, letzte 93-jährig verstorbene Yagan-Muttersprachlerin im süd-chilenischen Magallanes, hinterließ der indigenen Nachwelt ein Wörterbuch Yagan-Spanisch. Die Sängerin, Ethnografin und Schriftstellerin engagierte sich ein Leben lang für der Erhaltung der Kultur der Yagan, ihrer Sprache, Geschichten und Legenden. Dafür wurde sie von der chilenischen Regierung mit dem Titel „Lebender menschlicher Schatz“ ausgezeichnet. Calderóns Tochter Lidia Gonzáles Calderón machte den Tod ihrer Mutter öffentlich. Lidia Gonzales gehörte zu den 155 Vertreter*innen, die im Verfassungskonvent eine – in zwischen mit einem Volksentscheid abgelehnte – neue chilenische Verfassung ausgearbeitet hattten.

Die 1.600 Yagán lebten im äußersten Süden Chiles. Ihre Sprache, das Yagán, besteht aus 32.400 Wörtern. Das Yagán war schon lange vom Aussterben bedroht, schreibt die Latein-Amerika-Plattform amerika21: „da Mischehen zwischen Kolonisator*innen und Indigenen, die Evangelisierung und der kulturelle Druck der Kolonisierung die Tradition der mündlichen Überlieferung unterbrochen haben“. Als „isolierte“ Sprache gehörte das Yagán keiner anderen Sprachfamilie an. 

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