Skandal in Spanien: ehemaliger Vizepräsident des katalanischen Parlaments rechtswidrig inhaftiert

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Von Prof. Dr. Axel Schönberger 

Am vierten Jahrestag der Unabhängigkeitserklärung Kataloniens hat das Tribunal Superior de Justícia de Catalunya (TSJC) den ehemaligen Vizepräsidenten des katalanischen Parlaments, Josep Costa, wegen «Ungehorsams» verhaften lassen. Die Verhaftung erfolgte auf Antrag der neofaschistischen Partei Vox. Für diese Verhaftung gibt es im spanischen Recht keine Grundlage. Sie verletzt das Grundrecht auf Freiheit, parlamentarische Immunität, das Recht auf Verweigerung einer Aussage und das Recht auf ein faires Verfahren des ehemaligen Vizepräsidenten des katalanischen Parlaments und verstößt somit sowohl gegen das zwingende internationale Recht der Menschenrechtspakte der Vereinten Nationen als auch gegen spanisches Recht. Wäre Spanien ein funktionierender Rechtsstaat mit ordentlicher Gewaltenteilung, müßte diese Verhaftung strafrechtliche Konsequenzen für die Verantwortlichen haben. Überall in der Europäischen Union müßte es einen Aufschrei des Protestes gegen diese ungerechtfertigte Verhaftung eines ehrenwerten und unbescholtenen Politikers geben!

Noch am Nachmittag des 27. Oktobers 2021 wurde Josep Costa aufgrund einer Einlassung seiner Anwälte wieder auf freien Fuß gesetzt und kündigte sogleich an, die zuständige Richterin, Maria Eugènia Alegret, wegen seiner rechtswidrigen Inhaftierung zu verklagen.

Die katalanische Unabhängigkeitserklärung vom 27. Oktober 2017 stand nicht in Widerspruch zu internationalem Recht, sondern erfolgte auf Grundlage des ersten Menschenrechts der beiden großen Menschenrechtspakte der Vereinten Nationen, die in Spanien zwingendes Recht sind und sonstigen Rechtsnormen der spanischen Rechtsordnung vorangehen. Die Erklärung der Unabhängigkeit und deren Verwirklichung sind voneinander zu trennen. Kein spanisches Gericht, keine spanische Institution ist rechtlich befugt, die Unabhängigkeitserklärung des katalanischen Volkes zu widerrufen oder für nichtig zu erklären. Eine Rücknahme könnte nur durch das katalanische Parlament als gewählte Vertretung des katalanischen Volkes erfolgen. Daß die Verhaftung des prominenten Katalanen am Jahrestag der katalanischen Unabhängigkeitserklärung erfolgte, ist als weitere Provokation des spanischen Staates zu werten, der offensichtlich daran interessiert ist, den Konflikt zwischen Spanien und Katalonien eskalieren zu lassen, um so einen Vorwand für den Einsatz des spanischen Militärs und weiterer spanischer Polizeikräfte in Katalonien zu erhalten.

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