Repressives Russland

Die staatlichen Behörden kriminalisieren gezielt den indigenen Widerstand

Von Tjan Zaotschnaja

Sergej Ketschimov wurde erneut verurteilt. Sein Protest gegen die geplante Förderung von Erdöl unter dem Imlor-See, er gilt unter den kleinen Völker als heilig, soll mit der Verureilung zum Schweigen gebracht werden. 

Sergej Ketschimov wurde von der Polizei in Surgut im westsibirischen Bezirk Chanty-Mansijsk verhaftet. Ketschimov engagiert sich für den Schutz der traditionellen indigenen Gebiete der Region und gilt als „Hüter des heiligen Sees Imlor“. Das Unternehmen Surgutneftegas, es zählt zum krimninellen Netzwerk des russischen Kriegspräsidenten Putin, will die Ölvorkommen unter dem See fördern.

Ketschimov widersetzt sich seit vielen Jahren der gewaltsamen Umsiedlungsversuche. Er ist der letzte seiner Gemeinschaft, der am Imlor-See lebt.

Der russische Staatsappart ist „kreativ“ im Umgang Oppositionellen. So wurde Ketschimov auf dem Heimweg von der Verkehrspolizei angehalten. Sie beschuldigten ihn, betrunken zu sein. Es kam zu einer Auseinandersetzung und schließlich einer gewaltsamen Festnahme. Seitdem ist er in der Polizeistation des Dorfes Fedorowskij in Gewahrsam. 

Ihm wird die Ordnungswidrigkeit „Ungehorsam gegenüber einer rechtmäßigen Anordnung eines Polizeibeamten“ vorgeworfen. Nur einen Tag vor seiner Verhaftung (13. Dezember,) befand ein regionales Gericht Ketschimov der „Androhung von Mord oder schwerer Gesundheitsschädigung“ für schuldig und verurteilte ihn zu sechs Monaten eingeschränkter Freiheit. 

Das Strafverfahren wurde bereits im September 2021 eröffnet, nach einem Konflikt mit Mitarbeitenden von Surgutneftegas. 2017 war er schon einmal nach demselben Paragraphen verurteilt worden, ebenfalls wegen einer Auseinandersetzung mit Mitarbeitenden des Ölkonzernes.

Ketschimov und sein Widerstand wird von den Behörden gezielt in kleinen und leisen Schritten kriminalisiert. Die Behörden wollen Ketschimov zum Schweigen bringen. Seine Unterstützerschaft bewertet die Ordnungswidrigkeit als Vorwand für weitere strafrechtliche Verfolgung. Ein Strafverfahren wegen „Gewaltanwendung gegen einen Vertreter der Staatsgewalt“ mit einer Höchststrafe von fünf Jahren sei möglich, oder wegen „Gewaltanwendung, die das Leben oder die Gesundheit eines Behördenvertreters gefährdet“, mit bis zu zehn Jahren Haft. 

Ketschmov protestiert seit vielen Jahren gegen die Ölförderung in der Nähe des heiligen Imlor-Sees und die Umweltverschmutzung in dieser Region.

Gezielt juristisch verfolgt der russische Staat unbequeme Aktivisten der kleinen Völker. So wurde Alexander Gabychev aus Jakutien in eine psychiatrische Klinik zwangseingewiesen.

Weiter Informationen:

https://indigenous-russia.com/archives/28797

Pipelines und indigene Völker

https://www.gfbv.de/fileadmin/redaktion/Projekte/2020/Arktis/7_Yvonne_Pipelines_Sibirien_USA_Kanada_fin.pdf

Der Wächter des Sees: Sergej Kechimov, Für Vielfalt, ehemals Bedrohte Völker – pogrom, 4/2022

 

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