Grassierende politische Umnachtung

Immer lauten tönen Stimmen gegen die EU-Solidarität mit der Ukraine

Von Wolfgang Mayr

Alice Schwarzer bleibt dabei, in der Ukraine wird ein Stellvertreterkrieg ausgefochten. Die Ukraine führt stellvertretend für die USA Krieg gegen Russland, ist die Analyse von Schwarzer. Kritik an ihrer Position disqualifizierte Schwarzer im ARD-Talk „Maischberger“ als Polemik ab, ein schräges Weltbild der doch verdienstvollen Feministin.

Eine Mehrheitsmeinung in der linken Intellektuellenszene. Rechts denkt ähnlich. Der Vorsitzende der rechtsradikalen AfD, Tino Chrupalla, lehnt die Sanktionen gegen das kriegsführende Russland, genauso die Waffenlieferungen an die Ukraine. Die Sanktionen schaden Deutschland, begründete Chrupalla seine Kritik. Bei „Lanz“ im ZDF sagte Chrupalla überzeugt, dass der russische Kriegspräsident Putin auch kein Kriegsverbrecher ist.

Diese Stimmen am linken und rechten Rand werden immer lauter, aber auch in der politischen Mitte. Die Ukraine soll ihren Widerstand einstellen, die besetzten Gebiete abschreiben, den Dialog mit dem russischen Präsidenten Putin suchen. 

Der italienische Wissenschaftler Alessandro Orsini geht noch weiter. In der RAI-Sendung „Caratabianca“ beschimpfte Orsini Politiker, die den russischen Abzug aus der Ukraine fordern, als schwachsinnig, als Idioten. Die Haltung der EU und der NATO kritisiert Orsini als tödlich, die politisch Verantwortlichen sind für Orsini allesamt Kriminelle.

Diese Kriminellen, die westlichen Politiker, sind auch noch Extremisten, ist Orsini überzeugt, die nur Waffen liefern, aber nicht Friedensverhandlungen anstreben. Verantwortlich für die dramatische Lage der Ukraine ist ausschließlich der Westen, der nicht verhandeln will, unterstellt Orsini der NATO – er meint wohl die USA – und der EU Kriegstreiberei. Russland hingegen will verhandeln, lobt der Terrorismusexperte der römischen Universität LUISS Russland als Friedensmacht.

Politische Umnachtung, die um sich greift. Die westlichen Gesellschaften scheinen zu vergessen, dass Russland Krieg gegen den Westen führt, stellvertretend in der und gegen die Ukraine. Das sagte Boris Bondarew, ein ehemaliger russischer Diplomat, bei „Maischberger“.

Fakt ist auch, dass die NATO-Staaten der Ukraine nur halbherzig helfen. Diese Halbherzigkeit ermöglicht das russische Flächenbombardement, das Zurückbomben der Ukraine in die Steinzeit. Hat das doch auch zaghafte Verhalten damit zu tun, dass irgendwie die hehren russischen Sicherheitsinteressen letztendlich in der Ukraine verteidigt werden müssen? 

Wo enden diese russischen Sicherheitsinteressen? Die Ideologen um Präsidenten Putin zogen neue russischen Grenzen, für Russkij Mir. Radiowissen von Bayern2 griff diese „russische Welt aus der Sicht des Kremls“ auf. Radiowissen fragt, wo fängt Russland an, wo hört es auf? Für die Ideologen im Kreml gibt es für Russkij Mir keine klaren Grenzen. Diese „Russische Welt“ ist eine imperiale Idee, deren Wurzeln ins Zarenreich zurückreichen und die den Nachbarn heute Krieg und Zerstörung bringt. 

Der Westen setzt dieser imperialen Idee der grenzüberschreitenden Sicherheitsinteressen eine sich ausbreitende politische Umnachtung entgegen. 

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