29-01-2025
Bretagne: Drastisches Schrumpfen – Die Zahl der Bretonischsprechenden nimmt spürbar ab
Von Wolfgang Mayr
![Im März 2021 demonstrierten im bretonischen Kemper (Quimper) tausende Breton:innen für den Ausbau des zweisprachigen Unterrichts an allen öffentlichen Schulen. Foto: Ai’ta! Breizh ai-ta.bzh](https://gfbv-voices.org/wp-content/uploads/2025/01/Kemper-Bretagne.jpg)
Im März 2021 demonstrierten im bretonischen Kemper (Quimper) tausende Breton:innen für den Ausbau des zweisprachigen Unterrichts an allen öffentlichen Schulen. Foto: Ai’ta! Breizh ai-ta.bzh
Dies war erwartet worden, kommentiert das online-Magazin “Nationalia” der katalanischen NGO Ciemen, die Spracherhebung in der Bretagne. Nicht erwartet wurde aber die Größenordnung. Zwischen 2018 und 2024 hat das Bretonische die Hälfte seiner Sprecher verloren. Die Anzahl schrumpfte von 214.000 auf 107.000 Personen.
Die Folge des Ablebens von Zehntausenden älteren Bretonischsprechenden. Die Studie ergab aber auch, dass das Durchschnittsalter der bretonischen Muttersprachler heute bei 58,5 Jahren liegt, während es 2018 noch 70 Jahre betrug.
Diese neuen Daten stammen aus einer Erhebung des TMO-Instituts, die die Region Bretagne in Auftrag gab. Das Institut ermittelte auch den deutlichen Rückgang des Galló, die romanisierte bretonische Sprache im Osten des Landes. 2018 sprachen noch 191.000 Personen Gallo´, jetzt sind es nur mehr 132.000.
“Nationalia” kommt trotz des Schrumpfens aber auch vorsichtig optimistisch zum Schluss, dass das Bretonische erhalten bleibt. Die Familien im bretonischen Kerngebiet geben ihrer Sprache zwar nicht mehr weiter, aber der Anteil der Bretonischsprechenden zwischen 20 und 40 Jahren ist leicht gestiegen, von 0,5 auf 1,5 Prozent.
Leicht optimistisch
Den leichten Optimismus teilt auch der Präsident des Amtes für die bretonische Sprache, Paul Molac. Der bretonische Politiker versuchte in den vergangenen Jahren als Abgeordneter des Präsidenten-Wahlvereins En Marche immer wieder Belange der Minderheiten ins Parlament zu bringen. Präsident Macron ließ ihn aber auch immer wieder scheitern. So reichte der Präsident erfolgreich eine Verfassungsklage gegen ein Immersions-Gesetz ein.
Der hartnäckige Molac ließ sich deshalb aber nicht einbremsen oder gar einschüchtern. Der Präsident des Amtes für bretonische Sprache bestätigt, dass inzwischen viel mehr bretonische Lehrer ausgebildet werden als noch vor einigen Jahrzehnten. Zusammen mit anderen Maßnahmen wird die Spracherlernung gezielt gefördert.
Die bretonische Regional-Regierung verabschiedete den Plan zur “Wiederaneignung“ der Sprache. Ziel ist es, die Zahl der bretonischlernenden Schüler bis 2027 auf 30.000 zu erhöhen. Das Departement will 13 Millionen Euro in die Förderung des Bretonischen und des Galló investieren. Derzeit besuchen 20.200 Schüler:innen zweisprachige bretonisch-französische Schulklassen und Schulen, belegen die Daten von Div Yezh Breizh.
Die bretonischen Behörden bieten außerdem bretonische Online-Selbstlernkursen an (siehe Seite: desketa.bzh).
Bretonische Organisationen – und das Europäische Netz für die Sprachengleichheit ELEN – begrüßen die regionale Bemühung, kritisieren aber vehement die Haltung der französischen Regierung. Der Zentralstaat und sein Bildungsministerium unterließen bisher Investitionen in den Minderheiten-Regionen und deren Schulen.
Im März 2021 demonstrierten im bretonischen Kemper (Quimper) tausende Breton:innen für den Ausbau des zweisprachigen Unterrichts an allen öffentlichen Schulen.
Im Mai 2021 protestierten 50.000 Personen in den verschiedenen Minderheitenregionen gegen das Verfassungsgericht, das den Immersionsunterricht an den öffentlichen Schulen als verfassungswidrig untersagte.
Wahrscheinlich aus deshalb genehmigte das Bildungsministerium im Dezember 2021 – trotz des Einspruchs der Verfassungsrichter:inenn – den Unterricht in den regionalen Sprachen. Molac und andere regionale Minderheiten-Politiker:innen drängen auf eine Änderung der Verfassung, um den Immersionsunterricht künftig abzusichern.
Frankreich plural
Laut einer Umfrage, die vom Institut Cluster 17 im Auftrag der Zeitschrift Le Point durchgeführt wurde, befürwortet die Mehrheit der Bürger des französischen Staates eine breitere regionale Selbstverwaltung, mit Spitzenwerten von 92 % auf Korsika und 71 % in der Bretagne und eine knappe Mehrheit auch in der Region Paris, der Île de France.
Noch deutlicher ist die Unterstützung für die Einführung von Minderheitensprachen in das öffentliche Bildungssystem, die in einigen Gebieten bereits Realität ist. Landesweit befürworten 62 % der Befragten Minderheitensprachen als Unterrichtssprachen, auf Korsika 100 %, in den überseeischen Gebieten mehr als 83 %. In der französischen Hauptstadt liegt der Konsens bei 60 Prozent, verglichen mit 33 Prozent der Gegner.
Siehe auch:
– outlawed languages?
– Gekappte Mittel für Minderheiten-Radios
SHARE