Auf beiden Seiten der Front?

Der ehemalige NDR-Journalist Patrik Baab und seine Lautsprechertätigkeit für Putin.

Von Wolfgang Mayr

Patrik Baab versteht sich als Aufdecker. Er schreibt gegen das angebliche westliche Narrativ an, Russland sei der Täter, die Ukraine das Opfer. Baab kommt bei seinen Recherchen auf beiden Seiten der Front zum Ergebnis, dass die Ukrainer der Täter sind, Russland das Opfer westlicher Aggression.

Die Ukraine mache sich zum nützlichen Idioten für die USA, so die Analyse von Baab. In der Ukraine werde ein Stellvertreter-Krieg ausgefochten. Keine neuen Thesen, solche und ähnliche abenteuerliche Polit-Schwurbeleien vertreten die AfD, die Linke um Sahra Wagenknecht, die „Querdenker“, der TV-Philosoph Precht und auch eine Größe wie Harald Welzer.

Sie, und besonders Baab, haben die Geschichten hinter den Schlagzeilen und der westlichen „Propaganda“ hervorgeholt. Der „Maidan-Protest ein Putsch“, diese entsprechende ideologische Vorgabe kam direkt vom Kreml, die russischen Provokationen im Donbas werden als Bürgerkrieg analysiert, der Einmarsch der russischen Armee vor zwei Jahren kommt als die logische Folge der NATO-Provokationen daher, die ukrainische Armee verteidigt sich nicht gegen die russische Invasion, sondern fechte einen Stellvertreterkrieg für die NATO gegen Russland aus.

Die politischen Interessen der USA führten laut Baab zum russischen Einmarsch, für ihn deshalb eine nachvollziehbare Notwehr. Deutsche waren und sind Weltmeister beim Verharmlosen. 

Baab recherchierte nicht, wie großmundig der Buch-Titel ankündigt, auf beiden Seiten der Front. Nein, Baab ist ein „nützlicher Idiot“ Russlands. Die Ukraine sei in der Hand von Faschisten, die die eigene russische und russischsprachige Bevölkerung und das große Russland bedrohten, tönt es aus dem Buch. Das könnten Putin und sein Außenminister Lawrow plus das Propaganda-Heer Baab diktiert haben. 

Der Bürgermeister der ostdeutschen Stadt Kamenz/Kamjenc in der sorbischsprachigen Lausitz, Roland Dantz von den „Freien Wählern“, lud den Kreml-Propagandisten Baab zu einer Lesung ein. „Im Dialog mit Patrik Baab“, so verkaufte der Bürgermeister den Auftritt des an beiden Seiten der Fronten recherchierenden Baab. In seiner Einladung textete der Bürgermeister unverfroren vom Putsch auf dem Maidan, vom Bürgerkrieg im Donbass, vom Stellvertreterkrieg zwischen Russland und der NATO. Baab berichte von der Geschichte hinter der Propaganda, der westlichen, versteht sich.

Neutral, vorurteilsfrei und abseits der herrschenden Meinung sollte der mutmaßlicher Aufdecker Interessierte über den russischen Krieg in der Ukraine informieren. Eine totale Farce. Baab argumentiert pro-russisch, voller antiukrainischer Vorurteile und abseits der Fakten. Die Kritik an diesem Journalismus wird von den üblichen Verdächtigten verteidigt, da wird von cancel culture geschwafelt.

Und der Bürgermeister? Der ließ keine Journalisten zur Buch-Vorstellung. Das ZDF-Team wurde abgewiesen, aus Datenschutzgründen. Einer der wenigen Besucher, der sich interviewen ließ, sagte ohne Umschweife, er will endlich korrekt über Krieg in der Ukraine informiert werden. Nicht von System-Medien und System-Journalisten, sondern von einem Aufdecker wie Baab. 

„Denk ich an Deutschland in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht“, von Heinrich Heine aus dem Jahr 1844. „Ich kann nicht mehr die Augen schließen“, heißt es weiter in diesem 24. Gedicht aus dem Zyklus Zeitgedichte. Treffend formuliert. Und gilt immer noch. 

Die Schar der deutschen Putin-Verständigen wächst. Sind sind in guter Gesellschaft mit dem Niederländer Geert Wilders, dem Ungarn Viktor Orban, dem Italiener Matteo Salvini, dem Slowaken Robert Fico, der Französin Marine Le Pen. Sie hoffen auf einen russischen Sieg in der Ukraine. Da ist an Schlafen nicht mehr zu denken. 

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