„Wahlen in Mauretanien 2024: Hoffnung für die Minderheiten?“

Von Unruhe geplagte Sahelzone: Die Welt sollte ein Auge auf Mauretanien haben, schreibt Jan Diedrichsen in seiner Kolumne Voices. Trotz großer Herausforderungen birgt das Land auch Hoffnung auf Stabilität, die die Sahelzone dringend braucht.

Mauretanien, an der Schnittstelle zwischen „arabischem“ und „schwarzem“ Afrika, ist ein Land mit tiefen ethnischen Spannungen. Historisch geprägt von Staatsstreichen, Instabilität und Menschenrechtsverletzungen, ist es heute vor allem für seine weitverbreitete Sklaverei bekannt. Doch das Land versucht, sein Image zu ändern. Mit seinen Bodenschätzen und einer relativen demokratischen Stabilität hofft es, internationale Investitionen anzuziehen. Nächsten Monat finden Präsidentschaftswahlen statt – möglicherweise erst der zweite friedliche Machtwechsel in der Geschichte des Landes.

Situation der Minderheiten

Die Bevölkerung Mauretaniens setzt sich zusammen aus arabischen Mauren (ca. 30 Prozent), schwarzafrikanischen Ethnien (ca. 30 Prozent) und den Haratin, Nachfahren ehemaliger Sklaven (ca. 40 Prozent). Minderheiten wie die nicht-arabischsprachigen Ethnien (Haalpulaar, Wolof, Sooninko und Bamana) sowie die Haratin sind nach wie vor von Ausgrenzung und Diskriminierung betroffen. Obwohl einige Vertreter dieser Gruppen symbolisch in hohe Ämter berufen wurden, bleiben sie von Schlüsselpositionen im Staatsapparat ausgeschlossen. Seit den 1960er-Jahren gibt es Spannungen, die durch Sprachpolitik und mangelnde Repräsentation verschärft werden.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat sich in der Vergangenheit intensiv für die Rechte der Minderheiten in Mauretanien eingesetzt. Sie weist auf menschenrechtsverletzende Praktiken hin und fordert internationalen Druck auf die mauretanische Regierung, um Sklaverei und Diskriminierung zu beenden. Die systematische Diskriminierung von Haratin und Menschen schwarzafrikanischer Herkunft müsse ein Ende haben, sagte die GfbV bereits vor fünfzehn Jahren und betonte die auch heute noch aktuelle Notwendigkeit umfassender Reformen und der Durchsetzung von Gesetzen gegen Sklaverei.

Präsidentschaftswahlen 2024

Der amtierende Präsident Mohamed Ould Cheikh Ghazouani bewirbt sich um eine zweite und letzte fünfjährige Amtszeit. Mauretanien befindet sich seit 2019 auf dem Weg der politischen Öffnung, als Präsident Mohamed Ould Abdel Aziz die Amtszeitbeschränkung einhielt und zurücktrat. Ghazouani, Aziz‘ handverlesener Nachfolger gewann 2019 mit 52 Prozent der Stimmen.

Ein bemerkenswerter Präsidentschaftskandidat ist Biram Dah Abeid, ein Anti-Sklaverei-Aktivist, der wegen seines Engagements mehrfach inhaftiert wurde. Bei den Präsidentschaftswahlen 2019 kam Abeid mit 19 Prozent der Stimmen auf den zweiten Platz. Mauretanien hat die Sklaverei erst 1981 offiziell abgeschafft, obwohl sie bis heute praktiziert wird. Die Gesellschaft für bedrohte Völker begleitet den Kampf gegen die Sklaverei seit Langem. Auf Vorschlag der Göttinger Menschenrechtsorganisation erhielt Biram Dah Abeid den Weimarer Menschenrechtspreis. Trotz aller positiven Entwicklungen im Land ist die Sklaverei für viele Menschen in Mauretanien nach wie vor eine grausame Lebensrealität.

Stabilität im unsicheren Sahel

Mauretanien liegt in der Sahelzone, die von zahlreichen Putschen und extremistischen Bedrohungen heimgesucht wird. Dennoch ist Mauretanien relativ stabil. Präsident Ghazouani regiert mit ruhiger Hand und legt großen Wert auf sozialen Zusammenhalt. Im Gegensatz zu den Nachbarländern Mali, Burkina Faso, Niger und Tschad, die von Militärputschen erschüttert wurden, hat Mauretanien bisher seine demokratische Struktur bewahrt.

Die Eskalation der Gewalt in Mali stellt jedoch eine zunehmende Sicherheitsbedrohung dar. 2023 gab es mehrere Sicherheitsvorfälle an der Grenze und Mauretanien beherbergt mehr als 100.000 Geflüchtete.

Die bevorstehenden Wahlen und die politische Entwicklung in Mauretanien werden zeigen, ob das Land seine Stabilität bewahren und die Rechte seiner Minderheiten verbessern kann.  Die internationale Gemeinschaft sollte nicht nur zusehen, sondern aktiv dabei helfen, die systematische Diskriminierung und Sklaverei in Mauretanien zu beenden. Die Welt muss ein Auge auf Mauretanien haben – ein Hoffnungsschimmer in einem sonst von Unsicherheit geplagten Sahel.

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