Schlesische Amtssprache?

Der rechte polnische Präsident blockiert ein Sprachengesetz

Von Wolfgang Mayr

Das polnische Parlament erhob die schlesische Sprache zur Amtssprache, dagegen legte der Staatspräsident sein Veto ein. Sein Argument, es istvorherrschende Meinung unter den Experten, dass es sich dabei nur um einen Dialekt des Polnischen handelt.

Ein Präsidenten-Fake, diese vorherrschende Meinung gibt es in dieser einhelligen Form nicht. Typisch rechts. Unter den Sprachwissenschaftler gibt es unterschiedlich Ansichten, ob das Schlesische eine eigenständige Sprache oder nur ein polnischer Dialekt ist.

Manche Wissenschaftler führen an, dass das Schlesische durch die Vermischung des Polnischen, Deutschen und Tschechischen entstanden sei. Also kein Dialekt, sondern eine eigenständige Sprache der Oberschlesier. Wasserpolnisch”, Schlonsakisch, war die Sprache der Oberschlesier in Preußen und in der Weimarer Republik. Andere wiederum sehen Schlesisch als eine auf dem Polnischen basierende Mischsprache mit tschechischen Elementen und zahlreichen Germanismen. Auf alle Fälle ist das Schlesische zweifelsohne eine Regionalsprache.

Das Schlonsakische ähnelt dem polnischgefärbten Masurischen, die inzwischen fast erloschene Sprache der Masuren im ehemaligen südlichen Ostpreußen. Die Masuren verließen in den 1950er Jahren fast geschlossen ihre Heimat in Richtung West-Deutschland.

Laut der Charta der Regional- und Minderheitensprachen des Europaratessollen erkennbare regionale Sprachen anerkannt und gefördert werden, als Amts- und Unterrichtssprachen.

Das kümmert Präsident Andrzej Dudanicht. Er sieht in dem Anliegen eine Gefahr, weil es auch mit schlesischen Autonomieforderungen verknüpft ist. Duda zitiert zwischen den Zeilen den ukrainischen Donbas und den Streit um die Anerkennung des Russischen als Amtssprache in der Ostukraine. Für Duda geht es darum, die polnische Muttersprache und die nationale polnische Identität zu pflegen und zu schützen.


Das Gesetz zur Anerkennung des Schlesischen wurde bereits am 26. April im Sejm, dem Unterhaus des Parlaments, genehmigt. Mit den Stimmen der Regierungsparteien von Mitte-Rechts bis Links. Die ehemalige rechte Regierungspartei PIS und die Rechtsradikalen stimmten dagegen. Das Gesetz sah die Aufnahme der Sprache in den Lehrplan der Schulen und ihre Verwendung in der Gemeindeverwaltung vor.

Während die rechte Opposition das Sprachengesetz nicht verhindern konnte, versucht es jetzt PIS-Präsident Duda. Eine präsidiale Korrektur unter nationalistischem Vorzeichen.

Die schlesische Abgeordnete Monika Rosa vom regierenden Parteien-Bündnis kündigte an, das Sprachengesetzabermals dem Parlament zur Genehmigung vorlegen. Wenn Duda nicht mehr Präsident ist und kein Veto mehr einlegen kann. Das dauert, die Präsidentschaftswahlen finden im nächsten Jahr statt.


Laut der Volkszählung 2021 wird Schlesisch von 460.000 Menschen gesprochen. In den 1920er Jahren machte August Scholtis, weder Deutscher, noch Pole noch Tscheche, er definierte sich souverän als Schlonsak, mit seinem Roman Ostwindauf das oberschlesische Referendum – Verbleib bei Deutschland oder Angliederung an Polen – aufmerksam. Scholtis, ein Schlonsak wie die Schriftsteller Horst Bienek und Janosch (Horst Eckert) oder wie Victor Kaluza und die Politiker wie Carl Ulitzkaund Wojciech Korfanty.

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