08-11-2024
“Müll-Insel” wählte konservativ
Die Mehrheit der Puerto Ricaner will den USA beitreten
Von Wolfgang Mayr
Im Wahlkampf beschimpfte ein republikanischer Comedian Puerto Rico als Müll-Insel. Trotz dieser Beleidigung stimmte beim Referendum am 5. November – dort fanden wegen des besonderen Status von Puerto Rico keine US-Wahlen statt – mehr als 56 Prozent der Wählenden für einen Beitritt zu den USA.
Bei den gleichzeitigen Gouverneurs-Wahlen setzte sich mit mehr als 39 Prozent die konservative Jenniffer González-Colón von der Neuen Fortschrittspartei (PNP und für den US-Beitritt) durch. Sieben Prozentpunkte hinter González-Colón folgt Juan Dalmau (32,8 Prozent) von der linken Unabhängigkeitspartei (PIP).
Der Unabhängigkeitskandidat liegt damit deutlich vor Jesús Manuel Ortiz von der Demokratischen Volkspartei (PPD, sozialliberal, für die freie Assoziierung, der 21 Prozent der Stimmen erhielt.
Die Unabhängigkeitsbewegung hat bei den
Wahlen am 5. November also einen bemerkenswerten Erfolg erzielt. Sie wurde zur zweiten Kraft und die Unabhängigkeit als zweite bevorzugte Option bei der nicht bindenden Volksabstimmung über den Status der Insel. Diese Wahl löste damit das bisherige traditionelle Zweiparteiensystem von PNP und der PPD ab.
Bei diesem siebten Referendum konnten die Bürger:innen wählen, ob sie den USA als 51. Bundesstaat beitreten, die Souveränität in freier Assoziierung beibehalten oder die Unabhängigkeit wollen. Zwar votierten mit 56 Prozent die Wählenden für einen US-Beitritt, aber erstmals stimmte ein Drittel der Wählerschaft für die Unabhängigkeit. An dritter Stelle folgt das Assozierungs-Votum mit 12,3 %.
Das online-Magazin “Nationalia” der katalanischen NGO bezeichnet dieses Ergebnis als historisch: In keinem der sechs vorangegangenen Volksabstimmungen konnte die Unabhängigkeit mehr als sechs Prozent der Wählerstimmen erhalten.
Möglicherweise wäre das Votum für die Unabhängigkeit noch deutlicher ausgefallen, spekuliert “Nationalia”, wenn das Referendum bindend gewesen wäre. Wählende boykottierte die Volksbefragung, weil sie einseitig von der konservativen pro-amerikanischen PNP initiiert wurde.
Der zweitplatzierte Dalmau vom linken PIP ist in einer Koalition mit der “Bewegung für den Sieg der Bürger” angetreten, einer linken antikolonialistischen Partei. In dieser Koalition sind Befürworter der Unabhängigkeit, der Assozierung und der Befürworter des US-Beitritts vertreten.
Siehe: Political Parties in Puerto Rico, Warten auf politische Gleichberechtigung, Moderne Autonomiesysteme,
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