„Ich schäme mich“

Als Mensch, als Bürger dieses Landes, sagte der russische Diplomat Oleg Anissimowüber den russischen Eroberungskrieg in der Ukraine. Laut Meduza gibt es weitere kritische Stimmen im russischen Staatsapparat.

Von Wolfgang Mayr

Anissimow sorgte mit seiner Entschuldigung gegenüber der Ukraine für Aufmerksamkeit und Hoffnung. In einem Protokoll auf Meduza spricht er über Schuld, Angst und Verantwortung.Meduza weiß auch, dass in den Hinterzimmern der Macht keine allgemeine Kriegsbegeisterung herrscht und verweist auf einen Artikel der Journalistin Farida Rustamowa (zuvor bei Doshd und Meduza erschienen) über ranghohe Staatsbeamte, die sich klammheimlich kritisch und besorgt über die Lage äußern. Einige Oligarchen äußerten sich zum Teil sogar deutlich, darunter die Milliardäre Oleg Deripaska und und Oleg Tinkow.

Kriegs-Kritiker aus der Elite befürchten – noch nicht – keine Repressalien. Dies gilt für Bürger nicht, führt Dekoder weiter aus: „Wer sich öffentlich gegen Russlands Krieg in der Ukraine positioniert – oder einfach nur den Krieg als Krieg bezeichnet -der begibt sich in Russland derzeit in Gefahr und muss mit Konsequenzen rechnen: Laut dem OWD-Info sind bei russlandweiten Anti-Kriegs-Protesten seit dem 24. Februar mehr als 7500 Menschen festgenommen worden. Und doch sind es nicht nur durch ihre Bekanntheit „geschützte“ Personen des öffentlichen Lebens wie der Musiker Boris Grebenschtshikow, die sich öffentlich gegen den Krieg aussprechen, sondern zunehmend auch Fach- und Berufsverbände, sowie Privatpersonen auf ihren Social-Media-Kanälen“.

Es ist beeindruckend, dass viele russische BürgerInnen den Protest wagen. Mutige Menschen, die ihrer Elite die Stirn bieten. Die westeuropäische Militär-Elite verweigert sich, bedauert Richard Herzinger in seinem Blog. Ihre Stirn bieten könnten die Parlamentarische Versammlung des Europarates, das Europaparlament und die OSZE mit Tagungen in der ukrainischen Hauptstadt oder im Lemberg.

Enttäuschend, dass Israel den jüdischen Ukrainern nicht hilft, nicht zur Seite steht. Israellieferte ungeniert Drohnen der Republik Aserbeidschan für den Krieg gegen die Armenier, auch Opfer eines Holocausts, verweigert aber militärische Hilfe.

Die russischen Eroberungstruppen walzen inzwischen das Land platt. Mit aller Härte gehen die „Befreier“ gegen ihr „Brudervolk“ vor, der Westen hat das Land schon aufgegeben. Perspektive Friedhof. Nach dem Krieg wird Präsident Putin ein Regime installieren und die EU um Aufbauhilfe bitten. „Viel­leicht kann Putin das eine Weile gelin­gen, aber der Preis wäre enorm. Dieser Weg wäre mit Leichen gepflas­tert, denn die demo­kra­ti­sche Elite im Land – viele hundert, wahr­schein­lich eher tau­sende Poli­ti­ke­rin­nen, Par­la­men­ta­rier, Künst­le­rin­nen, Jour­na­lis­ten, Wis­sen­schaft­le­rin­nen und Akti­vis­ten, welche die Insti­tu­tio­nen, freien Medien, Zivil­ge­sell­schaft und Kultur in den letzten Jahren auf­ge­baut und von innen demo­kra­ti­siert haben – müssen mit schlimms­ten Säu­be­rungs­ak­tio­nen, Schau­pro­zes­sen und Lager­haft rechnen. Nichts Anderes meint Putin, wenn er von der „Ent­na­zi­fi­zie­rung und Demi­li­ta­ri­sie­rung“ der Ukraine spricht,“ warnt Ukraine verstehen.

Im Westen applaudieren derweil radikale Linke, Rechtsradikale und Corona-Leugner Putin zu, werfen NATO und EU vor, Putin in diesen Krieg getrieben zu haben. Eine erschreckende Analyse.

Weitere Lese-Hinweise:

Ukraine Dossiers; Hintergründe zum Krieg in der Ukraine; Weiterführende Leseempfehlungen

 

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