Ein Aufrechter ist gegangen

In Erinnerung an Ciemen-Gründer Aureli Argemi 

Von Wolfgang Mayr

Der katalanische Weltbürger Aureli Argemi und Freund der “Nationen ohne Staat” ist 88-jährig verstorben. Argemi drängte mit seinem Ciemen, wie die anderen katalanischen Basis-Organisationen wie ANC und Òmnium Cultural (OC) auch, auf die katalanische Eigenstaatlichkeit. 

Der weit links stehende Argemi engagierte sich für die kollektiven Rechte der Nationen ohne Staat. 1990 veröffentlichte Ciemen die “Allgemeine Erklärung der kollektiven Rechte” und 1996 die “Allgemeine Erklärung der Sprachenrechte”. Er verstand die beiden Erklärungen als eine Weiterentwicklung der UN-Erklärung der Menschenrechte. Argemi wurde damit auch zum Stichwortgeber für die UN-Erklärung über die Rechte der indigenen Völker.

Aureli Argemi war Theologe, studierte in Rom und Paris war er Mönch in Montserrat, gehörte der Gemeinschaft von Cuxà im Norden Kataloniens an und war Sekretär von Abt Aurelio Maria Escarré. Wegen seiner strikt anti-franquistischen Haltung ging er 1965 ins Exil, nach Turin.

Ein Jahr vor dem Tod des faschistischen Putsch-Generals Franco kehrte Argemi nach Katalonien zurück, gründete 1974 in Barcelona die NGO Ciemen. Als zivilgesellschaftliche Organisation warb Ciemen für die kollektiven Rechte der Nationen ohne Staat.

Unermüdlich für Katalonien

Aurgeli Argemi war in Sachen katalanische Nation unterwegs, unermüdlich, ohne aber einem bornierten Nationalismus verfallen zu sein. Er förderte die “Crida a la Solidaritat en Defensa de la Llengua”, “Cultura i Nació Catalanes” (1981), die “Fons Català de Cooperació al Desenvolupament” (1986), die “Plataforma pel Dret a Decidir” (2005) und die “Assemblea Nacional Catalana” (2011). Basisorganisationen, die die katalanische Nationalbewegung tragen.

“Er hat den Frieden verteidigt, der auf der Achtung unveräußerlicher Rechte wie der Selbstbestimmung beruht, und sich für die internationale Entwicklungszusammenarbeit eingesetzt,” heißt es auf Ciemen über das politische Tun von Aureli Argemi.

Argemi schrieb gegen den “Machismo” an, gegen die Männer-Gewalt. Dafür stünden stellvertretend Putin, Trump, Hamas, Netanjahu. Sie seien Ausdruck des internationalen Machismo. Genauso die Straflosigkeit von Richtern, die katalanische Politiker:innen verfolgten oder schutzbedürftige Menschen.

Ciemen nervte die katalanische Regionalregierung, genauso jene von Valencia und den Balearen – katalanisches Sprachgebiet – und drängt auf einen offensiven Gebrauch der katalanischen Amtssprache und Ortsnamen. Ihm ging es um die Sichtbarkeit, um die vollständige Gleichberechtigung der Sprachen. Sprachendemokratie, war eine seiner Losungen.

Sprachrohr Nationalia

Seit 2007 leitete Aureli Argemi sein digitales Medium “Nationalia”, hervorgegangen aus der in seinem italienischen Exil gegründeten Zeitung “Minoranze”. Schwerpunkt waren und sind die “anderen Nationen”, die Nationen ohne Staat wie Katalanen, Basken, Korsen, Bretonen, Schotten, Kurden, Tibeter, usw. Das Nationalia-Archiv ist eine Fundgrube über die “other nations” und die journalistische Arbeit von Aureli Argemi.

Die derzeitige politische Lage beschrieb Argemi als düster, die Rechte der Völker würden massiv verletzt werden, kommentierte er den israelischen Krieg in Gaza, den Krieg Syriens, Russlands und der Türkei in Rojava, die Vertreibung der Armenier:innen aus Arzach, die Konflikte in Westpapua und den russischen Krieg in der Ukraine.

In seinem Kommentaren geißelte er das Vorgehen des türkischen Staates gegen die kurdischen Wahlgewinner bei den jüngsten Kommunalwahlen, begrüßte erfreut das Wiedererstarken der baskischen Sprache unter den Jugendlichen im Baskenland. Argemi war Kurdistan und dem Baskenland eng verbunden.  

Auf einer Tagung der GfbV-Südtirol in den 1990er Jahren forderte er das autonome Südtirol auf, mutiger zu sein, mehr zu wagen als “nur” Autonomie. 

Argemi schaute sich mit “Nationalia” weltweit um, bei den nicht offiziellen Nationen. Ausgehend von seinem Katalonien knüpfte er Kontakte ins Baskenland, genauso in die autonome Region Friaul und Aosta in Italien, besuchte Okzitanien, im südlichen Frankreich und im äußersten Westen Italiens, engagierte sich für die palästinensischen Eigenstaatlichkeit, ohne aber Israel in Frage zu stellen, fühlte sich den Armenier:innen nah, genauso den verschiedenen indigenen Völkern in Amerika und den postkolonialen Nationen wie Eritrea.

In seinen Memoiren La llavor sembrada (2023) schreibt Argemí: ““Reiseerlebnisse haben meine Beobachtung verfeinert, den Horizont erweitert. Gleichzeitig haben sie mich dazu gebracht, die Vielfalt zu verinnerlichen. Ich habe universell oder global agiert und gleichzeitig ´meine´ lokale Welt geschätzt. Ich bin bekennender Weltbürger.“

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