13-11-2023
Die Franco-Enkel und die Verfassung
Die spanische Rechte hetzt gegen die Amnestie (1)
Von Wolfgang Mayr
Die spanische Volkspartei PP, einst gegründet von Parteigängern des Faschisten Franco, mobilisierte landesweit zehntausende Menschen. Sie protestierten gegen die geplante Amnestie katalanischer Aktivistinnen und Aktivisten sowie katalanischer UnabhängigkeitspolitikerInnen.
Durch die vereinbarte Amnestie wird der geschäftsführende Ministerpräsident Sanchez von der sozialdemokratischen PSOE von katalanischen und baskischen Parteien im Parlament Ende November für seine Wiederwahl unterstützt.
Nein zur Amnestie, skandierten die Demonstranten, ja zur Verfassung, ihr Motto. So als ob es einen Widerspruch gäbe, zwischen Verfassung und Amnestie. Mehr als zwei Millionen Bürgerinnen und Bürger sollen den Protest der PP und der neofaschistischen Vox, hervorgegangen aus der PP, mitgetragen haben. Wegen des Amnestie-Vorhabens beschimpfte die Rechte Ministerpräsident Sanchez als Verräter.
Die rechte Front aus PP und Vox orakelte von einer Gefährdung der Demokratie. Isabel Díaz Ayuso, die mächtige und weit rechts stehende PP-Regierungschefin der Region Madrid, befürchtet gar eine „Diktatur durch die Hintertür“. Die PP-Konservativen lehnen Zugeständnisse an katalanische Parteien ab, Vox will deren Verbot und die Aufhebung der regionalen, besonders der katalanischen, Autonomien.
Die Franco-Kinder von der PP
Die Volkspartei PP wurde 1976 vom Franco-Minister Manuel Frage Iribarne gegründet. Iribarne-Nachfolger Jose´ Aznar politisierte sich in seiner Studentenzeit in rechtsextremen Organisationen. Aznar polemisierte gegen den Übergang von der Diktatur in die Demokratie.
Der PP wehrt sich vehement gegen die Aufarbeitung der kolonialistischen und franquistischen Vergangenheit, hält an der Verherrlichung Francos fest, lehnt fundamentalistisch den Ausbau der regionalen Autonomie Kataloniens ab. Der PP wurde nie christdemokratisch, sie ist eine weichgespülte reaktionäre nationalkonservative Partei mit weit rechts reichenden Flügeln. Einheit und Unteilbarkeit der spanischen Nation, ist die PP-Richtschnur.
PP-Dissidenten Ciudadanos
Diese zentralstaatliche Ideologie ist auch das politische Hauptnahrungsmittel der angeblich liberalen Ciudadanos/Ciutadanos. Das verwundert nicht, Partei-Gründer Albert Rivera war einst PP-Mitglied. Die Partei entstand 2006 in Katalonien als Antwort zu den katalanischen Unabhängigkeitsparteien. 2013 traten diese „Liberalen“ mit erklärten faschistischen Gruppierungen wie der Falange auf einer Großkundgebung in Barcelona auf.
Die in deutschen Medien als Mitte-Partei gehätschelten Ciudadanos plädieren für einen starken Staat, in ihrem Agieren ähneln sie den österreichischen Freiheitlichen: Nationalistisch, minderheitenfeindlich, EU und NATO skeptisch.
Vox, die Franco-Enkel
Vox, Stimme, ist eine Gründung ehemaliger PP-Mitglieder. 2013 gegründet, lange nur eine politische Fußnote, inzwischen drittstärkste Partei. Auch hier gibt es Versuche, die Partei als nationalkonservativ und rechtspopulistisch zu umschreiben, politische Schönfärberei.
Vox lehnt Autonomierechte für die Regionen ab, ist radikal antibaskisch und antikatalanisch, wirbt für eine neue zentralistischen Verfassung, Vorbild der Franco-Staat. Vox hetzt gegen die illegale Zuwanderung, gegen den Feminismus, gegen Woke und schlägt sich für das „gesunde Volksempfinden“.
Die Vox-Faschisten verstehen sich als Antifeministen, lehnen Gesetze gegen Gewalt an Frauen ab, auch deshalb, weil Frauen vor den Tätern geschützt werden sollen. Darin sehen die Vox-Kameraden eine Verletzung des Verfassungsrechts der Gleichberechtigung. Vox ist gegen Abtreibung und gleichgeschlechtliche Ehen.
Vox kündigte an, das Gesetz über die Aufarbeitung der Verbrechen der Franco-Diktatur aufzuheben. Begründung: Es spalte.
Vox distanziert sich von der EU-Solidarität mit der von Russland überfallenen Ukraine. Die spanische Neo-Franquisten Reihen sich damit in die „Front“ rechts- und linksradikaler europäischer Parteien ein, die den russischen Vernichtungskrieg als Notwehr verteidigen.
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