Francos Rückkehr – Spanien vor der Wahl (Teil 1)

Seine politischen Nachfahren stehen vor einem großen Triumph

Von Wolfgang Mayr

Spanien wählt in einer Woche (23. Juli) bei einer vorgezogenen Wahl ein neues Parlament. Laut den jüngsten Umfragen wird die national-konservative Volkspartei deutlich gewinnen, vor den Sozialdemokraten der PSOE. Dahinter folgt die Polit-Formation Vox, die sich als politische Erben von General Franco empfinden.

Vox ist stramm rechtsradikal, trauert den Zeiten des Diktators Franco nach, dem starken Staat und der dominierenden katholischen Kirche samt ihrer menschenfeindlichen Moral, der einheitlichen Nation abseits regionaler Autonomie und der Aufarbeitung der düsteren franquistischen Vergangenheit. 

Zum Polit-Arsenal von Vox zählt auch das gesunde Volksempfinden. Gesundes Volksempfinden? Das war das Leitmotiv eines italienischen Gerichts, das Grapschen eines Schulwartes nicht als sexuelle Belästigung zu verurteilen. Weil nur zehn Sekunden lang und weil dieses Grapschen Ausdruck eines schrägen Humors des Täters war.

Dieses gesunde Volksempfinden setzt Vox, wie andere Rechtsradikale – siehe AfD, Fratelli usw – auch, dem angeblichen woken Wahnsinn gegenüber, dem Gendern, dem Transsexuellen usw. Damit kommt Vox an, besonders auf dem weiten Land, wo sich Relikte der Franco-Zeit noch recht lebendig erhalten haben und auch der angeblich gute Ruf des Diktators. Den die nationalistisch verseuchte Justiz entsprechend schützt.

Rechtes Biotop PP

Vox bewegt sich in einem entsprechenden politischen Biotop. Die Volkspartei PP wurden 1976 vom ehemaligen Franco-Minister Manuel Frage Iribarne gegründet. Während die CSU Iribarne förderte, lehnte die CDU eine Zusammenarbeit ab, weil „nicht förderungswürdig“. Iribarne-Nachfolger Jose´ Aznar politisierte sich in seiner Studentenzeit in rechtsextremen Organisationen. Nach dem Tod Francos wetterte er gegen den Übergang von der Diktatur in die Demokratie. 

Der PP wehrt sich vehement gegen die Aufarbeitung der kolonialistischen und franquistischen Vergangenheit, hielt an der Verherrlichung Francos fest, lehnte fundamentalistisch den Ausbau der regionalen Autonomie Kataloniens ab. Der PP wurde nie originär christdemokratisch, sie ist eine weichgespülte aber reaktionäre nationalkonservative Partei mit weit rechts reichenden Flügeln. In den beiden autonomen Regionen Baskenland und Katalonien rangiert der PP unter ferner liefen.

Die bornierte nationalistische Haltung des PP befeuerte in den frühen 2000er Jahren die katalanische Unabhängigkeitsbewegung von unten. Die Spitzenriege des PP wandte sich gegen das zweite Autonomiestatut, das das katalanischen Regionalparlament mehrheitlich guthieß, genauso die Bevölkerung der autonomen Region bei einem Referendum sowie das spanische Parlament in Madrid. Eine breite Zustimmung, trotzdem rief der PP das Verfassungsgericht an, parteipolitisch besetzt wie der Supreme Court der USA. Die stockkonservativen Richter befanden, das neue Autonomiestatut ist ein Anschlag auf die Einheit des Staates. Der Rest der Geschichte ist bekannt. 

Ciudadanos, die neue Rechte

Einheit und Unteilbarkeit der spanischen Nation, ist die PP-Richtschnur. Diese zentralstaatliche Ideologie ist auch das politische Hauptnahrungsmittel der angeblich liberalen Ciudadanos/Ciutadanos. Das verwundert nicht, Partei-Gründer Albert Rivera war einst PP-Mitglied. Die Partei entstand 2006 in Katalonien als Gegenentwurf zu den katalanischen Unabhängigkeitsparteien. Die Ciudadanos warnten vor der Politik der katalanistischen Parteien Junts und ERC, wandten sich gegen den Ausbau der Autonomie und um einiges vehementer gegen die katalanische Eigenstaatlichkeit.

Nach ersten Wahlerfolgen in Katalonien trat Ciudadanos auch im restlichen Staatsgebiet auf. Im Parlament in Madrid polemisierten die angeblichen Liberalen gegen die linken katalanischen Nationalisten, scheuten sich aber nicht, 2013 gemeinsam mit erklärten faschistischen Gruppierungen wie der Falange auf einer spanisch-nationalistischen Großkundgebung in Barcelona aufzutreten. 

Wie der PP widersetzen sich die Ciudadanos der Vergangenheitsbewältigung, dem Kolonialismus wie dem Franquismus. Die in deutschen Medien als Mitte-Partei gehätschelten Ciudadanos plädieren für einen starken Staat, in ihrem Agieren ähneln die Ciudadanos den österreichischen Freiheitlichen. Der Partei des verstorbenen Jörg Haider und seines Nachfolgers Herbert Kickl ist sicher nicht liberal, sondern strikt nationalistisch, minderheitenfeindlich, EU- und NATO-Gegner. Liberal?

Den Ciudadanos können sich, wie der große Bruder PP, im Baskenland und in Katalonien nicht behaupten. Nach einem Höhenflug sind sie inzwischen abgeschlagen, politische Außenseiter, eine zu betreuende Randgruppe sozusagen. In den beiden autonomen Regionen können sich nur der sozialdemokratische PSOE als spanische Partei relativ gut behaupten.

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