Chile: Der neue Präsident Gabriel Boric würdigt in seiner ersten Rede die indigenen Völker des Landes

(c) De Mediabanco Agencia - Debate Anatel 15 11 2021, CC BY 2.0,

Gabriel Boric, Sohn einer kroatischen und katalanischen Einwandererfamilie, hat die Stichwahlen um das Präsidentenamt deutlich gewonnen. Boric und seine linke Wahlplattform schafften es, die sozialen Proteste der vergangenen Monate in Stimmen umzuwandeln. Der neue Präsident will Land und Wirtschaft umbauen, die Chance für den Verfassungskonvent.

Zehntausende Bürgerinnen und Bürger feierten auf den Straßen und Plätze des Landes den Sieg. In Santiago arbeitete sich Boric mühevoll durch sein Wählervolk, um auf das Rednerpodest zu gelangen und hielt eine emotionale Rede. Er begrüßte seine WählerInnen nachts nach Auszählung der Stimmen mit „Pō nui, suma aruma, pün may“, „Guten Abend“ in den drei indigenen Sprachen Rapa Nui, Aymara und Mapuche,

Boric bedankte sich bei seinen WählerInnen, die den indigenen Völkern angehören und würdigte das Engagement vieler Frauen für Sozialreformen. Er umriss in seiner Rede sein Anliegen und seine Versprechen an seine Landsleute:

Er begrüßte die Mapuche und ihren Kampf um Autonomie. Er kündigte die Anerkennung der indigenen Völker an. Den Mapuche gelang es, zu einem Wahlkampfthema zu werden. Sie drängen auf Anerkennung der sprachlichen und kulturellen Vielfalt, die neue Verfassung soll die Plurinationalität festsschreiben.

Boric bedankte sich bei vielen Frauen, die für die Teilnahme an den Wahlen warben. Der rechtsradikale Kast, Sohn von NS-Einwanderern, hatte die Abschaffung des Frauenministeriums angekündigt und wollte das Recht auf Abtreibung aufheben.

Boric will nicht nur die ethnische Pluralität anerkennen, sondern auch die sexuellen Unterschiede. Künftig soll das Prinzip der Nichtdiskriminierung gelten. Das bisherige „Kavaliersdelikt“ Vergewaltigung muss hart bekämpft und bestraft werden, wandte sich Boric gegen die machistische Gesellschaft.

Boric setzte auf Konsens und Pragmatismus. Er will einen Großteil der Bevölkerung für soziale Reformen gewinnen, für die soziale Marktwirtschaft, sich vom neoliberalen Wirtschaftsmodell verabschieden. Die Reformen will Boric auch mit den politischen Gegnern umsetzen.

Boric unterstützt das Reformprojekt neue Verfassung. Der eingesetzte Verfassungskonvent findet seine volle Unterstützung, sagte er in seiner Rede. Der Konvent will in der zweiten Hälfte 2022 den Entwurf vorlegen, der die bisherige Verfassung aus der Pinochet-Diktatur ablösen wird. Der neue Präsident würdigte die Arbeit des Verfassungskonvents. Erstmals in der Geschichte wird eine Verfassung demokratisch geschrieben, bedankte er sich bei den Konventionsmitgliedern.

Für Boric warb offensiv die Präsidentin des Verfassungskonvents. Elisa Loncón rief dazu auf, den ehemaligen Studentenführer zu wählen. Loncón appellierte am Wahltag auf dem Mapuche-Kongress an die indigenen AktivistInnen, für Boric zu werben. Sie erinnerte die Mapuche daran, dass Boric den Verfassungskonvent verteidigt, in dem die Linke und Unabhängige die Mehrheit stellen und auch VertreterInnen der indigenen Völker vertreten sind.

Loncón kritisierte ein weiteres Mal die aktuelle Verfassung, die die Handschrift von Diktator Pinochet trägt. Die Konvents-Vorsitzende sieht in der Dikatur-Verfassung die Quelle und den Ursprung der großen sozialen Ungleichheiten.

Seit 1990 gab es immer wieder Reformversuche, der Kern wurde aber nie angerührt. Den Rohentwurf dieser Verfassung „lieferten“ die „Chicago Boys“, einer Gruppe neoliberaler Ökonomen. Sie formulierten auch die Wirtschaftspolitik der Putschisten und schrieben in der Verfassung fest, dass die Trinkwasserversorgung, das Gesundheitswesen und die Altersrenten privatisiert werden. Privat vor der Gemeinschaft, besonders für die Mapuche eine große Hürde, das gestohlene Kollektivland wieder zurück zu erhalten.

Die Mehrheit der 155 Mitglieder des Verfassungskonvents setzt auf einen moderne sozialdemokratischen Wohlfahrtsstaat, um den BürgerInnen soziale Rechte zu garantieren.

 

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