25-08-2021
Armenien verhöhnt – Kulturstätten werden systematisch zerstört

Ilham Aliyev; President.az, CC BY 4.0
Von Jan Diedrichsen
Die Situation zwischen Armenien und Aserbaidschan bleibt gefährlich angespannt. Der Präsident Aserbaidschans, Ilham Alijew, hatte vor einigen Tagen für Aufsehens gesorgt: Armenische Soldaten seien Deserteure und Feiglinge, sagte er bei einer Zeremonie zum Hissen der Staatsflagge in der Stadt Kalbajar. „Der zweite Karabach-Krieg ist unser historischer Sieg. Einen solchen Sieg hat es in der jahrhundertealten Geschichte Aserbaidschans noch nie gegeben. Unsere Lehrbücher, Forschungsarbeiten, Artikel und Bücher sollten sehr detaillierte und umfassende Informationen über den Krieg und die Vorkriegszeit liefern, damit wir diese Geschichte so aufzeichnen können, wie sie ist, sie so schreiben können, wie sie ist, damit künftige Generationen sie immer kennen, sie nicht vergessen, einschließlich der armenischen Grausamkeit“, so der Staatschef.
Bei Gefechten an der umstrittenen Grenze zu Aserbaidschan wurde kürzlich ein armenischer Soldat verwundet, teilte das armenische Verteidigungsministerium am 17. August mit, einen Tag nachdem mitgeteilt wurde, dass zwei Soldaten getötet worden seien.
Insgesamt 3.773 armenische Soldaten wurden während des 44-tägigen Krieges mit Aserbaidschan im vergangenen Herbst getötet, sagte der armenische Premierminister Nikol Pashinian bei der Bekanntgabe der ersten offiziellen Zahl der militärischen Todesopfer in dem Konflikt um die Region Berg-Karabach (armenisch: Arzach). Aserbaidschan hat verlautbaren lassen, dass 2.783 seiner Soldaten bei den Kämpfen getötet wurden.
Berg-Karabach / Arzach ist eine mehrheitlich von Armeniern bewohnte Region im Südosten des Kleinen Kaukasus unn gehört zu Aserbaidschan, aber das Gebiet und einige umliegende Gebiete werden seit Anfang der 1990er Jahre von ethnischen armenischen Kräften kontrolliert.
Im September 2020 startete Aserbaidschan eine Militäroffensive, die dazu führte, dass Baku die Kontrolle über die umliegenden Bezirke und einen Großteil von Berg-Karabach selbst zurückgewann. Durch die aserbaidschanische Offensive hatte die Republik Arzach ein Drittel ihres Gebietes verloren. In Folge des Waffenstillstands musste Arzach ein weiteres Drittel seines Gebiets an aserbaidschanische Kontrolle abgeben.
Anfang November 2020 einigten sich beide Seiten auf einen von Russland vermittelten Waffenstillstand, der zur Entsendung von 2.000 russischen Truppen in das Konfliktgebiet führte.
Seit dem Waffenstillstand ist eine weitere Art der Bedrohung aufgetaucht, nämlich die Versuche Aserbaidschans, die Geschichte der Region umzuschreiben, indem es armenische Kulturgüter als „kaukasisch-albanisch“ bezeichnet oder behauptet, sie hätten nie existiert. Im März ordnete der aserbaidschanische Präsident Ilham Alijew die Entfernung mittelalterlicher armenischer Inschriften aus Kirchen an und bezeichnete sie als „Fälschungen“. Aserbaidschanische Beamte haben auch versucht, einige armenische Stätten in „alte aserbaidschanische“ Wahrzeichen umzubenennen.
Satellitenbilder enthüllen Aserbaidschans anhaltende Auslöschung armenischer Kulturstätten Anhand von hochauflösenden Satellitenbildern hat Caucasus Heritage Watch mehr als ein Dutzend armenische Stätten identifiziert, die von Aserbaidschan zerstört, beschädigt oder bedroht wurden.
Seit Jahrzehnten betreibt die aserbaidschanische Regierung eine systematische Auslöschung armenischer Kulturdenkmäler in den von ihr kontrollierten Gebieten. Diese Kampagne hat sich auf neue Gebiete ausgeweitet, nachdem Aserbaidschan im November 2020 nach wochenlangen Kämpfen zwischen aserbaidschanischen und armenischen Streitkräften im Rahmen eines von Russland vermittelten Waffenstillstands Berg-Karabach (armenisch: Artsakh) übernommen hat.
Seit dem bewaffneten Konflikt im vergangenen Jahr wurden mehr als ein Dutzend armenische Kirchen, Friedhöfe, heilige Kreuzsteine (Khachkars) und andere Kulturgüter von Aserbaidschan entweder zerstört, beschädigt oder bedroht, wie aus einem Bericht der Caucasus Heritage Watch (CHW) hervorgeht. Die meisten der aufgeführten Angriffe erfolgten nach dem Waffenstillstand.
Der Bericht wurde der UNSECO, dem US-Außenministerium und mehreren anderen einschlägigen internationalen Organisationen und Regierungsstellen übermittelt. Es besteht jedoch wenig Hoffnung, dass diese Stellen in der Lage sein werden, vor Ort etwas zu ändern.
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