Wales-Nordzypern: Es geht auch anders

Überraschende Wahlergebnisse für neue Polit-Modelle?

Ortskern von Rizokarpaso/Dipkarpaz auf der Karpas-Halbinsel, Zypern, mit der Agios-Synesios-Kirche, der Moschee und dem Atatürk-Denkmal. Foto: Julian Nyča - CC BY-SA 3.0

Ortskern von Rizokarpaso/Dipkarpaz auf der Karpas-Halbinsel, Zypern, mit der Agios-Synesios-Kirche, der Moschee und dem Atatürk-Denkmal. Foto: Julian Nyča - CC BY-SA 3.0

Von Wolfgang Mayr

 

In einer Nachwahl im walisischen Wahlkreis Caerffilis setzte sich deutlich die linksdemokratische walisische Nationalpartei Plaid Cymru durch. Mit 47 Prozent der Stimmen gegen 36 Prozent für die rechtsradikale Reform UK von Nigel Farage. Der Wahlkreis war bisher eine verlässliche Labor-Hochburg.

Die in Wales regierende Labor kam in diesem Wahlkreis nur knapp über zehn Prozent und verlor auch Stimmen an Plaid Cymru. Die beiden Parteien arbeiten in der 60-köpfigen walisischen Versammlung – Senedd – fallweise eng zusammen.

Plaid Cymru-Vorsitzende Rhun ap lorwertht nannte die Wahl ein „historisches Ergebnis für Caerffili, für Plaid Cymru und für die politische Geschichte von Wales“. Der Vorsitzende hofft auf einen Wahlsieg für Plaid Cymru, Schottland als Vorbild. Die Chancen stehen gut, so die Analysen der Kommentatoren walisischer und englischer Medien, Labor in einem halben Jahr in Wales als Regierungspartei abzulösen.

Seit 100 Jahren stellt Labor in Wales die Regionalregierung und seit einigen Jahren arbeiten Labor und Plaid Cymru zusammen. Zum Beispiel für die Revitalisierung der walisischen Sprache und für den Ausbau der walisischen Autonomie.

Der von Plaid Cymru gewonnene Wahlkreis galt als Testfall für die Wahlen im kommenden Jahr. Laut Umfragen rutscht Labor empfindlich ab, Plaid Cymru und die Reform UK liegen fast gleichauf. Wales, Cymru, galt als Labor-Hochburg, inzwischen mit Ablaufdatum.

Ein solches gilt auch für die Konservativen, die in England von der Reform UK an den Rand gedrängt werden. In England führt die Reform UK die Umfragen an. Dieser Erfolg bleibt aber nicht nur auf England beschränkt, in Wales positionierte sich Reform UK auf Platz zwei, in Schottland verdrängt die Farage-Partei die Konservativen, in Nord-Irland bietet sich Reform UK den pro-britischen Loyalisten als Rettungsanker an. Gegen eine mögliche irische Wiedervereinigung. Nigel Farage, der Brexit-Architekt, wird Labor ablösen. Konflikte zwischen Wales, Schottland und Nord-Irland scheinen vorprogrammiert zu sein.

Möglicherweise wird Wales nach den Wahlen im nächsten Jahr von einer Koalition aus Plaid Cymru und Labor regiert. PC steht für die Unabhängigkeit, Labor für mehr Regional-Autonomie.

 

Föderation Zypern

Während in Wales Plaid Cymru auf die Unabhängigkeit setzt, strebt in Nord-Zypern der Wahlsieger eine Föderation an. Der sozialdemokratische Oppositionsführer Tufan Erhürman, der mit fast 63 Prozent klar gegen den bisherigen Präsidenten gewann, drängt auf eine Wiederaufnahme der Verhandlungen zur Wiedervereinigung von Nord- und Südzypern in einer Föderation.

Erhürman wirbt für eine Föderation zweier Staaten. Die inneren Angelegenheiten sollten autonom bleiben, während Energie, Seegerichtsbarkeit, Verkehrswege und Sicherheit als Bundes-Kompetenzen gelten sollen. Grundprinzip des Bundesstaates,  die „politische Gleichheit“ zwischen den beiden Teilstaaten.

Der neue nordzypriotische Präsident spricht sich für eine rotierende föderale Präsidentschaft zwischen Nord und Süd aus, für die Aufrechterhaltung der getroffenen Vereinbarungen vor 2020 sowie für einen überschaubaren Verhandlungszeitraum.

Der südzypriotische Präsident Nikos Christodoulides erklärte sich bereit, die abgebrochenen Verhandlungen mit Nord-Zypern wieder aufzunehmen.

Einfach wird es für den nordzypriotischen Präsidenten Erhürman aber nicht werden. Laut dem online-Magazin „nationalia“ der katalanischen NGO Ciemen ist Nord-Zypern von der Erdogan-Türkei weitgehend abhängig. Der türkische Präsident lehnt einen nordzypriotischen Sonderweg zugunsten einer Föderation strikt ab. Am 14. Oktober, fünf Tage vor den Wahlen, verabschiedete das Parlament Nordzyperns – mit einer konservativen und pro-Ankara-Mehrheit – eine Resolution für die Unabhängigkeit und gegen die föderale Wiedervereinigung.

Erdogan-Alliierter Devlet Bahçeli, ein radikaler Nationalist, forderte das nord-zypriotische Parlament auf, das  Wahlergebnis zu ignorieren und Nordzypern der Türkei anzugliedern. Die Beispiele Krym und Ostukraine wohl als nachahmenswertes Vorbild.

 

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