Vergessener Ost-Kongo

Offensive gegen Tutsi-Rebellen

Von Wolfgang Mayr

Im östliche Kongo verschärft sich die verworrene Lage. Die kongolesische Armee rüstet auf, gegen die Bewegung M23 der Tutsi. Soldaten der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC) aus Kenia, Südsudan, Burundi und Uganda – sie sollten eine Pufferzone zwischen der kongolesischen Armee und den M23-Milizen sichern – wurden abgezogen und wurden ersetzt von Armeeinheiten der Südafrikanischen Entwicklungsgemeinschaft SADC bestehend aus Malawi, Tansania und Südafrika. Dieses Trio engagiert sich seit 2013 auf Seiten der „Demokratischen Republik Kongo“ gegen die Tutsi. Kongo ist Mitglied in der SADC. Ruanda unterstützt seine Tutsi-Verwandten im östlichen Kongo.

Im Israel-Gaza-Krieg unterstützt Südafrika uneingeschränkt die Hamas, im Kongo die Zentrale gegen die Tutsi. Im Krieg gegen die Tutsi wurden mehr als drei Millionen Menschen ermordet. Wo bleibt da die kritische Stimme Südafrikas gegen das Morden? 

Bertrand Bisimwa von der M23-Bewegung wird von der TAZ mit der Aussage zitiert, dass die Großoffensive in vollem Gange sei. Das Bergland der Provinz Nord-Kivu werden von einer hochgerüsteten Armee eingekreist. Laut Bisimwa engagiert die „Demokratische Republik Kongo“ Söldner aus Bulgarien und Rumänien und bewaffnete Dutzende lokaler „patriotische“ Milizen. Dazu zählen Organisationen, die schwerer Menschenrechtsverbrechen beschuldigt werden, sowie die ruandische Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas), in deren Führung sich Täter des Völkermordes an Ruandas Tutsi 1994 tummeln. Die FDLR gilt bis heute als Hauptgrund, warum Ruanda militärisch im Ostkongo steht. Ihnen zur Seite stehen Bewaffnete aus Burundi. Sie wollen gemeinsam M23 in die Zange nehmen. Die Milizen verübten bereits mehrere Massaker.

Auch M23 hat sich neu formiert. Mit 16 weiteren Milizen auch aus den Provinzen Süd-Kivu und Ituri bildete M23 die „Allianz des Kongo-Flusses“ (AFC). Corneille Nangaa, ehemaliger Chef der Wahlbehörde im Kongo, koordiniert die politische Führung.

Die M23 spricht von einem aufgezwungenen Krieg. Die Tutsis werfen der Regierung in Kampala vor, das Friedensabkommen von 2013 neun Jahre lang nicht umgesetzt zu haben. Außerdem ließ das Tshisekedi-Regime die Tutsi-Region angreifen, kritisiert M23. Man werde sich zu wehren wissen, teilten die Tutsi-Rebellen mit und erinnerten daran, dass sie vor zehn Jahren die ostkongolesischen Millionenstadt Goma erobert hatten.

Der 52-jährige Bisimwa führt seit 2013 die M23. Im Interview mit der TAZ wirft Bisimwa der kongolesischen Regierung vor, das Land zu plündern und die Menschen zu berauben. Die von den Eliten ausgerüsteten Milizen dienten der illegalen Ausbeutung der Rohstoffe, besonders in den Tutsi-Regionen. Die Plünderer bedienten sich auch der Völkermord-Ideologie, die von den Verantwortlichen für den Völkermord an den Tutsi 1994 in Ruanda auch in der kongolesischen Bevölkerung verbreitet worden sei. 

Der Staat weigere sich, den rückkehrwilligen Geflohenen Sicherheit zu garantieren und weigere sich zudem, ihnen die Staatsbürgerschaft zu gewähren, weil sie Ausländer seien.

„Unsere ruandophonen Landsleute leiden unter Diskriminierung, Hassreden und Fremdenfeindlichkeit. Das hat sich so weit verschärft, dass mittlerweile beispielsweise in der Provinz Maniema die Ruandophonen nicht mehr nur getötet werden, sondern auch ihr Fleisch als Essen serviert wird,“ behauptet Bisimwa im TAZ-Interview. Und weiter: „Kongolesische Beamte, Politiker, Armee- und Polizeibeamte sowie Akteure der Zivilgesellschaft rufen die Menschen offen dazu auf, zu den Waffen zu greifen, um Ruandophone zu töten. Ihre Adressen werden auf Fernsehkanälen und in sozialen Netzwerken veröffentlicht und die Bevölkerung angestachelt, sie in ihren Häusern anzugreifen“. Im Anti-Tutsi-Terror mischen inzwischen auch islamistische Terrorgruppen mit.

Die „Bewegung des 23. März“ M23

Die alte M23: Unzufriedene Tutsi-Generäle in Kongos Armee traten 2012 in den Aufstand, ihre „Bewegung des 23. März“ eroberte weite Teile der Provinz Nord-Kivu, sogar die Provinzhauptstadt Goma. 2013 zog sich die M23 im Gegenzug für Friedensgespräche nach Uganda zurück. Ein Friedensabkommen wurde mit Kongos Regierung geschlossen, danach aber nur schleppend umgesetzt.

Die neue M23: Im November 2021 kehrten M23-Kämpfer in ihre alten Stellungen im Kongo in den Bergen an der Grenze zu Uganda zurück. Die M23 eroberte wieder Gebiete im Kongo. Im Juni übernahm sie die Kontrolle über den Handelsknotenpunkt Bunagana an der Grenze zu Uganda. Im Oktober eroberte sie die Distrikthauptstadt Rutshuru und stieß bis kurz vor die Provinzhauptstadt Goma vor. Seitdem wird nördlich von Goma heftig gekämpft. Die Rebellen sind auch über Tongo ins Landesinnere vorgestoßen.

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