Polen-Oberschlesien: Der rechte Präsident gegen das Wilmesaurische

Rechtswählende schaden Minderheiten und gefährden ihre Zukunft

In der Woiwodschaft Slaskie (Schlesien), besonders in Gorny Slask (Oberschlesien), lebt der größte Teil der deutschen Minderheiten in Polen. Foto: orf-oberschlesien.de

In der Woiwodschaft Slaskie (Schlesien), besonders in Gorny Slask (Oberschlesien), lebt der größte Teil der deutschen Minderheiten in Polen. Foto: orf-oberschlesien.de

Von Wolfgang Mayr

 

Polen ist ein treffendes Beispiel dafür. Der Vorgänger des heutigen Präsidenten Karol Nawrocki, Andrzej Duda von der rechtsrechten PIS, verweigerte dem „Schlesischen“ die Anerkennung als Regionalsprache. Fast eine halbe Million Oberschlesier sprechen Schlesisch, einen starken regional gefärbten polnischen Dialekt.

Die Regierung Tusk wollte mit ihrem Sprachgesetz diesen Dialekt zu einer anerkannten Regionalsprache „erheben“, wie in der Sprachencharte des Europarates vorgesehen. Der damalige Präsident Duda verhinderte mit seinem Veto dieses Vorhaben. Auch weil er die schlesische Regionalsprache eng verknüpft mit den Autonomieforderungen sah.

Duda stand für einen rigiden Zentralstaat, der die polnische Sprache und die nationale Identität zu schützen hat. Nicht angebliche Minderheitensprachen.

 

Nawrocki gegen Wilmesaurische

Sein Nachfolger, der noch weiter rechtsstehende Nawrocki, ereifert sich noch mehr, wenn es um die Identität des polnischen Nationalstaates geht. Nawrocki legte Mitte Oktober sein Veto gegen die Anerkennung des Wilmesaurischen als Regionalsprache ein. Empfohlen wurde die Anerkennung von Linguisten, beschlossen von der Regierungsmehrheit im Parlament. Heftiger Widerstand kam von der stramm rechten PIS.

Wilmesaurisch ist ein in Schlesien gesprochener Dialekt deutschen Ursprungs, entstanden als im 13. Jahrhundert Deutsche, Niederländer und Flamen nach Schlesien auswanderten und ihre neue gemeinsame Sprache – das Wilmesaurische – entwickelten.

Der Nationalist Nawrocki, die rechtskonservative und rechtsradikale Opposition fürchten sich vor dem Wilmesaurischen, das heute nur noch von 100 Menschen – „und auch das ist manchen in Polen zu viel“, kommentierte die Tageszeitung „Die Welt“.

Wilmesaurisch ist ein ostmitteldeutscher Dialekt und ist laut Unesco stark bedroht. Hundert hochbetagte Sprecher benutzen das Wilmesaurische noch intensiv, leben in der 3.000-köpfigen Stadt Wilamowice (deutscher Name: Wilmesau), 50 Kilometer von Katowice/Kattowitz entfernt. Wilmesaurische hat eine eigene Literatur, wird sowohl von den Vereinten Nationen als auch von der amerikanischen Library of Congress anerkannt.

 

Antideutsche Stimmung

Nawrocki begrüßt zwar „jede Äußerung von lokalem Patriotismus“ und respektiere die Sorge um die Erhaltung des Erbes der Vorfahren. Trotzdem lehnt er den Status als Regionalsprache strikt ab und zitiert Linguisten, die sich gegen die Anerkennung wenden.

Nawrocki und die PIS heizen bewusst und gezielt die anti-deutsche Stimmung an. Die Wilmesaurischen sind polnische Staatsbürger, wie die Schlesier und andere Minderheiten auch. Sie wollen ihren Platz im Land. Das rechte Lager – wie in anderen Ländern auch – will hingegen nur eine Sprache gelten lassen. Das Polnische.

Deutsch war in Polen verboten, erst in den 1980er Jahren, mit der Demokratisierung des Landes, fiel das Sprachverbot. Das Wilmesaurische wurde wegen seiner überschaubaren Größe bereits in den 1950der Jahren wieder zugelassen, es konnte sich aber aufgrund der sprachlichen Repressionen nicht mehr festigen. Die Versuche, das Wilmesaurische wieder zu beleben, zeigten kaum Wirkung, auch nicht das Sprachprogramm der Universität Warschau.

 

Regionalsprache Kaschubisch

Die einzige anerkannte Regionalsprache ist das ebenfalls westslawische Kaschubisch, das verwandt ist mit der sorbischen Sprache in der ostdeutschen Lausitz. Etwa 100.000 Menschen in der Umgebung von Danzig verwenden und sprechen Kaschubisch, es kommt im Roman „Die Blechtrommel“ von Günther Grass vor und ist die Muttersprache des polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk. Wahrscheinlich gilt er deshalb bei den Rechten als ein nicht zuverlässiger polnischer Patriot.

Die Beispiele Wilmesaurisch und Schlesisch verdeutlichen einmal mehr, dass die Rechten Minderheiten nicht respektieren. Die rechte Internationale – ob AfD, FPÖ, Fratelli, die spanische Vox, das französische RN oder die polnische PIS – steht für strikte Minderheitenfeindlichkeit.

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