15-09-2021
PODCAST: Ein Jahr nach der Dieselkatastrophe auf Taimyr
Von Tjan Zaotschnaja
Eine Sendung der Regionalgruppe München der Gesellschaft für bedrohte Völker am 31. August 2021, auf Radio Lora München, 92.4 in der Rubrik Fremde Heimat.
Heimat – ist es überhaupt passend, in unserer Zeit noch darüber zu sprechen?
Jeden Tag, jede Stunde hören, sehen wir, wie viele Menschen aus ihrer Heimat vertrieben werden, in ihren Heimaten sogar getötet werden.
Ihre Heimat ist längst entweder verpachtet, oder verkauft, oder zerstört worden… Die restlichen Teile ihrer Heimat liegen vermutlich bereits auf den Plänen um verpachtet, verkauft, zerstört zu werden…
Menschen verlassen ihre Heimat aufgrund von Kriegen, Verfolgungen und Naturzerstörung durch Rohstoffabbau – sie migrieren in Regionen, wo sie sich mehr oder weniger sicher fühlen können. Sie sind heimatlos geworden.
Es gibt doch Menschen, die für ihre Heimat kämpfen und sie erhalten wollen.
Am 29. Mai 2020 traten 21.000 Tonnen Dieselöl aus einem Tankbehälter des Heizkraftwerks 3 der ein Tochterunternehmen von Nornickel bei Norilsk (Nordsibirien) aus und verseuchten das Land, wo Dolganen, Nganasanen, Nenzen und andere Völker leben.
Wir haben den Dolganischen und Aktivisten Gennady Schtschukin von der Halbinsel Taimyr, der seit meheren Jahre für die Rechte der Indigenen kämpft, kontaktiert, um zu erfahren, wie die Lage nach einem Jahr nach der Katastrophe aussieht.
Seit mehr als einem Jahr gibt es keine Umweltstudien, an denen Fischer, Jäger teilnehmen.
Manche Wissenschaftler kommen und gehen irgendwohin, nehmen etwas mit. Was sie einnehmen, wissen Einheimische nicht. Sie wissen nicht einmal, dass Wissenschaftler kommen. All dies wird dann in Pulikationen vom „Projektbüro für die Entwicklung der Arktis“ veröffentlicht.
Die indigenen Gemeinden glauben nicht an dessen Bericht.
Das Projektbüro für die Entwicklung der Arktis und Nornickel schreiben, dass es keine Auswirkungen auf Fische gibt, dass es keine besonderen Schäden für die Fische gibt, aber die Russische Bundesagentur für Fischerei hat ein Bußgeld von 60 Milliarden verhängt.
Vorher hat die Föderale Aufsichtsbehörde im Bereicht Naturnutzung (russ: Rosprirodnadzor) 138 Milliarden Rubel beantragt. Und mehr als 100 Milliarden sind bereits gezahlt worden. Und die Leiterin vom Rosprirodnadzor Radionova rechtfertigte diese Geldstrafe, indem sie sagte:
„… dem Flusssystem und den aquatischen biologischen Ressourcen wurde großer Schaden zugefügt. Und dies ist die Lebensgrundlage der indigenen Völker.“
Der indigenen Bevölkerung von Taimyr wurde keine einzige Kopeke aus dieser Geldstrafe vergeben.
Denn laut dem russischen Recht gehören das Wasser und das Land dem Staat, nicht den indigenen Völkern.
NorNickel bezahlt große Expertisen, die das ganze ausmaß des Schaden in der Region zu erforschen.
Gennady Schuschukin kritisiert auch das Handeln des WWF: „Sie seien für die Natur, aber sie loben NorNickel. Der WWF bittet dem Nornickel seine Hilfe, verlangt Geld von dem Zuwiderhandelnden. Der Staat hat bereits festgestellt – NorNickel ist ein Rechtsverletzer! Aber WWF verlangt das Geld von dem Verletzer, um NorNickels Verstöße zu beheben. Aber das ist doch nicht normal!“
Manche einheimische VertreterInnen werden als BeraterInnen für Belangen der Indigenen bei Nornickel angestellt, manche werden im Auftrag von Nornickel eine Beschwerde gegen Schschukin oder bestimmten Gemeindemitglieder verfassen.
Der Konzern hat den Gemeindevertretern angeboten, einen Koordinierungsrat einzurichten, aber es wurde nicht erwähnt, dass dieser unter der Kontrolle von Nornickel stehen würde.
Im August 2020 wurde bekannt, dass sich VertreterInnen einer informellen Vereinigung Aborigen Forum, auch Experten, Aktivisten, Führern und Organisationen der indigenen Völker des Nordens, Sibiriens und des Fernen Ostens an den Tesla-Gründer SpaceX und CEO Elon Musk gewandt haben.
Am 19. August 2021 warnte der Elektroautohersteller Tesla laut Unterlagen für die Aktionärsversammlung des Unternehmens vor den Risiken, die mit einem möglichen Kauf von Rohstoffen von Norilsker Nickel verbunden sind.
Nornickel ist der größte Nickelproduzent der Welt mit einem Marktanteil von 22 %. Nickel ist ein wichtiger Bestandteil von Batterien für Elektroautos. Tesla hat jedoch nie eine Vereinbarung mit dem Unternehmen getroffen, wie in den Unterlagen betont wird.
In den Unterlagen für die Aktionärsversammlung heißt es, dass indigene Völker in Russland Tesla gebeten haben, keine Nornickel-Produkte zu verwenden, bis das Unternehmen die „verheerenden ökologischen, kulturellen und wirtschaftlichen Schäden, die durch eine große Ölpest verursacht wurden“, beseitigt hat.
Ein Sprecher von Nornickel lehnte es ab, den Inhalt der Erklärung von Tesla zu kommentieren.
porgom-bedrohte Völker Nr. 313, 4/2019, Nr. 317, 2/2020
An appeal of Aborigen-Forum network to Elon Musk, the head of the Tesla company
https://indigenous-russia.com/archives/tag/elon-musk
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