Pakistan-Belutschistan: Staatlicher Terror gegen Menschenrechtler:innen

Die pakistanische Regierung unterdrückt brutal die Belutschen

Die Flagge Belutschistans, dreigeteilt zwischen Iran, Pakistan und Afghanistan. Foto: womandefendrojava.nt

Die Flagge Belutschistans, dreigeteilt zwischen Iran, Pakistan und Afghanistan. Foto: womandefendrojava.nt

Von Wolfgang Mayr

 

Im jüngsten Konflikt um Kaschmir mit Indien spielt sich Pakistan als Verteidiger der Menschenrechte und der Selbstbestimmung auf. Im eigenen Land läßt der Staat seine “Sicherheitskräfte” auf junge Belutschen los. In den letzten Wochen wurde unzählige belutschische Menschenrechtsaktivist:innen verhaftet.

Der Menschenrechtsrat von Belutschistan (HRCB) verweist auf mehr als 150 “Verschwundene” und 80 Ermordete. Tendenz steigend. Der baskische Journalist Karlos Zurutuza dokumentierte für das online-Magazin “Nationalia” der katalanischen NGO Ciemen den pakistanischen Staatsterror gegen die Belutschen.

Belutschistans ist im pakistanischen Würgegriff, beschreibt Zurutza die Lage dort. Ein Land, das es offiziell nicht gibt, vom Iran, Afghanistan und Pakistan besetzt ist. Warum? Die reichen Bodenschätze und die Wasserkraft Belutschistans werden massiv ausgebeutet. Da sind die Belutschen im Weg. Sie wehren sich gegen ihre Enteignung friedlich mit Petitionen.

 

Entgrenzte Gewalt

Belutschistan haben sich der Iran, Afghanistans und Pakistan “angeeignet”. In dem dreigeteilten Land leben 20 Millionen Belutschen mit eigener Sprache und Kultur. Nach dem Rückzug der Briten aus Indien erklärten sie sich 1947 unabhängig, noch bevor Pakistan dies tat. Sieben Monate später wurde das Gebiet von Islamabad gewaltsam annektiert.

Seitdem ist Gewalt eine Konstante. Gegen die Besetzung und systematische Plünderung der Bodenschätze leisteten die Belutschen Widerstand, die entstehende Zivilgesellschaft reagiert mit friedlichen Protesten. Die belutschische Gesellschaft, traditionell konservativ und stammesbezogen, verändert sich, auch wegen der zivilgesellschaftlichen Organisationen wie wie die Baloch Student Organization (BSO Azad) oder das Committee for Balochi Unity (BYC).

In Pakistan geben die Generäle den Ton an. Der ist aggressiv. Die Sicherheitsbehörden wenden rücksichtlos Gewalt gegen kritisierende und protestierende Belutschen an. Angst ist die von der Armee und Polizei praktizierte Strategie.

Immer wieder werden verstümmelte Leichen entdeckt, die Überreste Verschwundener. Internationale Beobachter prangern schwere Menschenrechtsverletzungen an, wie willkürliche Verhaftungen und Hinrichtungen. Am 27. März veröffentlichte Amnesty International einen Bericht, in dem “systematische und brutale Angriffe auf belutschische Dissidenten“ dokumentiert werden. Laut Amnesty verwendet der repressive Staat die “Justiz als Waffe”. AI wirft den Sicherheitsbehörden vor, die “Rechte der Belutschen absolut zu missachten”.

Der pakistanische Staat erschwert mit bürokratischen Auflagen die Arbeit internationaler Organisationen, genauso die freie journalistische Recherche. Das Regime will damit verhindern, dass Journalist:innen Zeugen der Repression und der vielen Morde werden. Der pakistanische Staat scheut das Rampenlicht.

Am 19. April teilte das “Ministerium für Terrorismusbekämpfung” (CTD) mit, fünf angebliche Terroristen im belutschischen Bezirk Duki eliminiert zu haben. Zwei der drei Erschossenen, Muhammad Deen Marri und Ejaz Baloch, waren bereits im Dezember 2024 bzw. April dieses Jahres verhaftet worden. Es handelt sich also um eine Hinrichtung. Pakistan hat Erfahrung mit Terroristen. Sein Geheimdienst gilt als Pate der Taliban. Die Beschwerden über Polizeigewalt häufen sich, auf den Straßen und in den Gefängnissen.

 

Wiederkehrende Muster

Die Zahl der Gefangenen und die Grausamkeit bei den Verhaftungen haben zugenommen, sagte der Journalist, Schriftsteller und belutschischer Aktivist in einem Gespräch mit “Nationalia”. Im Visier sind nicht nur Engagierte, sondern auch deren Eltern und Verwandten. Es gilt das Prinzip Sippenhaft. Erfolgreich praktiziert von Nazis und Stalinisten. Damit soll der Widerstand gebrochen werden.

Am 11. März wurde ein Personenzug mit 450 Passagieren zwischen Quetta und Peschawar von der Belutschischen Befreiungsarmee (BLA) entführt. Sie forderte die Freilassung der belutschischen politischen Gefangenen. Bei der Befreiungsaktion der Polizei starben 71 Menschen, darunter acht Soldaten und die 33 Angreifer.

Wahllos terrorisieren Polizei und Geheimdienst Belutschen. Das sorgt für ein Klima der Angst. So wurde am 17. März der 59-jährige Nasir Qambarani in seinem Haus in Quetta entführt. Er ist politisch nicht aktiv, gilt aber als anerkannte Vermittler bei Stammeskonflikten.

Qambarani waren bereits 2015 entführt worden. In seiner dreijährigen Haft wurde er gefoltert. Jetzt wiederholt sich offensichtlich diese Geschichte.

Wer ist Karlos Zurutuza? Er berichtet über Konflikte entlang des 33. Breitengrades, von der Westsahara bis nach Ost-Belutschistan. Seine Arbeiten erscheinen bei Al Jazeera, Politico, The Guardian, The Diplomat, Vice, The Monocle, usw.

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