Österreich: „Völliger Stillstand“

Von Wolfgang Mayr

Vollmundig waren die Ankündigungen der österreichischen Kurz-Regierung, den Schutz und die Förderung der Volksgruppen auszubauen. Es blieb bei den vielsprechenden Ankündigungen.

Der zur Seite getretene Bundeskanzler Kurz versprach bei seinem Amtsantritt den nationalen Minderheiten im Land einen großen Wurf. Ein einheitliches Minderheiten- oder Volksgruppengesetz, mehr Geld und „Visibilität“ für die vier anerkannten autochthonen Volksgruppen der Slowenen, der Kroaten, der Ungarn, der Roma, der Tschechen und Slowaken.

Auf einer Tagung des slowenischen Bildungsvereins Mohorjeva/Hermagoras in Klagenfurt/Celovec in Kärnten/Koroska schwärmte die zuständige Ministerin Susanne Raab gar von einer vorwärtsschauenden nachhaltigen Minderheitenrepublik.

Kanzler Kurz und seine „Buberl-Partie“, Zitat aus dem Buch „Kurz – ein Regime“ von Peter Pilz, konzentrierten sich stattdessen auf nachhaltigen Filz und Postengeschacher. Der angekündigte öko-soziale Umbau und ein neues Minderheitengesetz standen bisher nicht auf der Agenda von Sebastian Kurz. Betroffene stellen hingegen einen Stillstand fest.

Die Kritik slowenischer JuristInnen

So merkt der Verein Kärntner slowenischer Juristen/ Društvo koroških slovenskih pravnikov (DKSP) in seiner Stellungnahme an, dass in einigen Bereichen „völliger Stillstand herrscht“.Vereins-Obmann Rudi Vouk verweist auf das Bildungswesen und Slowenisch als Amtssprache. Er erinnerte an die – immerhin – völkerrechtlichen Verpflichtungen. So sprach das  Ministerkomitee des Europarates nach der 4. Staatenprüfung Österreichs 2017 des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten vier Empfehlungen zu den Kärntner Slowenen aus. „Keine einzige dieser Empfehlungen wurde bis heute umgesetzt, die nächste Staatenprüfung Österreichs folgt 2022“, sagt Vouk.

Rudi Vouk stellt gar einen Rückschritt fest. Bisher ist es laut Vouk üblich gewesen, dass bei der Behandlung des Berichts zur Lage der slowenischen Volksgruppe im Kärntner Landtag auch Vertreter slowenischer Organisationen angehört wurden. In diesem Jahr fand diese Anhörung nicht statt, kritisiert der Jurist Vouk. Damit wird laut seiner Einschätzung der Bericht entwertet und der Dialog verweigert.

Fehlender Blick auf das große Ganze“

Diese Kritik griff auch die Kärntner Nationalratsabgeordnete Olga Voglauer von den Grünen auf. Voglauer, sie ist Angehörige der slowenischen Volksgruppe, stellt unmissverständlich klar: „Minderheitenschutzbestimmungen müssen rechtlich besser verankert und in der Praxis einheitlicher und umfassender ausgelegt werden.“

Voglauer fordert „entsprechende Reformen des Volksgruppenrechts, damit sich die Volksgruppenangehörigen ihrer Rechte auch tatsächlich bedienen können“. Die Volksgruppensprecherin der Grünen kritisiert, dass es in vielen Bereichen wie Amtssprache und Ortsnamen „nach wie vor an einheitlichen rechtlichen Standards und an einem umfassenden Zugang zu Rechten für Volksgruppenangehörige fehlt“.

Seit der Überarbeitung der Kärntner Landesverfassung 2017 gilt der Volksgruppenschutz als Kärntner „Staatszielbestimmung“. Diese sieht den erwähnten jährlichen Bericht über die Lage der slowenischen Volksgruppe vor, in dem Maßnahmen des Landes zum Schutz und zur Förderung der slowenischen Volksgruppe angeführt werden.

Der Bericht befasst sich unter anderem mit der Umsetzung von nationalem und internationalem Volksgruppenrecht, liefert statistische Daten aus den Bereichen Kinderbetreuung, Bildung, Musikschule, Kultur- und Sportförderung und beschreibt die Aufgaben, Angebote und Veranstaltungen des Volksgruppenbüros des Landes.

Laut dem Kärntner Landeshauptmann, Peter Kaiser von der SPÖ, dokumentiert der Bericht Kärntens sprachliche und kulturelle Vielfalt und listet die vielfältigen Leistungen der slowenischen Vereine, Institutionen und Organisationen. Dieser jährliche Bericht liefert statistische Informationen zur zweisprachigen Bildung, topographischen Aufschriften, kulturellen Aktivitäten und zur grenzüberschreitenden Kooperation.

Zwar gibt es laut Voglauer einige erfreuliche Entwicklungen, aber: „Das Grundproblem dieses Berichts ist der fehlende klare Blick auf das große Ganze. Es kommt hier zu einer Verwässerung, weil die Förderung für die slowenische Volksgruppe lediglich in Isolation dargestellt wird und keine Vergleichbarkeit zu den Gesamtausgaben des Landes und der Gemeinden gegeben ist. Somit fehlt die Gesamtrelation“, erklärt Voglauer.

Gezielte Förderungen

Damit Kärnten in Zukunft tatsächlich eine Vorreiterrolle im Bereich des Minderheitenschutzes einnimmt, braucht es laut Voglauer gezielte Förderungen auf allen Ebenen, vom Bund, von den Ländern und den Gemeinden.

Der Bericht bestätigt das gestiegene Interesse an Kinderbetreuungseinrichtungen mit slowenischem Sprachangebot, freut sich Voglauer. „Die Zukunft unserer Kinder ist zwei- und mehrsprachig. Gleichzeitig wird dadurch deutlich, dass es höchste Zeit ist, einen Rechtsanspruch auf zweisprachige vorschulische Erziehung gesetzlich zu verankern“, formuliert Voglauer das Ziel, die anmerkt, dass aber „leider Eltern noch immer einspringen müssen, wenn die öffentliche Hand versagt“.

„Beispielsweise hat der zweisprachige Privatkindergarten in Ferlach/ Borovlje weder Zuschüsse vom Land  noch jemals Gemeindezuschüsse erhalten. Lieber wird in Kärnten/ Koroška Geld in fragliche Infrastrukturprojekte gesteckt, statt das gemeinsame Zusammenleben zu fördern“, führt Voglauer aus.

Positiv würdigt der Verein Kärntner slowenischer Juristen die Erhöhung der Volksgruppenförderung, „ebenso die (allerdings noch nicht durchgeführten) Beschlüsse des Gemeinderates in St. Jakob im Rosental/ Šentjakob v Rožu und in Feistritz im Rosental/ Bistrica v Rožu für zusätzliche zweisprachige Ortstafeln“.

Für ein zweisprachiges Kärnten/Koroska

Die grüne Nationalratsabgeordnete Voglauer sieht in der Zweisprachigkeit Kärntens „eine enorme kulturelle Bereicherung und eine Chance für künftige Generationen“. Noch mehr Sensibilität für die Mehrsprachigkeit ist notwendig, wirbt Voglauer für eine neue Minderheitenpolitik: „Zweisprachigkeit beginnt in unseren Köpfen. In Zukunft würde ich mir wünschen, dass alle Menschen, die in Kärnten/ Koroška leben, von der zwei- und mehrsprachigen Identität profitieren und stolz darauf sind. In unserem geeinten Europa könnten und sollten wir regionale VorreiterInnen sein“, sagt Olga Voglauer, Landessprecherin der Grünen in Kärnten, grüne Volksgruppensprecherin und Nationalratsabgeordnete.

Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten – Bundeskanzleramt Österreich

Europäische Sprachencharta – Bundeskanzleramt Österreich

Volksgruppen-Förderung – Bundeskanzleramt Österreich

Volksgruppen – Bundeskanzleramt Österreich

Die Rechte der Volksgruppen | Parlament Österreich

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