Native Act-Autonomie

In Alaska versuchten die USA vor einem halben Jahrhundert eine neue „Indianer-Politik“. Mit dem Alaska Native Claims Settlement Act. War dieser Act tatsächlich eine Festschreibung indigener Landrechte oder ein raffiniert kaschierter Landraub?  

Von Wolfgang Mayr

Meghan Sullivan von „Indian Country Today” beschreibt diesen Act wenig euphorisch: In Alaska erhielten die Ureinwohner im Gegenzug für die Löschung aller ihrer noch aufrechten Landansprüche – insgesamt 300 Millionen Hektar – mehr als 900 Millionen Dollar ausbezahlt und 44 Millionen Hektar Land (180.000 Quadratkilometer, entspricht der Größe von Senegal) übertragen.

Dieser Claims Settlement Act (ANCSA) ist die umfangreichste Regulierungvon Landrechten der USA und wurde im Dezember 1971 mit der Unterschrift von US-Präsident Richard Nixon verabschiedet. Ziel des ANCSA war es, die Land-Ansprüche der Ureinwohner Alaskas zu    „klären“ und die wirtschaftliche Entwicklung des Bundesstaats zu fördern.

Mit dem Act wurden Grundbesitzrechte auf zwölf Alaska Native Regional Corporations (Gebietskörperschaften) und mehr als 200 Körperschaften auf Ebene der Villages übertragen. Eine dreizehnte Gebietskörperschaft nimmt die Ansprüche der nicht mehr in Alaska lebenden Ureinwohner wahr.

Die Gebietskörperschaften werden von Native associations vertreten. Die von den Vereinigungen registrierten Personen und Villages wurden dadurch Anteilseigner der Körperschaften. Nur die Bewohner von Metlakatla auf Annette Island im Süden Alaskas behielten ihr Reservat, aufgrund eines Vertrags von 1891.

Kurz nach Inkrafttreten des Claims Acts kritisierte der doch sehr patriotische US-Schriftsteller James Michener in seinem Roman „Alaska“ den Act als eine neue Form des Kolonialismus, des legalistisch verbrämten Landraubs mit anderen Mitteln. Ein halbes Jahrhundert Claims Act ist für die pan-indianische Online-Zeitung „Indian Country Today” ein Anlass, dem Native Claims Settlement Act eine ausführliche Artikel-Serie zu widmen. Für ICT ist das Alaska-Modell der Landrechte trotz aller Kritik, Schwächen und damit verbundenem Scheitern ein spannender Versuch, indigene Landrechte modern auszuformulieren.

Mit dem Alaska Native Claims Settlement Act verabschiedeten sich die USA aus der üblich praktizierten Treuhänderschaft von Stammesland. Es gab in der US-Geschichte im vergangenen Jahrhundert immer wieder Versuche konservativer Regierungen, die Reservate aufzulösen. Der Fall Alaska ist grundsätzlich anders gelagert.

Dem Act vorausgegangen war 1968 die Entdeckung eines reichhaltigen Ölvorkommens in der Prudhoe Bay am Nordpolarmeer. Das geförderte Öl sollte mit der geplanten Trans-Alaska-Pipeline quer durch Indianer-Land nach Valdez am Golf von Alaska transportiert werden. Gegen die Pipeline wandten sich die an der vorgesehenen Trasse lebenden Ureinwohner-Gemeinden. Die Öl-Industrie drängte auf eine rasche Klärung und Lösung der Landrechtsfragen. Drei Jahre danach, 1971 im Dezember, wurde der Claims Act verabschiedet.

Indian Country Today kommentiert 50 Jahre danach, der Kampf der Ureinwohner Alaskas für Selbstbestimmung und Landbesitz ist noch lange nicht vorbei. Die Unterzeichnung des Acts war ein erster Schritt in einem langen Prozess von Gesetzesänderungen, über die noch heute diskutiert wird.

Juristen der Gebietskörperschaften erinnern daran, dass Ziele sich ändern können, deshalb müssen auch Gesetze reformiert werden. Die diskutierten Ergänzungen umfassen ein weites Feld, wie die Registrierung von  Aktien-Inhabern, Gemeinde-Finanzierung, Abbau vom Rohstoffen und Landverkäufe.

Immer noch ungelöst sind Fischerei- und Jagdrechte, auf deren Einlösung die Ureinwohner pochen. Diese waren in den ersten Entwürfen des Acts festgeschrieben, wurden aber vor der Ratifizierung herausgenommen. Eine offene Frage seit einem halben Jahrhundert.

Trotz einiger offensichtlicher Mängel verteidigt Margie Brown von den Yup ´ik den Act. „Er ist ein Werkzeug in einem Werkzeuggürtel voller Werkzeuge. Es ist nicht perfekt. Erist nicht die vollständige Antwort auf das, was die Ureinwohner Alaskas brauchen“, analysierte Brown. Trotzdem, ergänzt sie, „der Act ist ein mächtiges Werkzeug für die Ureinwohner Alaskas, von dem ich hoffe, dass es auch in Zukunft bestehen bleibt. Die Körperschaften haben den Ureinwohnern Alaskas eine hörbare wirtschaftliche und politische Stimme gegeben. “

Die ehemalige Yup ´ik-Sprecherin Brown sieht weitere Entwicklungschancen. Der Act ist in ihren Augen weder nur schlecht, noch verallgemeinernd nur gut. Brown beschreibt ANCSA als ein soziales Experiment und, es bleibt eins.

Voices „blickt“ zurück in die Geschichte des Alaska Native Claims Settlement Act. Weitere Artikel zum Thema folgen.

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