National-sozialistisches Veto

Ein Kommentar Von Wolfgang Mayr: Sozialdemokraten und Freiheitlichen lehnen den virtuellen Auftritt des ukrainischen Präsidenten Selenskyj im Nationalrat ab. Begründung: Österreich ist neutral

Von Wolfgang Mayr

Eine gar nicht so seltsame Allianz verhindert die Rede von Präsident Selenskyj im österreichischen Parlament, dem Nationalrat. Die Freiheitlichen und die Sozialdemokraten lehnen strikt den Vorstoß der liberalen Neos ab, den ukrainischen Präsidenten die Chance zu geben, sich an die Abgeordneten wenden zu können.

Die beiden Parteien zitieren die österreichische Neutralität, die mit einem Auftritt von Selenskyj nicht verträglich sein soll. Steht der Vorwand der Neutralität nicht eher für Kumpanei mit dem kriegsführenden Russland?

Besonders die die rechtspopulistische FPÖ wehrt sich vehement gegen eine Selenskyj-Rede. „Wir würden das auch für Putin nicht haben wollen oder irgendeine andere Kriegspartei“, argumentiert FPÖ-Vorsitzender Herbert Kickl auf spiegelonline. Kickl drängt auf einen neutraleren Kurs gegenüber der russischen Regierung. Kickl lehnt Anti-Kriegs-Sanktionen des Westens gegen Russland ab, Österreich dürfe nicht Teil eines „Sanktionsregimes“ sein. Kein Wort über den Eroberungskrieg Russlands, über die Gewalt, die Vergewaltigungen, die Vertreibungen und Zerstörungen in der Ukraine. Kickl ist konsequent, Nato-Kampfflugzeugen soll untersagt werden, Österreich zu überfliegen. Dann wird wohl die Nato der Aggressor sein, kann aus den Kickl-Äußerungen abgeleitet werden.

Die Freiheitlichen sind wie die italienische Lega, die französische Front National, die ungarische Fidesz-Partei von Viktor Orban und andere europäische rechtspopulistische und rechtsradikale Parteien mit dem russischen Präsidenten Putin eng vernetzt. Die Lega soll gar mit Rubel gefördert werden, Parteienfinanzierung aus dem Kreml. In der Regierungszeit von ÖVP-FPÖ pflegte Außenministerin Karin Kneissl, heute in der Vorstandsetage des russischen Energiekonzerns Rosneft und Gastautorin von Russia Today, enge Kontakte nach Russland. Auf der Kneissl Hochzeit war Putin einer der Stargäste.

Die ehemaligen freiheitlichen Spitzen Gudenus und Strache wollten auf Ibiza einer angeblichen russischen Oligarchin Österreich verkaufen. Die Kontakte zwischen diesem Teil Österreichs mit Russland sind zweifelsohne eng.

Warum trägt aber die SPÖ die Ukraine-Feindlichkeit der FPÖ mit? Vor einigen Jahrzehnten versuchte der linksliberale Wiener Journalist Günther Nenning den politischen Charakter der Kärntner Sozialdemokraten zu beschreiben. Nenning zitierte das „Puntsch-Krapfl“ als Bild, außen rot und drinnen braun.

Also keine Chance für Selenskyj, im österreichischen Nationalrat für die Belange der Ukraine zu werben – für das Ende des Krieges, für das Ende von Gewalt und Vertreibungen sowie Zerstörungen. Weil, so die sozialdemokratisch-freiheitliche Argumentation, das Reden über den Krieg die österreichische Neutralität verletzt.

Selenskyj sprach per Video vor dem italienischen Parlament, vor dem deutschen Bundestag, vor dem Europaparlament und vor den Parlamenten in Washington und Ottawa. Wien klinkt sich aus dieser Video-Solidarität aus. Peinlich für das Land des großen Sozialdemokraten Bruno Kreisky.

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