MYANMAR: UN-Sonderberichterstatter zur Lage der Menschenrechte schlägt Alarm. Ethnische Rebellen kämpfen gegen Militärdiktatur

Von Ethnolinguistic_map_of_Burma_1972_en.svg: Ле Лойthis file: Furfur - Diese Datei wurde von diesem Werk abgeleitet: Ethnolinguistic map of Burma 1972 en.svg, CC BY-SA 4.0,

Von Jan Diedrichsen

In seiner Rede zur Eröffnung der UN-Generalversammlung stellte Generalsekretär Antonio Guterres Myanmar / Burma in eine Reihe mit Afghanistan und Äthiopien als Nationen, für deren Bevölkerung „Frieden und Stabilität ein ferner Traum bleiben“.

Generalsekretär Antonio Guterres erklärte, dass er die Bevölkerung „in ihrem Streben nach Demokratie, Frieden, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit“ uneingeschränkt unterstütze.

Die Situation in Myanmar hat sich seit der Machtübernahme durch die Armee vor acht Monaten zu einem blutigen Konflikt mit ständig eskalierender Gewalt entwickelt. Es kann ausgeschlossen werden, dass die Vereinten Nationen etwas gegen die neuen Machthaber Myanmars unternehmen wird, da diese von China und Russland unterstützt werden.

Der UN-Sonderberichterstatter für die Menschenrechtslage in Myanmar, Tom Andrews, forderte in der vergangenen Woche vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf einen „Kurswechsel“, um weitere Menschenrechtsverletzungen und Todesfälle zu verhindern.

Die Militärjunta und ihre Streitkräfte haben mehr als 1.100 Menschen ermordet, mehr als 8.000 willkürlich inhaftiert und mehr als 230.000 Zivilisten gewaltsam vertrieben, wodurch sich die Gesamtzahl der intern vertriebenen Personen in Myanmar auf weit über eine halbe Million erhöht, sagte Andrews. Kinder sind davon nicht verschont geblieben. Bis Juli hatte die Junta mindestens 75 Kinder im Alter von 14 Monaten bis 17 Jahren getötet.

 

Kampf für Selbstbestimmungsrecht über Jahrzehnte

Aufstände gibt es in Myanmar seit 1948, dem Jahr, in dem das Land, das damals noch Burma hieß, seine Unabhängigkeit vom Vereinigten Königreich erlangte. Mehrere bewaffnete ethnische Gruppen kämpfen seit Jahrzehnten gegen die Streitkräfte Myanmars, die Tatmadaw, für ihr Recht auf Selbstbestimmung. Trotz zahlreicher Waffenstillstände und der Schaffung autonomer, selbstverwalteter Zonen im Jahr 2008 fordern viele Gruppen weiterhin die Unabhängigkeit, eine größere Autonomie oder die Föderalisierung des Landes.

Die meisten dieser bewaffneten ethnischen Organisationen kämpfen seit Jahrzehnten immer wieder gegen die Zentralregierung für mehr Autonomie. Mehrere aufständische Gruppen, insbesondere die Kachin Independence Army und die Karen National Liberation Army, haben als Reaktion auf den Putsch ihre Angriffe gegen die Tatmadaw wieder aufgenommen oder verstärkt.

Der Konflikt ist der längste Bürgerkrieg der Welt, der sich über mehr als sieben Jahrzehnte erstreckt.

Mit bis zu 70 Jahren Kampferfahrung legen Gruppen wie die Kachin im Norden und die Karen im Osten zusätzlichen Druck auf die Regierung. Einige von ihnen bilden auch Kämpfer militärisch aus und bieten Oppositionsführern einen sicheren Unterschlupf.

Den über 400.000 aktiven Soldaten Myanmars stehen rund 75.000 bis 78.000 Mann der ethnischen Minderheiten gegenüber. „Hinzu kommt, dass die ethnischen Rebellen, im Vergleich zur Tatmadaw, weder Luftwaffe und noch Marinekräfte besitzen„, sagt Naruemon Thabchumpon von der Chulalongkorn Universität in Bangkok gegenüber der Deutschen Welle. Die Myanmar-Expertin bezweifelt, dass sich die Minderheiten jemals zu einem multi-ethnischen Kollektiv zusammenschließen können. „In der Tat haben sich die Rebellengruppen seit dem Putsch etwas angenähert und führen Gespräche. Dass sie gemeinsam in den Krieg ziehen, halte ich aber für ausgeschlossen. Ihre Hintergründe und Ziele sind zu unterschiedlich. Die meisten von Ihnen haben nur eine separatistische Agenda für das jeweils eigene Volk.“

 

Drei Millionen Menschen sind dringend auf Hilfe angewiesen

Der UN-Sonderberichterstatter für die Menschenrechtslage in Myanmar, Tom Andrews, forderte vor dem UN-Menschenrechtsrat einen „Kurswechsel“, um weitere Menschenrechtsverletzungen und Todesfälle zu verhindern. „Tatsache ist, dass die derzeitigen Bemühungen der internationalen Gemeinschaft, die Abwärtsspirale der Ereignisse in Myanmar zu stoppen, einfach nicht funktionieren.“

Der UN-Experte berichtet, dass die Militärjunta nun systematisch Familienangehörige von Personen entführt, gegen die ein Haftbefehl vorliegt, die aber von Polizei und Militär nicht ausfindig gemacht werden können. „Ich habe glaubwürdige Berichte erhalten, dass die Junta-Kräfte mindestens 177 Personen willkürlich festgenommen haben, wenn das ursprüngliche Ziel einer Razzia sich erfolgreich der Verhaftung entzogen hatte. Unter diesen Opfern befinden sich auch Kleinkinder“, sagte er.

Der unabhängige Experte, der vom Menschenrechtsrat ernannt wurde, forderte mehr humanitäre Hilfe für die mehr als drei Millionen Menschen in Myanmar, die sich in einer verzweifelten Notlage befinden.  „Die internationale Gemeinschaft muss sich stärker dafür einsetzen, dass lebensrettende Hilfe die Bedürftigen erreicht“, sagte er. „Die zivilgesellschaftlichen Organisationen Myanmars, die Leben retten, brauchen und verdienen unsere Unterstützung.

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