Labor Südtirol? – Europa in Kleinformat

Von Wolfgang Mayr

Vor 100 Jahren noch fast zur Gänze einsprachig deutsch, ladinisch in Gröden und Gadertal, ein bisschen italienisch in Bozen und im Unterland. In der faschistischen Ära von 1922 bis 1943 ließ das Regime tausende italienische Arbeiter in „Provincia di Bolzano“ ansiedeln. Mit der Zuwanderung nach dem 2.Weltkrieg, auch gewollt von der demokratischen Regierung in Rom, verschoben sich die ethnischen Kräfteverhältnisse. Ein Drittel der Bevölkerung war italienisch. Mit der Autonomie wurde aus der „Provincia di Bolzano“, die selbstverwaltete autonome Provinz Bozen-Südtirol mit weitgehenden Minderheiten- und Sprachernrechten. Ein oft labiles Gleichgewicht. Seit den 1980er Jahren zogen Migranten vom Balkan, vom nördlichen Afrika und aus Pakistan nach Südtirol. Die Vielfalt wurde noch bunter.

Die Europäische Akademie in Bozen untersuchte die mehrsprachige Entwicklung im Land. „Die Sprachenvielfalt Südtirols, alte und neue, aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet: Was ist der Stand der Forschung? Wie sieht die Schulpraxis aus? Und der rechtliche Rahmen? Was haben wir von Mehrsprachigkeit und wie können wir ihre Möglichkeiten noch besser ausschöpfen?“ fragte sich ein mehrköpfiges Autorinnen-Team.

„Bolzano, Bozen, Bulsan. Die drei offiziellen Namen von Südtirols Landeshauptstadt, aber auch Orts- und Firmenschilder zeigen auf den ersten Blick: Das Nebeneinander von Deutsch, Italienisch und Ladinisch ist ein grundlegendes Merkmal unserer Provinz. Wer aber die Ohren aufmacht, merkt bald, dass aus der traditionellen, institutionell verankerten Dreisprachigkeit längst eine neue Vielsprachigkeit geworden ist, und das nicht nur in den größten Ortschaften. In Straßen und Gassen, auf Schulhöfen und Spielplätzen kann man Sprachen wie Arabisch oder Albanisch hören, Spanisch, Punjabi, Französisch, Rumänisch, Farsi . . . – alle mitgebracht von Menschen, die Südtirol in den vergangenen Jahren zu ihrem Zuhause gemacht haben. Doch nicht nur Migration, auch Tourismus, internationale Wirtschaftskontakte, Medien und Internet tragen dazu bei, dass immer mehr Menschen in ihrem alltäglichen Leben ganz selbstverständlich unterschiedliche Sprachen verwenden.“

Mit diesem Dossier beleuchtet das Eurac-Autorinnen-Team die sprachliche Vielfalt Südtirols aus verschiedenen Blickwinkeln. Was sagt die Forschung zur Mehrsprachigkeit, wie schaut der rechtliche Rahmen aus, welche neuen Herausforderungen schafft die entstandene gesellschaftliche Mehrsprachigkeit und was sind die Chancen, die die Mehrsprachigkeit dem Einzelnen und der  Gesellschaft bietet?

Mehr zum Thema Mehrsprachigkeit im Eurac-Dossier: Dossier-Sprachen-DE-DEF.pdf (eurac.edu)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website ist durch reCAPTCHA geschützt und es gelten die Datenschutzbestimmungen und Nutzungsbedingungen von Google

Zurück zur Home-Seite