Konferenz zur Zukunft Europas: Minderheiten erarbeiten Vorschläge

Die FUEN bringt in überarbeiteter Form die Bürgerinitiative "Minority Safepack Initititave" (MSPI) wieder ins Spiel. Was genau fordern die Minderheiten von der EU?

Von Wolfgang Mayr

Mit der Konferenz zur Zukunft Europas sollen die Bürgerinnen und Bürger an der Reform der EU mit einbezogen werden. Die Institutionen haben sich verpflichtet, die Empfehlungen von unten nach oben weiter zu geben. Die Konferenz zur Zukunft Europas wird vom Europäischen Parlament, vom Rat und von Kommission abgehalten.

Die Ideen und Vorschläge werden über eine digitale Plattform und Veranstaltungen gesammelt. Im Frühjahr will die Konferenz ihre Schlussfolgerungen für die Zukunft formulieren. Auch die FUEN, der Dachverband der autochthonen Minderheiten in Europa,  beteiligt sich an der Konferenz und drängt auf den Schutz autochthoner nationaler Minderheiten und Sprachgemeinschaften in der EU. Die Fuen plant im März deshalb zwei Konferenzen in Siebenbürgen, Rumänien und im deutsch-dänischen Grenzgebiet.

Für die beiden Konferenzen sammelte die Fuen von Angehörigen der verschiedenen Minderheiten Statements über ihre Erwartungen zur Zukunft der EU ein. Auch andere Organisationen nahmen an dieser Umfrage teil. Die Fuen präsentiert die Forderungen auf der Plattform der Kommission. Sie sind eine Neuauflage der minority safepack, die von der EU-Kommission einfach versenkt wurde. Die Kommission, die Hüterin der Interessen der Nationalstaaten, nicht der Werte wie Minderheitenschutz und Demokratie. Acht konkrete Punkte der Fuen liegen bereits vor:

  1. Politische Rahmenbedingungen der EU zugunsten von Personen, die autochthonen nationalen und sprachlichen Minderheiten angehören

Die EU sollte einen politischen Rahmen zugunsten der autochthonen nationalen und sprachlichen Minderheiten schaffen, im Rahmen der derzeitigen Bestimmungen der Verträge oder durch die Aufnahme spezifischer neuer Bestimmungen anlässlich einer Vertragsänderung im Anschluss an die Konferenz über die Zukunft Europas.

  1. Monitoring der Lage der autochthonen nationalen und sprachlichen Minderheiten in den Mechanismus zur Überwachung der Rechtsstaatlichkeit in der EU einbeziehen

Obwohl in Artikel 2 des Vertrags über die EU festgelegt ist, dass die Union auf den Werten der Achtung der Menschenwürde, der Freiheit, der Demokratie, der Gleichheit, der Rechtsstaatlichkeit und der Wahrung der Menschenrechte, einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören, beruht, überwacht die EU nicht die Wahrung dieser Rechte in den Mitgliedstaaten. 

  1. Schutz der autochthonen nationalen und sprachlichen Minderheiten, indem die Kopenhagener Kriterien zu einer ständigen Verpflichtung für alle Mitgliedstaaten gemacht werden

Die EU sollte dringend die Praxis beenden, in diesem Bereich mit zweierlei Maß zu messen, indem sie ausdrücklich in die Verträge aufnimmt, dass die Einhaltung aller Kopenhagener Kriterien eine ständige Verpflichtung für alle Mitgliedstaaten ist, die kontinuierlich überwacht wird.

  1. Schaffung eines gemeinsamen Rahmens von EU-Mindeststandards für den Schutz der Rechte von Angehörigen nationaler und sprachlicher Minderheiten

Obwohl der Schutz von Minderheiten in den Gründungsverträgen der EU verankert ist und die Bedeutung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt anerkannt wird, fehlt es der Union immer noch an einer kohärenten Politik zum Schutz der Grundrechte ihrer autochthonen nationalen und sprachlichen Minderheiten.

  1. Schutz der gefährdeten Regional- und Minderheitensprachen durch die Einrichtung eines Europäischen Zentrums für Sprachenvielfalt

Laut dem UNESCO-Atlas der gefährdeten Sprachen der Welt sind 186 Sprachen aus den EU-Mitgliedstaaten gefährdet oder vom Aussterben bedroht, und drei weitere Sprachen sind als ausgestorben aufgeführt. Obwohl der Schutz ihrer sprachlichen und kulturellen Vielfalt in ihren Verträgen als Verpflichtung aufgeführt ist, verfügt die Europäische Union über keine Strategie, keinen Aktionsplan, keine Politik und keine angemessenen Finanzierungsquellen zum Schutz von Regional- oder Minderheitensprachen, die im Schwinden begriffen oder stark gefährdet sind.

  1. Förderung der kulturellen Vielfalt und der Minderheitenrechte durch uneingeschränkten grenzüberschreitenden Zugang zu audiovisuellen Inhalten für EU-Bürger

Ungerechtfertigte geografisch bedingte Inhaltsbeschränkungen (Geoblocking) sollten … in der EU verboten werden. Dies ist besonders wichtig für Bürger, die nationalen oder sprachlichen Minderheiten angehören und eine Sprache sprechen, die auch in den Nachbarländern verwendet wird. Diese Minderheiten sind oft zu klein, um eigene umfassende Mediendienste aufzubauen, so dass der Zugang zu den Medien der Nachbarländer mit der gleichen Sprache für sie von lebenswichtigem Interesse ist.

  1. Schutz von Minderheiten durch Gesetzgebung, Förderung bestehender best-practice-Modelle und Unterbindung von Versuchen, ihre Rechte einzuschränken

In den Bereichen, in denen die Verträge dies zulassen, sollte die Europäische Kommission daher Rechtsvorschriften zum Schutz nationaler und sprachlicher Minderheiten erlassen oder in bestehende Rechtsvorschriften aufnehmen.

… Sie sollte diese Minderheiten auch gegen alle nationalen Versuche verteidigen, ihre Rechte und Freiheiten einzuschränken, einschließlich des Unterrichts in ihrer Sprache, des Selbstausdrucks in ihrer Sprache und ihrer offiziellen Verwendung im öffentlichen Leben.

  1. Schutz der autochthonen nationalen und sprachlichen Minderheiten durch verstärkte Zusammenarbeit zwischen der EU und dem Europarat

In Anbetracht der späteren Umwandlung der EU in eine „immer engere“ politische Union muss sich diese Situation jedoch dahingehend entwickeln, dass die EU die Aufgaben des Europarates innerhalb ihrer Grenzen übernimmt und sie in den Rahmen der EU-Rechtsstaatlichkeitsüberwachung einbezieht. Eine gute Zusammenarbeit zwischen der EU und dem Europarat in Bezug auf Normen und Rechte hat das Potenzial, diese Rechte in der EU und ihren Mitgliedstaaten zu vertiefen und zu verankern sowie ihren Anwendungsbereich zu erweitern.

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