„Generalgouvernement Ukraine?“

Was erwartet die Ukrainer nach dem russischen Sieg? Ein Apartheid-Staat? Bosnien als Vorbild? Enklaven für die Ukrainer, die von russischen Statthaltern verwaltet werden?

Von Wolfgang Mayr

Die Vorbereitungen dahin laufen ja. Auch sprachlich, findet die Plattform Dekoder: „Von russischen Medien angesprochen auf die UN-Angaben zu Opfern unter der Zivilbevölkerung, hält Kreml-Sprecher Dmitri Peskow weiter an der Darstellung fest, wonach lediglich militärische Anlagen das Ziel seien. Statt von einem Krieg spricht er von einer „militärischen Spezialoperation“, von so genannter „Demilitarisierung“ und „Entnazifizerung“ der Ukraine.

In Russland gehen wagemutige DemonstrantInnen auf die Straße, gegen den Krieg, gegen Putin und seine milliardenschwere Oligarchie. Radikal gehen die „Sicherheitskräfte“ gegen die Kriegsgegner vor. Viele sind es nicht mehr, vorbeugend ließ Präsident Putin in den vergangenen Jahren das Land demokratiepolitisch plattwalzen, ausgehend von Auftragsmorden bis zu Massenverhaftungen. Nach diesem Muster ging Diktator Lukaschenko in Belarus vor. Wahrscheinlich mit russischer Hilfe, um auch unbehelligt die Truppen aufmarschieren zu lassen.

Aber auch im kaltgestellten Belarus regt sich Widerspruch gegen den Angriffskrieg in der Ukraine, schreibt dekoder: „Ich, eine Bürgerin der Republik Belarus, bin gegen die Beteiligung von Belarus beim russischen Militärangriff auf die Ukraine. Ich fordere den Abzug der russischen Truppen aus Belarus. Ich möchte, dass mein Land ein Territorium der Sicherheit ist und sich nicht an Aggressionen beteiligt.“ Dies schrieb die belarussische Lyrikerin Julia Cimafiejeva wie viele andere auf Facebook. Es entwickelte sich ein Flashmob, dem sich viele Belarussen anschlossen, um auch gegenüber den Ukrainern auszudrücken, was sie von einem möglichen Einstieg Alexander Lukaschenkos mit eigenen Truppen in Russlands Krieg halten“.

Der Historiker Karl Schlögel von der Viadrina-Universität in Frankfurt/Oder vergleicht den russischen Krieg gegen die Ukraine mit dem Franco-Putsch gegen die spanische Republik. Die demokratischen Staaten ließen im spanischen Bürgerkrieg 1936-1939 die Republik im Stich. Auf demokratischer Seite kämpften Freiwillige in der Internationalen Brigade. Den Krieg von Putin gegen die demokratische Ukraine drängte Europa in einen Scheideweg, sagt Schlögel.

Putin kopiert die Sowjetunion, die in den 1950er Jahren den demokratischen Aufstand der Arbeiter in der DDR niederschlug, den von den Kommunisten organisierten ungarischen Aufstand und in den 1960er Jahren den „Prager Frühling“. Die russisch dominierte SU akzeptierte im östlichen Europa keine Demokratie. Putin ist der Erbe dieser „Tradition“, auch er verträgt neben sich keine Demokratie, keine demokratischen Staat aufrechtgehender Bürger. Putin verhalf der Autokratie in Russland zur Auferstehung, nach dem Aufbruch des Kommunisten Gorbatschow.

Professor Schlögel und weitere deutsche Intellektuellen forderten in einem Offenen Brief die deutsche Bundesregierung auf, die Bedrohung durch russische Truppen an der ukrainischen Grenze nicht als Säbelrasseln abzutun. Diese dienen der Destabilisierung der Ukraine und nicht nur.

Schlögel forschte über den rassistischen Eroberungskrieg Nazi-Deutschlands im östlichen Europa, bemühte sich um die Aussöhnung zwischen Deutschland und Russland und erinnerte daran, dass die Ukraine das größte Schlachtfeld im Zweiten Weltkrieg war.

Die Ukraine, in den 1930er Jahren erdrückt von einem Hunger-Holocaust, in den frühen 1940er Jahren ausgeblutet vom Eroberungskrieg der Wehrmacht, ist wieder zum Schlachtfeld geworden. Gezielt bombardieren die russischen Truppen Wohnhäuser in den großen Städten, praktisch geübt in Syrien.

Welche Zukunft hat dieses Land, das Putin niederwalzen lässt? Auch dafür gibt es eine Reihe von Blaupausen, Georgien, Abchasien, Tschetschenien und in der Ferne Bosnien. Orchestriert auch von Russen, die die Bosniaken in ein Reservat drängen. Die grauenhafte Perspektive für die Ukraine?

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