22-09-2023
Erinnert Euch!
Christdemokratische Politikerinnen pflegten beste Kontakte zum autoritären Aserbaidschan
Von Wolfgang Mayr
Erschreckend immer wieder, wie wenig deutsche Medien und deutsche Politiker über Arzach, Bergkarabach im Kaukasus wissen. Die Menschen dort werden kurzerhand als Separatisten bezeichnet und sind damit auch schon gebrandmarkt. Als Illegale, als Terroristen, so sieht das Regime in Baku die Armenierinnen und Armenier in Arzach. Nicht von ungefähr stellt das Alijew-Regime den jüngsten Krieg gegen Arzach als eine „Anti-Terror-Maßnahme“ dar. Gegen die armenischen Milizen und ihre Verbündeten aus der Republik Armenien. Eine“ Anti-Terror-Operation“, um Arzach zu säubern.
Während des Krieges vor drei Jahren flüchteten bereits 100.000 Menschen nach Armenien, bei einer Gesamtbevölkerung von 150.000. Wie viele werden jetzt flüchten, werden die armenischen Überreste von der hoch aufgerüsteten – von der Türkei und Israel – aserbaidschanischen Armee vertrieben werden? Die Menschen von Arzach, Separatisten, wie das Regime in Baku tönt, die für ihr Aufbegehren bestraft werden?
Das autoritäre Regime, hervorgegangen aus der kommunistischen Partei, ähnelt dem Putin-System. Der Staat, fest in der Hand der organisierten Kriminalität, von Oligarchen, ehemaligen Kommunisten. In Putins Arsch drängten lange Jahre SPD-Politiker, nicht nur der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder.
In Baku gaben sich Politikerinnen und Politiker der CDU und CSU die Klinke in die Hand. So enthüllten die Europäische Stabilitätsinitiative ESI und Transparency International, wie das Aseri-Regime recht unverhüllt Abgeordnete des Europaparlaments und das Europarates zu bestechen versuchte. Mit Reisen nach Aserbaidschan, mit teuren Gastgeschenken. Es entstand die Aserbaidschan-Connection.
Sichtbar wurde ein Lobby-Netzwerk um den italienischen Abgeordneten Luca Volente´ von der Fraktion der Europäischen Volksparteien. Er war keine Ausnahme, zu den Lobbyisten zählten auch Angehörige des deutschen Bundestages.
Zu den deutschen Freunden des Regimes in Baku zählten der CSU-Europaparlamentarier Eduard Lintner und die CDU-Bundestagsabgeordnete Karin Strenz. Als Wahlbeobachter stellten die beiden Politiker fest, dass die Wahlen korrekt verlaufen sein sollen. Später stieß der CDU-Abgeordnete Egon Jüttner dazu. Auch er half, das Regime in demokratischem Glanz strahlen zu lassen. Die OSZE und die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ hingegen kritisierten den staatlich organisierten Wahlbetrug.
Eine Reihe weiterer CDU-Politiker, auch mit dabei in der Aserbaidschan-Connection, beschuldigten ganz im Sinne Bakus Armenien für die Auseinandersetzungen um Arzach. Sie machten recht ungeniert aus Opfern Tätern. In Deutschland versuchten 2013 die aserbaidschanischen Handlanger, die Verleihung des Haecker-Preises der Stadt Esslingen an die Menschenrechtsaktivistin Leyla Yunus zu verhindern.
Der CDU-Politiker Otto Hauser beglückwünschte 2020 das aserbaidschanische Regime und den „großen Führer“ für den militärischen Sieg gegen Arzach. 2021 ergab eine Recherche des SWR, dass weitere CDU-Abgeordnete in Absprache mit der aserbaidschanischen Botschaft wortgleiche Anfrage zu Arzach, zu Berg-Karabach gestellt haben.
Ein Sumpf sondergleichen. Es mutet dann seltsam an, wenn deutsche Politikerinnen und Politiker sich über die Korruption in der Ukraine naserümpfend auslassen. Pharisäer.
Gerald Knaus von der Europäischen Stabilitätsinitiative kritisierte die mangelnde Aufarbeitung der „Aserbaidschan-Affäre“. Eine Aufarbeitung ist auch weiterhin nicht zu erwarten. Weil die EU, weil Deutschland Gas aus Aserbaidschan beziehen. „Kein Gas aus Aserbaidschan“, titelte die Tageszeitung TAZ. Und weiter: „Wann ist die Grenze überschritten beim Abwägen von günstig und unmoralisch. Eine Verurteilung der Offensive gegen Bergkarabach reicht keineswegs.“
Aserbaidschan beendet, was die nationalistischen Jung-Türken 1915 in Gang setzten, den Völkermord an den Armeniern. Damals aktiv mit dabei, das deutsche Kaiserreich. Das Herumgeeiere in der „Arzach-Frage“ steht letztendlich in der deutschen Tradition der Kumpanei mit den Jung-Türken.
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