Österreich-Kärnten/Koroska: Die Attacke gegen den Peršmanhof und die Folgen

Die slowenischen Organisationen erwarten sich amtliche Entschuldigung

Mit einem Bildungscamp wollte der Club der slowenischen Studierenden an den antinazistischen Widerstand ihrer slowenischen Verfahren im Zweiten Weltkrieg erinnern. Foto: Kärnten-Gruene.at

Mit einem Bildungscamp wollte der Club der slowenischen Studierenden an den antinazistischen Widerstand ihrer slowenischen Verfahren im Zweiten Weltkrieg erinnern. Foto: Kärnten-Gruene.at

Von Wolfgang Mayr

 

Den heutigen österreichischen Nationalfeiertag (26. Oktober) sollten die staatlichen Institutionen nützen, sich bei der slowenischen Minderheit in Kärnten-Koroska zu entschuldigen. Und zwar für den ungesetzlichen Polizeieinsatz gegen ein Bildungscamp des Klubs der slowenischen Studierenden auf dem Peršmanhof, Gedenkstätte des slowenischen Widerstandes gegen die Nazis.

Fast drei Monate benötigte eine Kommission des österreichischen Innenministeriums, den „Polizeiüberfall“ auf das Antifa-Camp zu untersuchen und aufzuklären. Innenminister Karner nannte das Vorgehen „teilweise rechtswidrig“, als nicht verhältnismäßig und daher als zweifelhaft.

Die Kommission bestätigte die Aussagen der Betroffenen, also des Klubs der slowenischen Studierenden und des slowenischen Partisanenverbandes und bestätigte auch die frühe Kritik des Anwalts Rudi Vouk. Aus fadenscheinigen Gründen ging die Polizei gegen das Camp vor.

Die Kommission bestätige auch die Einschätzungen von Gerhard Baumgartner, Historiker und ehemaliger Direktor des Dokumentationsarchivs österreichischer Widerstand (DÖW). Im Voices-Podcast „Genaues weiß man nicht“ warf Baumgartner den polizeilichen Akteuren vor, auf Grundlage konstruierter Anzeigen agiert zu haben. Klar war für Historiker Baumgartner auch, dass der Einsatz gegen das Antifa-Camp gerichtet war, „Antifaschisten im Visier der Polizei“. Im Podcast „Das Schweigen ist skandalös“ widerlegte Baumgartner detailliert die behördlichen Anwürfe gegen die Veranstalter des Antifa-Camps.

 

Der Bezirkshauptmann und sein Hintergrund

Es ging bei diesem Einsatz darum, die Antifa zu kriminalisieren, ein Skandal, befand Baumgartner im Voices-Podcast. All das verwundert nicht, lief doch die „teilweise rechtswidrige“ Polizeiaktion unter der Schirmherrschaft des Völkermarkter Bezirkshauptmanns Gert-Andre Klösch ab (gegen ihn erstattete das Land Kärnten Anzeige wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs).

Klösch erlaubte in den vergangenen Jahren das kritisierte Ustaša-Gedenken bei Bleiburg/Pliberk auf dem Loibacher Feld. Auf diesen „Feierlichkeiten“ standen die Gefallenen des kroatisch-faschistischen Ustascha-Staates des Zweiten Weltkrieges im Vordergrund und es war zudem ein internationales Treffen von Rechtsextremen aus Österreich, Deutschland und Kroatien.

In einer Expertise sprach sich 2019 der österreichische Verfassungsjurist Heinz Mayer für ein Verbot des Ustaša-Gedenkens aus, weil nicht nur „zulässig, sondern geboten“. Bezirkshauptmann Klösch scherte diese Empfehlung nicht.

2024 hielt Klösch eine Festrede auf einer Veranstaltung des Abwehrkämpferbundes. Eine rechtsextreme Vorfeldorganisation, befand die österreichische Wochenzeitung „Die Furche“. Dieser Bund agiert antislowenisch, befindet, dass die slowenische Minderheit zu den „bestgefördertsten Volksgruppen Europas“ zählt, dass Österreich die slowenische Minderheit großzügig behandelt, dass der Österreichische Rundfunk ORF die slowenische Bevölkerung Kärntens „bevorzugt“. Propagandistische Schönfärberei, die mit der Realität nichts zu tun hat.

 

Die Attacke gegen Peršman war antislowenisch

Das ist und bleibt der Hintergrund bei der Peršmanhof-Attacke, es bleibt der antislowenische Geschmack, richtete sich doch die Polizei-Aktion gezielt gegen die Gedenkstätte Peršmanhof und gegen den Klub der slowenischen Studierenden. Dieser „teilweise rechtswidrige“ Polizeieinsatz hatte österreichische Staatsbürger:innen slowenischer Muttersprache im Visier.

Der ehemalige Landeshauptmann des autonomen Südtirols, Luis Durnwalder, wundert sich, wie Österreich mit seinen Minderheiten umgeht (darüber folgt ein Voices-Podcast). Österreich leistete als „Schutzmacht“ für Südtirol großartiges, würdigt Durnwalder den österreichischen Einsatz. Dieser fehlt gänzlich bei den Österreicher:innen nichtdeutscher Muttersprache.

In der österreichischen Tageszeitung „Der Standard“ stellte Judith Kohlenberger vom Forschungsinstitut für Migrations- und Fluchtforschung (FORM) anlässlich des Nationalfeiertages die Frage: „Wer sind ´wir´eigentlich?“. Und, „wie sehr muss sich jemand anpassen, um als Österreicher:in akzeptiert zu werden?“

 

Österreich ist mehr

Beeindruckende Antworten darauf könnten die Angehörigen der sechs autochthonen Minderheiten geben. Die Deutschkärntner Antwort lautet, die slowenischen Kärntner:innen müssen sich assimilieren, ihre Identität samt Sprache verleugnen. Dies gilt wohl auch für die wenigen Slowen:innen in der Steiermark, für die Burgenland-Kroaten und Ungarn sowie Burgenland-Roma, für die Tschechen und Slowaken in Wien.

Forscherin Kohlenberger suchte in ihrem „Standard“-Kommentar eine Antwort auf ihre Frage, was das „österreichische Wir“ ausmacht. Artikel 7 des Staatsvertrages gibt bereits eine Antwort, als seine angebliche Umsetzung auch das dünne Volksgruppengesetz. Österreich ist mehr als nur „deutsch“, sondern auch slowenisch, kroatisch, ungarisch, Romanes, tschechisch, slowakisch und jenisch.

Doch um tatsächlich gleichberechtigt zu sein, auf Augenhöhe mit der deutschsprachigen Bevölkerungsmehrheit, braucht es mehr. Deutlich mehr. Nicht von ungefähr forderte die slowenische Außenministerin Tanja Fajon die Republik Österreich auf, mehr für die slowenische Minderheit tun.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website ist durch reCAPTCHA geschützt und es gelten die Datenschutzbestimmungen und Nutzungsbedingungen von Google

Zurück zur Home-Seite