06-01-2023
Das Erbe bewahren
World Heritage Watch wirbt für Respekt und Erhalt des kulturellen Erbes

Von Wolfgang Mayr
Das NGO-Netzwerk World Heritage Watch engagiert sich seit 2014 für den Schutz von Welterbestätten. Jährlich dokumentiert das WHW den Stand der Dinge und richtet dabei sein Augenmerk auf abgelegene und vergessene Ecken der Welt.
Im jüngsten Report weist WHW-Direktor Stephan Doempke auf den russischen Krieg in der Ukraine hin, auf die gezielte Zerstörung ukrainischer Kultur. Allein in den ersten fünf Kriegsmonaten legte die russische Armee mehr als 168 Kultur-Stätten in Schutt und Asche. Ähnlich agierten die islamistischen Taliban in Afghanistan (Buddha-Statuen von Bamiyan 2001) und die Terrororganisation Islamischer Staat 2017 im Irak und in Nordsyrien (mehr als 100 Kulturstätten).
Im serbischen Eroberungskrieg in Bosnien wurden Moscheen und Bibliotheken abgefackelt, dann die Menschen. Die Zerstörung der Kultur geht einher mit der Vernichtung der Menschen.
Nicht weniger zerstörend und vernichtend sind Staudämmen, denen Land und Leute zum Opfer fallen. An der James Bay in der kanadischen Provinz Quebec, im Omo-Tal in Äthiopien, bei den Enawene Nawe in Brasilien, bei den Penan in Malaysia oder im Südtiroler Vinschgau, in dem in den 1950er-Jahren ein Dorf unter Wasser gesetzt wurde.
Im Report von 2022 wird der „Umbau“ der tibetischen Hauptstadt Lhasa durch die chinesischen Besatzer beschrieben, die Folgen der Erschließungen ursprünglicher Landschaften indigener Völker in Venezuela, bei den Mikisew Cree in Kanada oder bei den Maasai im östlichen Afrika. Dabei kommen Betroffene zu Wort, die auf ihr Recht der eigenen Entwicklung bestehen, auf Mitsprache auf Augenhöhe. Genauso richtet WHW seine Scheinwerfer auch auf das rücksichtslose Plündern in Europa, egal in welchen Staaten auch immer.
Das stete Werben für den Schutz und Erhalt des kulturellen Erbes brachte Erfolge, schreiben WHW-Präsidentin Maritta von Bieberstein Koch-Weser und Direktor Doempke im Vorwort ihres Reportes 2022. Wegen der zivilgesellschaftlichen Engagements schafften es viele Kultur-Stätten auf die Unesco-Liste. Kultur-Stätten indigener Völker, von Nationen ohne Staaten, von kulturellen, sprachlichen und nationalen Minderheiten. Menschenrechtsarbeit über den Schutz und Erhalt des kulturellen Erbes.
In seinen „Potsdam Papers“ bekennt sich World Heritage Watch zum zivilgesellschaftlichen Engagement, zur Vernetzung mit den vielen Nichtregierungsorganisationen und Basisbewegungen. WHW ging 2012 in St. Petersburg aus dem internationalen NGO-Forum hervor, das das Unesco-Welterbekomitee unterstützte. Ziel, Schutz des Natur- und des Kulturerbes. Zu den Gründern zählen Elena Belokurova (Staatliche Universität St. Petersburg), Ivan Blokov (Greenpeace Russland, Moskau), Stephan Doempke (Mensch und Natur, Berlin), Alec Marr (Strategische Interventionen, Australien), Sneshka Quaedvlieg-Mihailovic (Europa Nostra, Brüssel) und Prof. Dr. Michael Turner (Bezalel Academy, Jerusalem). WHW versteht sich als Koordinierungsstelle für das informelle globale Netzwerk nichtstaatlicher Akteure.
Zu den Mitgliedern des internationalen World Heritage Watch Networks zählen lokale Gruppen, UNESCO-Clubs, akademische und informelle Initiativen, die in oder in der Nähe von Welterbestätten ansässig sind. nationale und internationale NGOs, die sich für Welterbestätten einsetzen; indigene Gruppen und engagierte Einzelpersonen.
Unabhängigkeit steht bei uns an erster Stelle. Beamte staatlicher oder internationaler Gremien, die an der Entscheidungsfindung über Welterbestätten beteiligt sind, können keine Mitglieder von World Heritage Watch sein.
SHARE