06-03-2022
Bedrohtes Land und Leben
Der Klimawandel trifft besonders Stammesgesellschaften, warnt das Indigenous Environmental Network. Jene, die am wenigsten zur Veränderung des Klimas beitragen.
Von Wolfgang Mayr
Der neue UN-Bericht über den Klimawandel kann deutlicher nicht sein, interpretiert „Indian Country Today“ die Analysen der Wissenschaftler. Der Klimawandel verursacht bereits „gefährliche und weit verbreitete Veränderungen in der Natur und beeinträchtigt dabei das Leben von Milliarden von Menschen“.
Besonders betroffen sind viele Stammes- und arktische Gemeinschaften oder anders formuliert, „Menschen und Ökosysteme, die am wenigsten damit umgehen können, sind am stärksten betroffen.“
Laut dem Indigenous Environmental Network zeigt der UN-Bericht, dass „unsere Sucht nach fossilen Brennstoffen eine Klimaerwärmung verursacht hat, die in den letzten 2000 Jahren nicht mehr beobachtet wurde“. Diese Information „ist keine Neuigkeit für indigene Völker, denn dieser Bericht verstärkt nur das, was indigene Völker die ganze Zeit gesagt haben“.
Das indigene Netzwerk kritisiert auch die Vereinten Nationen dafür, dass sie weiterhin „ihre eigene Wissenschaft ignorieren“, indem sie Kohlenstoffhandelsmärkte fördern, die eine weitere Expansion fossiler Brennstoffe forcieren. „Diese falschen Lösungen gehen nicht auf die Krise ein und verletzen weiterhin die Rechte indigener Völker auf der ganzen Welt.“
Das Netzwerk beklagt das Verschwinden ganzer Ökosysteme, mit einer Ausnahme – im Durchschnitt waren diese Trends in Gebieten von indigenen Völkern und lokalen Gemeinschaften weniger schwerwiegend oder wurden vermieden.
Der Report des Klimarates ist wenig optimistisch: Die Temperaturen belasten Pflanzen und Tiere, sorgen für ein Massensterben von Bäumen und Korallen. Diese Wetterextreme treten gleichzeitig auf und verursachen Kettenreaktionen. Der Klimawandel gefährdet für Millionen von Menschen die Ernährungs- und Wasserunsicherheit, in Afrika, Asien, Mittel- und Südamerika, auf kleinen Inseln und in der Arktis.
„Jede weitere Verzögerung globalen Handelns bedroht eine lebenswerte Zukunft“, warnt IPPC-Co-Vorsitzender Hans-Otto Pörtner. Die zweite Ko-Vorsitzende, Debra Roberts, erinnert daran, dass bei der Bekämpfung des Klimawandels auch indigenes und lokalesWissen hilfreich sein könnte.
Ein schwieriges Unterfangen, das zeigt ein Beispiel aus den USA. 19 republikanisch regierte Staaten und Bergbau-Unternehmen versuchen die Befugnisse der Environmental Protection Agency einzuschränken. Der Bundesstaat West-Virginia wandte sich mit einer Klage an den Obersten Gerichtshof, das Weisungsrecht der Behörde bei der Bekämpfung der Kohlestoffemissionen einzuschränken. Einige konservative Richter lehnen die Kompetenzen der EPA als zu weitgehend ab. Nicht die EPA sollte Auflagen erlassen, sondern die Parlamente.
Präsident Joe Biden möchte die Treibhausgasemissionen bis zum Ende des Jahrzehnts halbieren. Der Kongress mit seiner demokratischen Mehrheit versagte bisher dem Präsidenten die Zustimmung für den Build Back Better-Plan zur Eindämmung des Klimawandels. Konservative Demokraten legen sich quer.
Umweltgruppen haben befürchtet, dass das Gericht den Klagen stattgeben wird. Ein Urteil gegen die EPA und somit gegen die Bundesregierung würde weit weit über den Umwelt-Bereich hinausgehen, sondern auch den Verbraucherschutz und die Sicherheit am Arbeitsplatz einschränken und auch Maßnahmen für die öffentliche Gesundheit.
David Doniger, Experte für Klimawandel beim Natural Resources Defense Council, wirft den Republikanern vor, „Horrorgeschichten über Vorschriften, die die EPA erlassen könnte“, zu verbreiten.
Kohle ist der größte Einzelverursacher des Klimawandels. Die Verbrennung von Kohle ist nach Angaben der International Energy Association für fast die Hälfte der Kohlendioxidemissionen verantwortlich.
Die Navajo Nation ist mit ihrer Firma Navajo Transitional Energy Company der drittgrößte Kohleproduzent in den Vereinigten Staaten. Laut dem Bureau of Indian Affairs verfügen über 20 Stammesnationen über bedeutende Kohlereserven. „Kohle hat wesentlich zur wirtschaftlichen Gesundheit dieser Stämme beigetragen, sie macht mehr als die Hälfte des Gesamteinkommens der Stämme aus. Tausende von hochbezahlten Arbeitsplätzen wurden geschaffen hat“, heißt es in dem BIA-Bericht.
Die Vereinten Nationen fordern jedoch, dass die Produktion fossiler Brennstoffe um 6 Prozent jährlich schrumpfen muss, um die härtesten Folgen eines wärmeren Planeten zu vermeiden.
Dieser UN-Bericht bietet eine detaillierte Bewertung der Auswirkungen, Risiken und Anpassungen des Klimawandels in Städten, in denen mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt.
„Zusammen schaffen die zunehmende Urbanisierung und der Klimawandel komplexe Risiken, insbesondere für die Städte, die bereits ein schlecht geplantes Stadtwachstum, ein hohes Maß an Armut und Arbeitslosigkeit sowie einen Mangel an grundlegenden Dienstleistungen erleben“, sagte Debra Roberts.
„Aber Städte bieten auch Möglichkeiten für Klimaschutzmaßnahmen – grüne Gebäude, eine zuverlässige Versorgung mit sauberem Wasser und erneuerbaren Energien sowie nachhaltige Verkehrssysteme, die städtische und ländliche Gebiete verbinden, können alle zu einer integrativeren, gerechteren Gesellschaft führen.“
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