08-01-2025
Aufbruch in eine andere Republik
Herbert Kickl und seine rechtsrechte FPÖ werden Österreich radikal umbauen
Von Wolfang Mayr
Die österreichischen Freiheitlichen sind keine rechtskonservative, rechtsnationale oder rechtspopulistische Partei. Sie wurzelt im Nationalsozialismus. Die FPÖ ähnelt der italienischen Regierungspartei Fratelli d´ Italia, deren Geschichte zurück in die faschistische Repubblica di Salo´ führt.
Die Gründerväter der FPÖ waren aktive Nationalsozialisten. 1945 versammelten sich – nicht nur – österreichische Nazis im „Verband der Unabhängigen“, aus einer Abspaltung ging 1953 die „Freiheitliche Sammlung Österreichs“ hervor.
1954 gründeten der SS-Brigadeführer Anton Reinthaller und der SS-Obersturmführer Friedrich Peter die „Freiheitspartei“, aus der sich in den folgenden Jahren die Freiheitliche Partei entwickelte. Dissidenten, denen die FPÖ zu wenig weit rechts stand, spalteten sich 1967 ab und bildeten die – später verbotene – „Nationaldemokratische Partei“.
Über Jahre hinweg gab es im der FPÖ ein Ringen zwischen konservativen Liberalen und den dominierenden Rechtskonservativen und Rechtsradikalen. Letztendlich setzten sich die Rechtsrechten durch, mit Jörg Haider an der Spitze.
Braunwaschen mit Haider
Haider hantierte bewusst mit der NS-Geschichte, operierte gezielt mit dem Instrument der Fremdenfeindlichkeit und des Antisemitismus. Das freiheitliche Kokettieren mit dem österreichischen Nationalsozialismus, viele Österreicher waren aktive und engagierte Nazis, ist bekannt, weniger die radikale Minderheitenfeindlichkeit.
Besonders in Kärnten nutzten die Freiheitlichen, allen voran Jörg Haider auch als Landeshauptmann, anti-slowenische Ressentiments. Ein leichtes Unterfangen, das Vorgehen des 1918 entstandenen Königsreichs der Serben, Kroaten und Slowenen SHS und das spätere Jugoslawien gegen die deutschsprachigen Bevölkerungen in Slowenien und im serbischen Banat – äußerst gewalttätig – schürte in Kärnten die Angst vor den „slawischen“ Landsleuten und Nachbarn. Eine Angst, die von der Kärntner Politik „gehegt und gepflegt“ wurde.
Hass auf Slowenen:innen und Hetze gegen Slowen:innen zählten zum freiheitlichen Repertoire, in Abstimmung mit dem faschistoiden Kärntner Heimatdienst und dem nicht wenige radikalen Abwehrkämpferbund. Diese beiden sogenannten heimattreuen Organisationen führten erfolgreich einen hybriden Krieg gegen die slowenische Minderheit. 1972 orchestrierten die Freiheitlichen im Zusammenspiel mit den beiden Organisationen den „Kärntner Ortstafelsturm“. Hysterische Kärntner mit Schaum vor dem Mund rissen zweinamige Ortstafeln nieder.
Labor Kärnten
Diese Allianz aus Heimatverbänden und Freiheitlichen, auch Teile der konservativen ÖVP und der SPÖ „wirkten“ daran mit, verhinderte lange die Aufstellung vom zweinamigen Ortstafeln im slowenischen Sprachgebiet, zerschlug erfolgreich das zweisprachige Schulsystem im südlichen Kärnten und blockierte die Buchenstaben getreue Umsetzung des Minderheitenschutzartikels (7) des österreichischen Staatsvertrages.
Die Freiheitlichen als Speerspitze der Kärntner Politik hielten an der „ethnischen Säuberung“ der Nazis fest, die 1941 mit der „Aussiedlung“ der slowenischen Kärntner:innen das Land „slowenenfrei“ umbauen wollten. Mehr als 1.000 Slowen:innen wurden aus ihrer Heimat vertrieben. Diese „Schatten des Leids“ wurden bewusst verdrängt, gerne vergessen. Schwer wiegt die Erinnerung an diese Geschichte. Die Folge, slowenische Kärntner:innen sprachen in der Öffentlichkeit kaum mehr ihre Sprache. Aus Angst, nicht nur angepöbelt zu werden.
Diese Politik war äußerst erfolgreich. Sprachen noch vor hundert Jahren mehr als 100.000 Kärntner:innen slowenisch, sind es heute nur mehr geschätzte 10.000. Das demokratische Österreich und sein gewolltes Versagen in der „Slowenenpolitik“.
Freundliche Atmosphäre?
In den letzten Jahren versuchte der sozialdemokratische Landeshauptmann Peter Kaiser eine minderheitenfreundlichere Atmosphäre zu schaffen. Das gelang ihm auch. Immerhin, aber auch nicht mehr, findet der „Rat der Kärntner Slowenen“: Vieles ist noch nicht umgesetzt, es gibt im südlichen Kärnten keine flächendeckende slowenisch-deutsche Zweinamigkeit, die slowenische Amts- und Unterrichtssprache ist nur lückenhaft gegeben, aufgrund der Wahlgesetze wird der Einzug der slowenischen Enotna Lista seit Jahrzehnten erfolgreich verhindert.
Die Lage der Kärntner Slowen:innen beschreiben im Voices-Podcast die beiden Studentinnen Ana Grilc und Meta Vouk als düster, „Fünf nach Zwölf“.
Österreich weiß, wie Minderheitenpolitik geht. Beispiel Südtirol. Die verschiedenen österreichischen Bundesregierungen sorgten im Dialog mit den italienischen Regierungen dafür, dass die Provinz Bozen zu einer Landesautonomie kam. Österreich übt als ehemaliges „Vaterland“ eine Schutzfunktion für Südtirol aus. Warum wendet Österreich für die eigenen sechs anerkannten sprachlichen und nationalen Minderheiten nicht Südtiroler Standards an?
Die österreichische Minderheitenpolitik ist ein Trauerspiel. Südtirol ist kein Vorbild. Also eine Politik auf Augenhöhe mit Minderheiten für Minderheiten. Es setzte sich das Gegenteil durch.
Ein Bundeskanzler Herbert Kickl, er führt die Eigenbezeichnung „Volkskanzler“, wird noch weniger Wert auf eine Politik mit Minderheiten für Minderheiten legen. Das zeigt abermals das Beispiel Kärnten.
„Slowenisierung Kärntens“
Bei den letzten Landtagswahlen in Kärnten 2023 – Kickl ist seit 2021 Obmann seiner Partei – „warnte“ die freiheitliche Jugend vor einer „Slowenisierung Kärntens“. Damit, mit dieser angeblichen Angst, lässt sich Politik betreiben. Mit fast 25 Prozent rückten die Freiheitlichen hinter der noch deutlich starken SPÖ auf Platz zwei vor. Das Team K, nicht weniger „populistisch“ wie die FPÖ, wurde von zehn Prozent der Wählenden angekreuzt.
Bei der österreichischen Parlamentswahl im Herbst 2024 stimmten fast 40 Prozent der Kärnter:innen für die FPÖ, die in Kärnten regierende SPÖ rutschte weit auf Platz zwei ab. Eine deutliche Ansage für einen neuen Ortstafelsturm.
Die Freiheitlichen scheren sich wenig um die Minderheitenverpflichtungen aus dem Staatsvertrag, werden sich kaum das alte Minderheitenschutzgesetz zugunsten der Minderheiten reformieren.
Die Freiheitlichen werden Österreich umbauen, in diesem Österreich wird es keinen besonderen Platz für Minderheiten geben. Kickl suchte während der Corona-Pandemie die Nähe zu den Verharmlosern und Leugnern, zu den Impfgegnern und zu den rechtsradikalen Identitären um Martin Sellner.
In Weinkellern sangen Freiheitliche Nazi-Lieder, die jüdische Gemeinde benannte diesen „freiheitlichen Chor“ als Keller-Nazis, auch bei Begräbnissen verdienter Funktionäre stimmten Freiheitliche SS-Lieder an. Ungehindertes braunes Treiben in der „Volkskanzler“-Partei.
Die Freiheitlichen pflegen gute Kontakte zum serbischen Präsidenten Vucic, zum ungarischen Nachbarn Viktor Orban, der wiederum mit dem Slowaken Robert Fico enge Kontakte pflegt. Dieses Trio verbindet die Sympathie mit dem russischen Autokraten Wladimir Putin und seinem Krieg gegen die Ukraine. Ihr gemeinsamer Feind: Die liberale Europäische Union.
Nicht von ungefähr heißt eine ORF-Satiresendung „Gut Nacht Österreich“. Die Frage ist, wie lange diese Sendung noch ausgestrahlt wird.
Die unendliche Ortstafelgeschichte – Politik-Live
Rat der Kärntner Slowenen zeigt Haider an – oesterreich.ORF.at
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