Nordzypern-Wahlen: Für die Türkei oder für eine zypriotische Föderation?

Die Parlamentswahlen am 19. Oktober werden zu einer Schicksalsentscheidung werden

Ortskern von Rizokarpaso/Dipkarpaz auf der Karpas-Halbinsel, Zypern, mit der Agios-Synesios-Kirche, der Moschee und dem Atatürk-Denkmal. Foto: Julian Nyča - CC BY-SA 3.0

Ortskern von Rizokarpaso/Dipkarpaz auf der Karpas-Halbinsel, Zypern, mit der Agios-Synesios-Kirche, der Moschee und dem Atatürk-Denkmal. Foto: Julian Nyča - CC BY-SA 3.0

Von Wolfgang Mayr

 

Der islamistische Präsident der Türkei, Erdogan, attackierte mit Genozid-Vorwürfen Israel. Seine Armee und die „Sicherheitskräfte“ terrorisieren die „eigene“ kurdische Bevölkerung, vertrieben aus Afrin in Nord-Syrien die Kurden, bombardieren immer wieder das kurdische Rojava in Nord-Syrien aber auch angebliche Stellungen der PKK in der kurdischen Autonomie-Region im Irak.

Die Türkei Erdogans ist kein freundlicher Staat. Gemeinsam mit Israel – trotz aller Polemik – unterstützte die Türkei den Oligarchenstaat Aserbaidschan im Krieg gegen die armenische Republik und gegen die inzwischen „ethnisch gesäuberte“ armenische Enklave Arzach.

Eine Türkei, die wenig von Rechtsstaatlichkeit und Völkerrecht hält. Ob sich die Wählerinnen und Wähler Nord-Zyperns, das seit 1974 türkisch besetzt ist, dafür entscheiden, sich diesem Staat anzugliedern?

Am 19. Oktober stehen zwei Modelle zur Wahl, zwei unabhängige Staaten oder eine Föderation und damit eine sanfte Wiedervereinigung der geteilten Insel.

Der amtierende Präsident Ersin Tatar, ein Verbündeter Erdogans, wirbt für einen eigenen Staat. Dies entspricht auch der Vorgabe aus Ankara. Die Sezession ist das Ziel, das Erdogan in seinem Land heftig bekämpft, auf Zypern aber fördert. Tatar erklärte das gemeinsame Zypern als gescheitert, er will ein „neues Kapitel“ aufschlagen.

Für eine Rückkehr zum Dialog mit den griechischen Zyprioten im Süd-Teil der Insel wirbt der oppositionelle Sozialdemokrat Tufan Erhürman. Das neue Zypern soll aus zwei Teilstaaten bestehen, sein Konzept, vereint in einem föderalen Staat und Mitglied der EU. Ein Konstrukt, auf das sich griechische und türkische Zyprioten nach intensiven Verhandlungen 2008 einigten. Dieses föderale Modell der Wiedervereinigung verwarfen die Wählenden bei den Wahlen 2010.

Seitdem herrscht Stillstand. Und daran wird sich nichts ändern, analysiert das online-Magazin „Nationalia“ der katalanischen NGO Ciemen. Der türkische Einfluss in Nordzypern ist nicht übersehbar: Die Türkei stationierte 50.000 Soldaten in Nordzypern, laut  Medien-Berichten sollen künftig 100.000 türkische Soldaten den türkischen Anspruch auf Nordzypern zementieren.

Seit 1974 sind laut „Nationalia“ zehntausende Türken – allein im Zeitraum von 1974 bis 1980 zwischen 30.000 und 45.000 – in Nordzypern angesiedelt worden.

Die Türkei lässt sich Nordzypern einiges kosten, unterstützt in Millionenhöhe die türkisch-zyprischen Institutionen und Infrastrukturen, Schulen sowie Krankenhäuser. Laut dem „Nordic Research and Monitoring Network“ nutzt das türkische organisierte Verbrechen Nordzypern zur Geldwäsche für seine illegalen Geschäfte.

Angesichts dieser Verhältnisse wird sich der Sozialdemokrat Tufan Erhürman schwertun, sich gegen dieses Machtkartell durchzusetzen. Die vielen noch unentschlossenen Wähler:innen werden entscheiden, wer sich durchsetzen wird. Tatar, der Mann Erdogans oder der EU-Befürworter Erhürman.

Ein jüngste Umfrage prognostiziert Erhürman einen deutlichen Vorsprung auf Tatar. Eine weitere Wählerbefragung hingegen lässt den amtierenden pro-türkischen Präsidenten die Wahlen gewinnen.

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