Deutschland-Minderheiten: Endlich ins Grundgesetz!

Hoffentlich folgt die Bundesregierung der Empfehlung des Bundesrates

Dänen, Friesen, Sorben und Sinti zählen zu den vier autochthonen sprachlichen und nationalen Minderheiten Deutschlands. Für sie galt bisher kein bundesweiter Schutz und keine bundesweite Förderung. Foto: bpb.de

Dänen, Friesen, Sorben und Sinti zählen zu den vier autochthonen sprachlichen und nationalen Minderheiten Deutschlands. Für sie galt bisher kein bundesweiter Schutz und keine bundesweite Förderung. Foto: bpb.de

Von Wolfgang Mayr

 

Trotz nationalsozialistischer Verfolgung fanden es die wenigen Mütter und die vielen Väter der demokratischen Verfassung der BRD 1949 nicht für notwendig, den Schutz und die Förderung der sprachlichen und nationalen Minderheiten in das Grundgesetz aufzunehmen.

Im Zuge der Wiedervereinigung warb die GfbV und die verschiedenen Organisationen der Minderheiten für einen entsprechenden Passus in der angedachten gesamtdeutschen Verfassung. Daraus wurde nichts, auch nichts aus einem gesamtdeutschen Minderheitenschutz. Es war ein vergebliches Engagement.

Eine Allianz aus CDU-Rechten und akademischen Linken hatte 1994 erfolgreich verhindert, dass Gesamt-Deutschland den Minderheitenschutz in das alte Grundgesetz verankert. Der Gleichheitsgrundsatz verbietet den Minderheitenschutz, so der damalige konservative CDU-Innenminister Manfred Kanther. Linke orteten im Minderheitenschutz völkisches Denken, ein Hindernis, auf dem Weg in die multikulturelle Gesellschaft.

Nur so viel, laut der „euromosaic„-Studie de EU-Kommission war damals schon – 1996 – das Friesische „nicht überlebensfähig“; Dänisch und Sorbisch galten als „bedroht“. Die Lage entsprach dem europaweiten Zustand der „kleinen Völker“ – gefährdet bis bedroht.

Immer wieder wiesen die Gegner eines bundesweiten Minderheitenschutzes darauf hin, dass die Bundesländer Schleswig-Holstein, Brandenburg und Sachsen in ihren Verfassungen diesen Schutz beinhalten. Ein bundesstaatlicher Schutz wurde als verzichtbar abgewiesen.

 

Anerkennung der autochthonen Anderen

Diese drei Bundesländer sorgten für einen neuen Versuch, für einen neuen Anstoß. Auf ihre Initiative hin forderte der Bundesrat die Bundesregierung, die vier autochthonen nationalen Minderheiten und Volksgruppen in das Grundgesetz aufzunehmen. Die dänische Minderheit, die friesische Volksgruppe, die sorbische Minderheit sowie die deutschen Sinti und Roma sollen künftig – eine klare Forderung des Bundestages – ausdrücklich im Grundgesetz genannt werden.

Das Minderheitensekretariat, das gemeinsam mit dem Minderheitenrat die Interessen der autochthonen nationalen Minderheiten und Volksgruppen vertritt, begrüßten den bundesratlichen Vorstoß. Der Minderheitenrat begrüßte die Entscheidung: „Die nationalen Minderheiten sind ein unverzichtbarer Bestandteil der deutschen Geschichte und Kultur … was sich auch in der Verfassung widerspiegeln muss“, erklärte Vorsitzende Gitte Hougaard-Werner.

76 Jahre warten nun die Minderheiten auf eine Anerkennung im Grundgesetz. Peinlich, angesichts der deutschen Geschichte der Verfolgung der Minderheiten und ihrer Angehörigen. Auch sie gerieten in die Vernichtungsmaschinerie des NS-Staates wie die Minderheiten in der damaligen „Ostmark“ – Österreich – auch. Österreich ist in der Umsetzung – trotz entsprechenden Artikels im Staatsvertrag – unverständlich säumig.

 

Und die Erfolgschancen?

Wie stehen die Aussichten auf Erfolg, nach dieser Forderung des Bundesrates? Bereits 2019 war eine ähnliche Initiative aus Schleswig-Holstein gescheitert. Der Antrag erreichte nicht einmal die Tagesordnung der Bundesrat-Sitzung. Gitte Hougaard-Werner vom Minderheitenrat sieht jetzt die Bundesregierung in der Pflicht.

Immerhin ist Deutschland ist der Zwischenzeit internationale Verpflichtungen eingegangen, ratifizierte die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen und das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten. Warum nicht diese beiden Europarats-Dokumente in deutsches Recht umwandeln und die Landesverfassungen von Schleswig-Holstein, Brandenburg und Sachsen zum Vorbild nehmen?

Gitte Hougaard-Werner vom Minderheitenrat erklärt: „Jetzt ist die Bundesregierung am Zug. Die nationalen Minderheiten … verdienen besonderen Schutz und Förderung.“

Hoffentlich folgt die Bundesregierung diesem Wunsch. Eine nächste Bundesregierung unter der Führung oder Teilhabe der in Teilen rechtsextremen AfD wird wohl kaum auf Forderungen der nationalen Minderheiten eingehen.

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