València     

Wenn Rechtsradikalismus tötet

Von Simon Constantini

Nach einem fragwürdigen Bericht auf Rai Südtirol  hat sich Simon Constantini die Unwetterkatastrophe im País Valencià näher angeschaut. 

In dem Bericht wird — in Berufung auf Markus Böhnisch, der für den Schweizer Rundfunk vor Ort war — behauptet, das Krisenmanagement habe vor allem darunter gelitten, dass sich Spanien derzeit in einen föderalistischen Staat verwandle und die Kompetenzfrage unklar gewesen sei. 

Das sagt Böhnisch aber im Interview so gar nicht — und vor allem stimmt es nicht. Spanien entwickelt sich nicht gerade in einen föderalistischen Staat, sondern ist schon einer. Die Kompetenz für die Unwetterwarnung und den Katastrophenschutz liegt eindeutig auf regionaler Ebene. 

Wenn Rai Südtirol — und in diesem Fall auch Böhnisch — nahelegt, dass mehr Zentralismus die Lösung gewesen wäre, sich Madrid aber nicht getraut habe, sich in die Zuständigkeiten von València einzumischen, greift das viel zu kurz.

Nicht der Föderalismus ist schuld

Präsident Carlos Mazón vom weit rechten Partido Popular (PP) ist seit Juli 2023 im Amt und hat rund ein Jahr lang mit der rechtsextremen Vox gemeinsam regiert, bis diese auf dem gesamten Staatsgebiet im Streit mit dem PP aus den gemeinsamen Regierungen (aber nicht aus den Koalitionen) ausgetreten ist. 

Bis dahin hatten die Klimawandelleugner bereits — in einer Trump oder Milei würdigen Aktion — die folgenreiche Entscheidung getroffen, das regionale Notlagezentrum Unitat Valenciana d’Emergències ersatzlos abzuschaffen.

Am Tag der Flutkatastrophe (29. Oktober) trug Mazón selbst als oberster Zivilschützer auch noch massiv dazu bei, dass die regionalen Behörden versagten. So postete er nach 13 Uhr in den sozialen Medien ein (in der Nacht wieder gelöschtes) Video, in dem er bei einem öffentlichen Auftritt darauf hinwies, dass sich die Situation in den folgenden Stunden beruhigen und das Unwetter weiterziehen würde. Dies entbehrte jeglicher wissenschaftlichen Grundlage und wiegte die Menschen in falscher Sicherheit. 

Nicht nur: Ohne eine offizielle Katastrophenwarnung wurden zum Beispiel auch tausende Arbeitende von ihren Arbeitgeberinnen nicht vorzeitig nach Hause geschickt. Genau zum Zeitpunkt, als die Folgen des Kaltlufttropfens ihre verheerendste Wirkung entfachten, befanden sich dann besonders viele Pendlerinnen auf den Straßen — und wurden mit ihren Fahrzeugen weggeschwemmt.

Während die Meteorologinnen spätestens am Vortag vor einer schweren Katastrophe gewarnt hatten, bekamen die Bürgerinnen erst am Abend des 29. Oktober eine offizielle Warnung auf ihre Mobilgeräte — als die Flut ihren Höhepunkt vielerorts bereits überschritten hatte. Ob das abgeschaffte Notlagezentrum dieses Versagen verhindert hätte, lässt sich nachträglich natürlich nicht beweisen, die Wahrscheinlichkeit ist aber sehr groß.

Ja, in diesem speziellen Kontext eines völlig unfähigen, rechtspopulistischen Regionalpräsidenten wäre es natürlich besser gewesen, wenn sich jemand anderes eingeschaltet und an seiner Statt für ein besseres — ja überhaupt irgendein — Management gesorgt hätte. Dabei ist unerheblich, ob dies eine ihm untergeordnete Regionalbehörde, eine Provinzverwaltung, der Zentralstaat oder die EU gewesen wäre; schlimmer als Mazón, der wohl hunderte Menschenleben auf seinem Gewissen hat, hätte es kaum jemand machen können. Er hat ja nicht bloß nichts getan, sondern auch noch dezidiert kontraproduktiv gehandelt.

Mit Zentralismus und Föderalismus hat das aber wenig bis gar nichts zu tun: Wenn egal auf welcher Regierungs- und Verwaltungsebene Menschen an der Macht sind, die nicht nur unfähig, sondern auch noch derart ideologisch verblendet sind, dass sie die Unversehrtheit der Bevölkerung in einer Notlage massiv gefährden, kann sich das verheerend auswirken.

Anders gesagt: Nicht der Föderalismus ist tödlich, sondern der grassierende Rechtspopulismus, der die akute Klimakrise leugnet und Maßnahmen dagegen verhindert. Daran sollten wir beim Wählen stets denken, speziell die, die glauben, eine »Protestwahl« könne ja mal nicht schaden.

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