USA-Menschenrechte: Gesäuberter Bericht

Die Trump-Regierung ließ aus ihrem Report die Begriffe indigene Rechte und Klimawandel streichen

Im neuen Menschenrechtsreport des US-Außenministeriums kommen die Begriffe indigene Rechte und Klimawandel nicht mehr vor. Stattdessen wird der linke brasilianische Präsident Lula da Silva wegen angeblicher Verfolgung seines Vorgängers Bolsonaro scharf kritisiert. Foto: wwf.de

Im neuen Menschenrechtsreport des US-Außenministeriums kommen die Begriffe indigene Rechte und Klimawandel nicht mehr vor. Stattdessen wird der linke brasilianische Präsident Lula da Silva wegen angeblicher Verfolgung seines Vorgängers Bolsonaro scharf kritisiert. Foto: wwf.de

Von Wolfgang Mayr

 

Inside Climate News, eine öko-soziale Website mit Schwerpunkten Klima, Energie und Umwelt, schaute sich den US-Bericht über die Menschenrechtslage genauer an. Katie Surma und Peter Aldhous waren nicht wenig erstaunt. Indigene Rechte und Klimawandel kommen als Begriffe nicht mehr vor. Indian Country Today stellte die Inside Climate News-Analyse auch online.

Das Außenministerium ging in seinem Report auf die angebliche Unterdrückung der Meinungsfreiheit in Deutschland ein. Diese haltlose Kritik war für Außenminister Rubio wesentlicher als der Inhalt im Entwurf der Biden-Regierung. Diese wurde grundlegend umgeschrieben, lautet die Analyse von Inside Climate News. Der Bericht wurde, nicht wie bisher üblich in März oder April veröffentlicht, sondern nach den “Säuberungsaktionen” erst mit einiger Verspätung. Außerdem wurde der Report auf ein Drittel der Länge der Berichte von 2023 reduziert.

Kein Wunder, bisher wesentliche Themen kommen einfach nicht mehr vor. So ergab die ICN-Analyse, dass Berichte über die Lage indigener Völker völlig fehlen, der Begriff “Indigene” kommt nur mehr fallweise vor.

 

Gelöschte Kritik

Im Biden-Entwurf wurden Staaten kritisiert, indigene Gemeinschaften bei Öl- und Gasbohrungen sowie Bergbau-Projekten übergangen zu haben.  Genauso wies der ursprüngliche Report auf den Landraub hin, den indigene Gemeinden ausgesetzt sind, wie auch dem illegalen Holzschlag. Betont wurde außerdem die reale Gefahr, der indigene Landverteidiger ausgesetzt sind, wenn sie sich friedlich gegen die Umweltzerstörung wehren.

Am Beispiel Honduras beschrieben die Autor:innen des Biden-Berichts die dramatische Lage, die Gewalt gegen indigene Völker und Umweltschützer, wenn sie Land und Leute verteidigen. Hinzu zum Landraub und dem Plündern von Rohstoffen kommen noch Korruption, mangelnde Transparenz und weitere kriminelle Aktivitäten. Oft unter staatlicher Schirmherrschaft.

Laut Inside Climate News säuberten die neuen Beamten des Außenministeriums auch die Berichte über die Korruption, die oft mit Umweltzerstörung einhergeht. Zwei Drittel dieser Informationen wurden kurzerhand gestrichen.

 

Weniger Augenmerk auf Aktivist:innen

Die Jahres-Berichte des Außenministeriums waren bisher immer die umfangreichsten und umfassendsten Darstellungen zu Menschenrechtsfragen weltweit. Für viele indigene und sonstige Aktivist:innen ein wichtiges Instrument in ihrem Engagement. Es waren oft die Berichte des US-Außenministeriums, die auf Übergriffe auf indigene Völker aufmerksam machten.

Damit ist es nun vorbei. Das Beispiel Brasilien zeigt, wie die Trump-Regierung die Akzente setzt. So stellte der Report von 2023 der Biden-Regierung fest, dass die Gewalt gegen indigene Völker in Brasilien während der vierjährigen Präsidentschaft des Trump-Verbündeten Jair Bolsonaro zugenommen hat: Durchschnittlich 374 gewalttätige Übergriffe pro Jahr.

Der Brasilien-Bericht für 2024 hingegen unterlässt jede Erwähnung von “indigenen Völkern”. Ganz im Sinne seines Präsidenten attackieren die Beamten von Außenminister Rubio die linke brasilianische Regierung. Der Vorwurf, die Linken würden die Bolsonaro-Anhänger unverhältnismäßig unterdrücken. Präsident Trump sprach deshalb gar von “schwere Menschenrechtsverletzungen”. Bolsonaro wollte, wie sein Vorbild Trump auch, gegen seinen wahlsiegenden Konkurrenten Lula da Silva putschten.

 

Deftige Kritik an der Zensur

Laut Edson Krenak von Cultural Survival untergräbt der Report die “Kämpfe der indigenen Völker für Souveränität, Gerechtigkeit und demokratische Werte.” Krenak wirft der US-Regierung vor, jene Konzerne schützen zu wollen, die verantwortlich sind für die illegale Enteignung indigenen Landes, für Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen an indigenen Völkern

Während Menschenrechts-Aktivist:innen im Bericht noch erwähnt werden, fehlen die Hinweise auf die Verfolgung und auch Ermordung von Umweltschützer:innen.

Michael Posner, von 2009 bis 2013 einer der Autoren der Reporte, kritisiert die politische Einmischung. Deshalb ist der nun vorliegende Bericht auch weniger sachlich, weniger glaubwürdig oder gar nützlich. Posner stand dem Büro für Demokratie, Menschenrechte und Arbeit vor. Im Zuge der Doge-Aktivitäten von “Minister” Musk wurde das Büro aufgelöst und die Beamten entlassen.

Desirée Cormier Smith, einst Sonderbeauftragte für ethnische Gleichheit und Gerechtigkeit im Posner-Büro, staunte nicht wenig, dass ihre Berichte über indigene Völker, Frauen, LGBTQI+-Personen sowie über ethnische Diskriminierung restlos aus dem Report entfernt wurden. Es geht nicht mehr um den Schutz der verwundbarsten Menschen, stellte Smith schockiert fest. Sie erinnerte auch daran, dass Angehörige indigener Völker die ersten Menschen sind, die an den Folgen des Klimawandels leiden.

Mary Lawlor, UN-Sonderberichterstatterin, äußerte sich “entsetzt” darüber, dass das Außenministerium die Berichterstattung über Angriffe und Tötungen von Menschenrechtsverteidigern reduziert. Im vergangenen Jahr sind mehr als 320 Umwelt-Aktivist:innen ermordet worden. Die Gewalt an Aktivisten nimmt zu und genauso die Zerstörung der Umwelt – auch durch die Klimakrise – geht ungehindert weiter.

Für Donald Trump gibt es den vom Menschen verursachten und somit verschuldeten “Klimawandel” nicht, deshalb scheint dieser auch nicht mehr im Report auf.

 

Entsetzter Weltklimarat

Der Weltklimarat, ein Gremium internationaler Wissenschaftler, hingegen warnt: Der Klimawandel verstärkt Dürren, Überschwemmungen und andere extreme Wetterereignisse, gefährdet die Wasser- und Nahrungsversorgung, verursacht Flucht und Vertreibung und schädigt letztendlich die menschliche Gesundheit. Diese Erkenntnisse teilen Menschenrechtsexperten, Ärzt:innen, Gerichte und weitere Fachleute.

Der Klimawandel verschärft auch die bestehende Verwundbarkeit von Kindern und Frauen. Trotzdem, die Hinweise darauf kommen im aktuellen Report nur mehr spärlich vor, gar nicht mehr “Gender” und “LGBT”, laut Trump nur woke Spalterei und Hetze.

Im Juli bezeichnete der Internationale Gerichtshof den  Klimawandel als “existenzielle Bedrohung” und deshalb die Regierung verpflichtet sind, dagegen vorzugehen. Weil die “Umwelt ist die Grundlage für menschliches Leben, von der die Gesundheit und das Wohlergehen sowohl heutiger als auch künftiger Generationen abhängen.” Kurz formuliert, die Auswirkungen des Klimawandels beeinträchtigen das Recht auf Leben.

Nicht von ungefähr warnt deshalb die Weltgesundheitsorganisation WHO: Der Klimawandel wird zwischen 2030 und 2050 voraussichtlich zu zusätzlichen 250.000 Todesfällen jährlich  “beitragen”.

Die Doge-Beamten sorgten auch dafür, dass enge Verbündete der Trump-Regierung, einschließlich El Salvador und Israel, kaum kritisiert werden.

 

Heritage für Trump

Diana Furchtgott-Roth von der Heritage Foundation (die Macher des projects 2025) weist die Kritik von Inside Climate News zurück. Sie verteidigt Präsident Trump, der glaubt, dass die Verbrennung fossiler Brennstoffe die Menschenrechte auf der ganzen Welt verbessert, weil der Zugang zu Energie die Armut lindert.

“Die Regierung glaubt nicht, dass es einen Zusammenhang zwischen CO2 und anderen Treibhausgasemissionen und der Umwelt gibt“, ergänzte Furchtgott-Roth und verwies auf die neue Feststellung der US-Umweltschutzbehörde EPA, dass klimaerwärmende Gase der öffentlichen Gesundheit nicht schaden.

Dem widersprechen führende Klimawissenschaftler:innen mit ihren Studien: Die Treibhausgase wirken sich schädlich auf das Klima aus. Diese Gase verändern langfristig die Lebensbedingungen auf der Welt und gefährden damit das Leben der Menschen.

Diese von der US-Regierung negierte Entwicklung stellt die politische und soziale Ordnung auf den Kopf,” warnt Kirk Herbertson von EarthRights International. Für Herbertson sind die Treibhausgase “hochrelevanter Verstärker bestehender Bedrohungen und Probleme”.

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