USA-Florida: Von der “Säuberung” der Geschichte

Auf Anordnung von Präsident Trump wird die “spalterische Geschichte” ausgemerzt

In dieser ehemaligen spanischen Festung – Fort Marion / Castillo de San Marcos, in Florida - wurden über Jahrzehnte Angehörige verschiedener indianischer Völker wegen ihres Widerstandes gegen die USA interniert. Die darin angebrachten Info-Tafeln sollen abgenommen werden, fordert Präsident Trump. Foto: National Park Service, www.nps.gov, Public Domain

In dieser ehemaligen spanischen Festung – Fort Marion / Castillo de San Marcos, in Florida - wurden über Jahrzehnte Angehörige verschiedener indianischer Völker wegen ihres Widerstandes gegen die USA interniert. Die darin angebrachten Info-Tafeln sollen abgenommen werden, fordert Präsident Trump. Foto: National Park Service, www.nps.gov, Public Domain

Von Wolfgang Mayr

 

Als “spalterisch” empfindet Trump die Aufarbeitung der US-Geschichte, die Eroberung des Landes, die fast erzielte Vernichtung der Ureinwohner, die Versklavung der Afrikaner und deren Diskriminierung. Unpatriotisch, also unamerikanisch und nestbeschmutzend ist diese Darstellung der “glorreichen Geschichte” der USA, ließ Trump Museen und andere Institutionen der Erinnerung wissen.

Trump ordnete den Verwaltern der US-Geschichte an, “Wahrheit und Vernunft in der amerikanischen Geschichte” wieder herzustellen.

Ein Beispiel dieser absurden Umschreibung der gewalttätigen Historie ist das Fort Marion in Florida. Amelia Schäfer beschreibt auf “Indian Country Today” das Fort als ein “schmerzhaftes Vermächtnis”. In den Mauern dieses Forts sind immer noch Zeichnungen von Sonnen- und Feuertänzern zu sehen, einst dort aufgezeichnet von inhaftierten Apachen.

1924 wurde dieses Fort ein Nationaldenkmal, Castillo de San Marcos ist der ursprüngliche Name der spanischen Festung. Erst vor drei Jahren wurden im Fort in Zusammenarbeit mit den Cheyenne- und Arapaho von Oklahoma von der Park-Verwaltung Info-Tafelns angebracht. Info-Tafeln, die jetzt beseitigt werden sollen. Weil spalterisch, unpatriotisch und unamerikanisch.

In Castillo de San Marcos, später Fort Marion, internierten die USA zwischen 1800 und 1900 Tausende Ureinwohner. Sie waren die Verlierer der “Indianerkriege”, wurden in Florida “kaserniert”, später dann in ihre Reservate umgesiedelt.

Diese älteste gemauerte Festung der Vereinigten Staaten funktionierten die USA in eines der größten Internierungslager für Angehörige der besiegten indigenen Völker um: Seminole, Cheyenne, Arapaho, Kiowa, Comanche, Caddo und Apachen.  Die Seminolen, darunter Osceola, waren die ersten Ureinwohner, die in diesem Fort gefangen gehalten wurden. Die Gedenktafel im Fort erwähnt zwar die Gefangenschaft von Osceola, nicht aber die Internierung der Seminolen.

Unerwähnt blieb auch, dass Apachen-Kinder aus dem Fort in die Internate deportiert wurden. Ein Drittel dieser Kinder starb auf dem “Transport” dorthin.

Die Lebensbedingungen im Fort waren miserabel, zitiert “Indian Country Today” Michael Darrow, Historiker der Fort Sill Apachen in Oklahoma. Die Gefangenen wurden in engen, überfüllten Zellen festgehalten. “Die Vereinigten Staaten sollten sich an solche Dinge erinnern, weil sie wissen müssen, was in der Vergangenheit passiert ist und was möglicherweise in der Zukunft passieren könnte“, wirbt Darrow für die unverfälschte Darstellung der Geschichte. Darrow wendet sich gegen die geplante Um- und Schönschreibung der Eroberung.

Und die Seminolen drängen darauf, in der Geschichtsschreibung im Fort vorzukommen, ihre Geschichte des Widerstandes, ihrer “Aussiedelung” und ihre Rückkehr ins eigene Land. “Wir bewahren die Geschichte“, erzählte Jeff Harjo von den Seminolen in Oklahoma. „Wir leben noch. Einige von uns sind in Oklahoma und andere in Florida, wir leben noch. Wir sind nicht verschwunden.”

Die für das Fort zuständige US-Parkverwaltung griff diese Anregungen auf. Das Erinnern daran entspricht aber nicht dem patriotischen Wert von Präsident Trump. Das nennt der ehemalige Chef der Park-Verwaltung, Chuck Sams, Zensur. Sams, Angehöriger der Cayuse und Walla Walla, wurde von der Biden-Regierung ernannt und ist inzwischen abgelöst worden. Wahrscheinlich wird aus der geplanten Ergänzung der Erinnerung nichts.

Und noch eine Geschichte wurde in diesem Fort ausgeblendet. An den Wänden wurden Fingerabdrücke von Sklavenkindern entdeckt. Sie und ihre Eltern hatten das Fort gebaut.

Wahrscheinlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch die lückenhaften Info-Tafeln aus dem Fort verschwinden. Weil unpatriotisch, unamerikanisch, spalterisch.

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