Von Wolfgang Mayr

Wen wundert es, die Ukrainerinnen und Ukrainer fühlen sich verraten. Sie wurden verraten vom „Führer“ der „freien Welt“. Deal-Maker Trump überlasst seinem russischen Partner Putin die Ukraine.

Tanja Tricarico greift in der Tageszeitung TAZ aber auch den restlichen Westen an. Es gibt keine klare westliche Positionierung gegen Trump und seinem Diktat-Frieden. Ihr Fazit: Europa hat die Ukraine verraten.

Sehenden Auges schauten die EU-Politiker zu, wie Trump den Krieg beenden will, nämlich auf Kosten der Ukraine. Die Ukrainer:innen müssen die Folgen dieses Deals tragen, später dann die Nachbarn Polen und Deutschland, wenn hunderttausende Menschen aus ihrem Land vor der russischen Aggression fliehen werden.

Was machten und treiben die europäischen Regierungschefs, sie reden, reden, reden. Groß ist die Freude über die antiukrainische Politik der Trump-USA beim Ungarn Viktor Orban und beim Slowaken Robert Fico, der eine „Nationalkonservativ“, der andere „Linkspopulist“.

Keine Frage, wer wünscht der Ukraine nicht den Frieden. Wird das von Trump und Putin vereinbarte Kriegsende den Frieden bringen?

Deal-Gewinner Putin

Gewinner des Deals der Marke Trump ist der russische Kriegspräsident Putin, Freund von Fico, Orban, der AfD-Spitzenkandidaten Alice Weidel und auch des vorübergehend gescheiterte „Volkskanzlers“ Herbert Kickl von der Freiheitlichen Partei Österreichs FPÖ.

Putin darf laut Trump die Krym und die bereits annektierten und besetzten ostukrainischen Regionen „behalten“, die Ukraine darf nicht der NATO beitreten, den Aufbau des von der russischen Armee zusammengeschossenen Landes darf die EU finanzieren. Die Ukraine, die mit diesem „Friedens“-Deal ein Fünftel seines Territoriums verliert, bleibt weiterhin Beute Russlands.

Zerbricht die Ukraine?

Die Ukraine wird einen hohen Preis für diesen Trump-Plan zahlen, Trump belohnt Putin für seinen „Überfall“, initiiert vor drei Jahren. Trump dealte mit Putin, über die Köpfe der ukrainischen Betroffenen und der EU hinweg.

Was wird passieren? Möglicherweise bricht die Ukraine auseinander, prophezeite der österreichischer Schriftsteller Karl-Markus Gauß schon im Februar 2022, gleich nach Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. Gauß zitierte in einem Interview mit der österreichischen Tageszeitung „Der Standard“ ukrainische Freunde: „Was meine ukrainischen Freunde für ein reales Szenario halten, das ist der Zerfall der Ukraine in einen russischen und einen westorientierten Teil, der sich vage an uralten historischen Grenzen vollzieht. Die meisten sind darüber entsetzt, aber gar nicht einmal alle”.

Lüsterne Nachbarn

Und Annexionsgelüste pflegen auch die bisherigen ukrainischen Nachbarn. Der rechtsradikale rumänische Präsidentschaftskandidat Calin Georgescu möchte die Nordbukowina und Transkarpatien, einst angeblich rumänisches Territorium, “heimholen”. Für Georgescu ist die Ukraine ein “fiktiver Staat”, der rumänische Faschist teilt damit die Thesen Putin.

Auf die zwei Regionen, Nordbukowina und Transkarpatien, ist auch das Orban-Ungarn scharf, leben dort doch ungarische Minderheiten. Der ungarische Ministerpräsident denkt aber weiter: Siebenbürgen, ungarisch Erdély in Rumänien, gehörte einst zu Ungarn. Wahrscheinlich wird Orban, seinem Vorbild Putin folgend, über Rumänien herfallen.

Und auch die Fico-Slowakei grenzt an die Ukraine. Die damalige Tschechoslowakei musste nach dem Zweiten Weltkrieg auf Druck der Sowjetunion einen Teil ihrer Karpaten an die Ukraine “abgeben”. Ob die braun-rote Koalition in Bratislava, Preßburg, revisionistische Gelüste hegt?

US-Präsident Trump und sein neuer Imperialismus machen das möglich. Wahrscheinlich nennt der australische Historiker Christopher Clark den Gang dieser Dinge als Schlafwandlerei hinein in die nächste europäische Katastrophe. Sehenden Auges.