20-11-2025
Türkei-Kurdistan: KNK fordert eine demokratische Öffnung
Die PKK hat ihren „bewaffneten Kampf“ aufgegeben, die erhofften türkischen Schritte blieben bisher aus
Die kurdische Parte DEM und der Dachverband kurdischer Nationalkongress KNK fordern den türkischen Staat zu Verhandlungen über die "kurdische Frage" auf. Foto: qad.de
Von Wolfgang Mayr
Der „Kurdische Nationalkongress“ (Kongreya Neteweyî ya Kurdistanê) KNK fordert von der türkischen Regierung “konkrete Schritte“ für den Friedensprozess. Und zwar zwischen der Türkei und der PKK. Das Prinzip dabei sollte auf Gegenseitigkeit beruhen.
Die KNK nannte als konkrete Schritte die Freilassung des PKK-Gründers Abdullah Öcalan und seine Teilnahme am Verhandlungsprozess.
Die Forderung der KNK, einer Dachorganisation linker kurdischer Bewegungen und Parteien mit Sitz in Brüssel, hängt mit dem Rückzug der PKK – sie steht noch immer auf der Liste der Terrororganisationen – aus der Türkei zusammen. Die PKK-Milizen zogen sich nach Südkurdistan zurück, in die autonome kurdische Region im Irak.
Der KNK spricht von einem historischen Schritt, beendete er doch den seit 1978 andauernden Krieg zwischen der PKK und dem türkischen Staat. Im vergangenen Mai hatte die PKK PR-mäß angekündigt, ihren Krieg gegen den Staat aufzugeben und sich aufzulösen.
Als einen weiteren konkreten Schritt definiert die PKK die gesetzliche Möglichkeit, ihre Mitglieder in das politische und gesellschaftliche Leben mit allen bürgerlichen Rechten einzugliedern. Der dritte konkrete Schritt ist für die PKK eine offene Debatte über die Rechte des kurdischen Volkes.
Zwar begrüßte die islamistische Regierungs-„Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung“ (Adalet ve Kalkınma Partisi, AKP) den Rückzug, schwieg sich aber bisher über Verhandlungen mit der PKK aus.
In der Türkei drängt die größte kurdische Partei DEM zum Handeln. DEM-Vertreter:innen trafen sich dazu auch mit Präsident Erdoğan.
Trotz der neuen PKK-Politik scheinen Erdoğan und sein Machtapparat an der bisherigen repressiven Linie festzuhalten. Polizei und Justiz gehen massiv gegen Oppositionspolitiker vor, nach der Absetzung von zehn Bürgermeister:innen in Türkisch-Kurdistan wendet sich der Staat gegen Bürgermeister der türkischen Oppositionsparteien zu. Wegen fadenscheiniger An- und Vorwürfe wurde Bürgermeister Ekrem İmamoğlu von Istanbul verhaftet, eine der Hochburgen der sozialdemokratischen Republikanischen Volkspartei CHP.
Seit dem angeblichen Putsch 2016 wurden mehr als 10.000 Bürger:innen verhaftet, politisch unbequeme und „gefährlich“ werdende Politiker:innen auf diese Weise „neutralisiert“. Mehr als 45.000 vorübergehend suspendiert oder entlassen.
Die Regierungspartei AKP versicherte, auf Dialog zu setzen. Davon ist bisher in der Türkei wenig zu spüren. Mehr als 750 Organisationen forderten in der kurdischen Metropole Amed (türkisch Diyarbakır) die Anerkennung der kurdischen Sprache. Sprachen der nichttürkischen Nationen der Türkei werden nur geduldet und das nur im privaten Bereich.
In seiner Außenpolitik schürt der türkische Präsident gegen die kurdische Autonomie in Nordsyrien, denkt gar nicht daran, seine Truppen aus dem besetzten Afrin abzuziehen. Die Türkei bot gar an, die Gefangenenlager mit IS-Anhänger:innen, derzeit unter kurdische Kontrolle, übernehmen zu wollen. Ein durchschaubarer Versuch der Türkei, ohne Einsatz ihrer Armee, im kurdischen Nordsyrien Fuß zu fassen.
Diese Türkei wird kaum auf Dialog setzten. Sie mischte militärisch mit bei der Vertreibung der armenischen Bevölkerung aus Arzach in Aserbaidschan und hält am Projekt nordzypriotisch-türkischer Staat fest, obwohl die Bevölkerung eine Wiedervereinigung mit dem getrennten griechischen Teil der Insel wünscht.
Während die PKK verhandlungsbereit scheint, trifft dies auf den türkischen Staat samt seinen Präsidenten aber nicht zu.
Siehe auch:
– Selahattin Demirtaş vor türkischem Gericht – Konkrete Schritte zur Lösung der Kurdenfrage vorgeschlagen
– 30 Jahre PKK-Verbot (27. November): Ein Instrument, um Solidarität zu kriminalisieren
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