Syrien-Rojava: Die “Zivilgesellschaft” gegen kurdische Autonomie?

Die syrische Übergangsregierung setzt auf einen starken und zentralistischen Staat

Die Regionen Syriens in der Ära der Assad-Diktatur. Foto: blogspot.com

Die Regionen Syriens in der Ära der Assad-Diktatur. Foto: blogspot.com

Von Wolfgang Mayr

 

Der Friedensappell des inhaftierten PKK-Gründers Öcalan löste ein Beben aus. Im kurdisch dominierten Nord-Syrien. Die Autonomieregion kündigte ihre Auflösung an und ihre Eingliederung in den syrischen Einheitsstaat.

Das Abkommen zwischen der Interimsregierung und nordsyrischen Autonomieregierung garantiert aber im Gegenzug allen syrischen Volksgruppen die Selbstvertretung in den politischen Prozessen und staatlichen Institutionen. Präziser, die Kurd:innen sollen als indigene Bevölkerungsgruppe mit vollständigen bürgerlichen Rechten anerkannt werden.

Für die erwähnte Integration in den neuen Staat erklärten sich die Kurden bereit, ihre zivilen und militärischen Institutionen in den syrischen Staat einzugliedern. Die Übergangsregierung muss sich laut dem Abkommen dafür einsetzen, daß alle Vertriebenen in ihre Städte und Dörfer zurückkehren können und unter staatlichem Schutz stehen. Dies betrifft insbesondere die von der Türkei besetzten Gebiete Efrîn (Afrin), Serêkaniyê und Girê Spî.

Außerdem dürfe Syrien die ständigen Angriffe des NATO-Staates Türkei nicht mehr hinnehmen. Die syrische Übergangsregierung muss einen Waffenstillstand anstreben.

 

“Kurden” gegen “nationale Einheit”?

Adopt the revolution, eine Unterstützer-Plattform der syrischen Zivilgesellschaft, findet, daß es der Übergangsregierung bisher nicht gelungen ist, die nationale Einheit herzustellen. “Für die Stabilität des neuen Staates ist die Einbindung aller gesellschaftlichen, religiösen und ethnischen Gruppen entscheidend”, ist adopt the revolution überzeugt. Nur, was heißt Einbindung?

Besonders die erwünschte Einbindung der kurdischen Bevölkerung ist laut adopt the revolution eine der größten Herausforderungen für die Übergangsregierung. Die Lage in Nord-Syrien ist angespannt, die Türkei setzt ihren 2022 begonnenen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg fort und intensivierte sogar ihre Luftangriffe. Gleichzeitig erschüttern Anschläge die Region, mit zahlreichen Todesopfern.

Die Türkei drängt die angeblich moderate islamistische Regierung in Damaskus dazu, die kurdischen Milizen zu entwaffnen. Die “Demokratischen Kräfte Syriens” (SDF), das Militär der Autonomen Verwaltung, weigert sich, sich vollständig in eine nationale Armee einzugliedern. Die Kurden bestehen auf eine eigene Brigade innerhalb der Nationalarmee.

Sie fordern außerdem einen dezentralen Staat, lehnen ein zentralistisches Staatssystem ab. Auch andere Regionen unterstützen diese Forderung.

Adopt the revolution scheint dieses Konzept eines Staates der Regionen abzulehnen: “Solange der Nordosten nicht fest in den neuen Staat integriert wird, bleibt die Region ein schwelender Krisenherd”, warnt die Zivilgesellschaft. Adopt the revolution wirft den nordsyrischen Kurden vor, Entscheidungen zu treffen, “die nicht im landesweiten Konsens stehen und den nationalen Dialog umgehen. Eine stabile Grundlage sieht anders aus.” Die Kurden bleiben die Buhmännner.

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