Preußen erhalten

Münchner Meisterschülerinnen und Schüler für Bauhandwerk sanieren Schloss Steinort/Sztynort in der polnischen Woiwodschaft Mazury

Von Wolfgang Mayr

Es ist ein Knochenjob, es braucht dafür Fachwissen gepaart mit handwerklichen Fähigkeiten und Ausdauer. Das müssen die Absolventinnen und Absolventen der Meisterschule für das Bauhandwerk aus München ins ehemalige ostpreußische Steinort mitbringen. Dort revitalisieren sie das heruntergekommene Schloss Steinort, einst Familiensitz der Lehndorffs. Graf von Lehndorf zählte 1944 zum Widerstand gegen Nazi-Diktator Hitler.

Seit 2019, mit der erzwungenen Corona-Pause 2020, arbeiten die Meisterschülerinnen und Schüler jeweils im September an dem ehemaligen Familiensitz am nordmasurischen Mauersee, polnisch Mamry. Mit wenig Geld versucht ein Kreis Interessierter um Ingenieur Wolfram Jäger die Schlossanlage samt den großzügigen, aber heruntergekommenen, Bauten zu sanieren. Mit dabei auch Bettina Bouresh, Vize-Vorsitzende der Lehndorff-Gesellschaft. Sie widmet ihr Engagement dem Wiederaufbau dieses ostpreußischen Schloss-Dorfes.

Bedauerlich, wie knausrig die Bundesrepublik die Sanierung dieses preußischen Kultur-Denkmals unterstützt. Schloss Steinort steht für Ostpreußen, für seine lange Geschichte und ist ein europäischer Erinnerungsort. Das Copernico-Team des Herder-Instituts für historische Ostmitteleuropaforschung – Institut der Leibniz-Gemeinschaft in Marburgbeschäftigt sich mit der Geschichte und dem kulturellen Erbe im
östlichen Europa. Einer der Schwerpunkte dabei ist das ostpreußische Erbe in seiner ehemaligen und auch heutigen Vielfältigkeit.

In Sztynort haben sich Polen und Deutsche für den Erhalt von Schloss Steinort zusammengetan, darunter auch einige Masuren. Von ihnen, den prussischen Ureinwohnern, die der Germanisierung getrotzt haben, sich genauso der Polonisierung durch die Abwanderung nach West-Deutschland entzogen haben, sind noch Spuren enthalten.

Diese sichtbare Spur, das Schloss und das Umland, soll erhalten werden. Der nur langsam sich einstellende Fortschritt der Sanierung wird zweisprachig dokumentiert. Die im März 2023 von 34 deutschen und polnischen Expertinnen vereinbarte Konzeption will in der Lehndorff-Galerie im sanierten Schloss eine 500 jährige Geschichte anschaubar darstellen: 500 Jahre Land und Leute am Mauersee, Steinort/Sztnyortals Geschichtsort im Schatten von Katastrophen, ein Ort des Erinnerns und des Widerstandes. In Steinort soll aber nicht nur zurückgeschaut werden, denn es gibt neue Wirklichkeiten, die von unterschiedlichen Erinnerungen gefärbt sind.

Die im Umfeld des Sanierungsprojekts entstandene Academia Masuriafördert den zivilgesellschaftlichen Dialog und die gemeinsame Suche nach Antworten auf die Fragen der Zukunft. Die Academia versteht sich als Labor.

Sollte die Stiftung Preußischer Kulturstiftung nicht ihrem Namen gerecht werden, die kolonialistische Beute- und Raubkunst den Nachfahren der Enteigneten restlos zurückgeben und sich stattdessen den preußischen Spuren im östlichen Mitteleuropa widmen?

Weiterführende Informationen zum Thema „preußische Spuren“ bieten das Forum für Europäischen Dialog, die Deutsch-Polnische Stiftung Kulturpflege und Denkmalschutz und der Verband der deutschen Gesellschaft in Ermland-Masuren an.

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