Österreich-Minderheiten: Dem Sparstift fallen auch die Volksgruppen zum “Opfer”

Die Förderung der Minderheiten ist insgesamt dürftig, mit den Sparmaßnahmen wird sie noch dünner

Angehörige der österreichischen Minderheiten forderten auf ihrer Kundgebung in Wien Mitte Mai eine neue Bildungspolitik. Foto: Wolfgang Mayr

Angehörige der österreichischen Minderheiten forderten auf ihrer Kundgebung in Wien Mitte Mai eine neue Bildungspolitik. Foto: Wolfgang Mayr

Von Wolfgang Mayr

 

In einem offenen Brief übt der burgenländische Sozialdemokrat Norbert Darabos heftige Kritik. Der ehemalige Verteidigungsminister wirft SPÖ-Vorsitzenden und Vize-Kanzler Andreas Babler vor, auch die Volksgruppenförderung zu kürzen. Dafür hat er “kein Verständnis”, zitiert die Tageszeitung “Die Krone” den “fuchsteufelwilden” Sozialdemokraten Darabos.

Er wirbt für ein Umdenken, für die Beibehaltung der bisherigen Förderpraxis. Die Auswirkungen auf das Budget bleiben gering, findet Darabos: „Für das Budget hätte das nur geringe Auswirkungen. Für die österreichischen Volksgruppen wäre dies ein Signal, dass die in vielen Sonntagsreden beschworene Vielfalt österreichischer Identität kein leeres Lippenbekenntnis ist, sondern tatsächlich gelebte Politik!“

Darabos erinnert daran, dass Mitte Mai beim Festakt “70 Jahre Staatsvertrag” an die Bedeutung der Volksgruppen für die österreichische Identität erinnert wurde.

 

Grüne warnen vor Kahlschlag

Kurz nach dem Festakt wunderte sich die Minderheitensprecherin der Grünen, die Kärntner Slowenin Olga Voglauer, über die Kürzung der Volksgruppenförderung im Rahmen der Budgetkonsolidierung: “Dass ausgerechnet im heurigen Gedenkjahr und auch im nächsten Jahr bei der Volksgruppenförderung gekürzt wird, ist nicht nur unsensibel – es ist ein politisches Armutszeugnis und ein schwerer Schlag für die vielen Volksgruppenvereine.“

2023 standen den sechs anerkannten sprachlichen und nationalen Minderheiten, in Österreich als Volksgruppen bezeichnet, 7,7 Millionen Euro zur Verfügung. Immerhin, aber doch eine überschaubare Summe, die das Bundeskanzleramt zur Verfügung stellt.

Zusätzlich 344.000 Euro wurden für 172 volksgruppenübergreifende Projekte ausgegeben. Um Kinder und Jugendliche zu erreichen, spielen laut Bericht insbesondere Sportangebote eine wesentliche Rolle.

Die 7,7 Millionen Euro Minderheiten-Budget soll 2025 schrumpfen, um insgesamt 800.000 Euro. Laut Voglauer eine spürbare Kürzung, die im nächsten Jahr noch drastischer ausfallen soll.

Die Bundesregierung kürzt an der falschen Stelle, warnt Voglauer. Empfindliche Kürzungen bei den ständig schrumpfenden Minderheiten wird sich negativ auf die kulturelle Vielfalt, Engagement und Teilhabe auswirken, befürchtet Olga Voglauer.

 

Burgenländische Landesregierung fordert Gegenmaßnahmen

Die burgenländische SPÖ kündigte Gegenmaßnahmen gegen die Sparpläne an. Auf einer Sondersitzung des burgenländischen Landtages in Eisenstadt forderten SPÖ und Grüne, die Burgenland regieren, die österreichische Regierung auf, die beschlossenen Kürzungen zurückzunehmen. Auch die oppositionellen Freiheitlichen tragen diese Aufforderung mit.

Von den sechs in Österreich anerkannten Volksgruppen leben drei im Burgenland, Kroaten, Ungarn und Roma. Die regierenden Sozialdemokraten betonten, dass ihre Landesregierung 20 Millionen Euro in ein neues Volksgruppenhaus investiert. Die auf Bundesebene beschlossenen Budgetkürzungen würgen meist kleine Initiativen und Vereine im Bildungs- und Kulturbereich ab.

Die burgenländischen Sozialdemokraten regten an, statt mit Sparmaßnahmen die Vitalität der Minderheiten ernsthaft zu gefährden, neue Akzente zu setzen. So soll künftig der bisher regional begrenzte zweisprachige Unterricht, derzeit nur in den “Minderheitenregionen”, auch in Ballungsgebieten ermöglicht werden. Besonders viele Burgenland-Kroaten leben in Wien, wo sie keinen Anspruch auf zweisprachigen Unterricht haben. Es fehlt dafür die gesetzliche Grundlage.

Das österreichische Volksgruppenzentrum in Wien begrüßte den burgenländischen Vorstoß. Das Zentrum erinnert an die Vorgabe im Bundesverfassungsgesetz: “Sprache und Kultur, Bestand und Erhaltung dieser Volksgruppen sind zu achten, zu sichern und zu fördern.“ Auf Bundes-, Landes und Gemeindeebene, ergänzte das Volksgruppenzentrum. Eine doch deutliche Ansage.

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