Indianisches Manitoba

Die vom aufständischen Metis Louis Riel gegründete Provinz wird seit anfang Oktober vom Indigenen Wab Kinew regiert.

Von Wolfgang Mayr

Es ist schon einige Tage her, am 3. Oktober wählten die Bewohner von Manitoba Wab Kines von der „Neuen Demokratischen Partei“ zu ihrem Premier. Eine Welle von jungen Wählenden, die „orange wave“, spülte den ehemaligen Rapper und Bestsellerautor ins Amt. 

Der 41-jährige Kinew von der Onigaming First Nation wandte sich nach seinem Wahlsieg an die indigene Jugend, er erinnerte sie daran, Angehörige indigener Nationen zu sein, dort auch Stärke zu finden, weil sie eingebunden sind. In seiner Jugend hatte Kinew Probleme mit der Justiz, weil er als Rapper frauen- und schwulenfeindliche Texte sang.

„Mein Leben wurde unermesslich besser, als ich aufhörte, Ausreden zu finden … Und diesen Grund habe ich in unserer Familie gefunden. Diesen Grund habe ich in unserer Gemeinschaft gefunden. Und ich habe diesen Grund in unserer Provinz und unserem Land gefunden,“ sagte Kinew in seiner Ansprache.

Trotz des miserablen Wetters gingen vielen Bürgerinnen und Bürger Manitobas zur Provinz-Wahl. Die Neue Demokratische Partei von Kinew gewann 34 Sitze, die amtierenden Progressiven Konservativen nur noch 22 Sitze und die Liberalen nur noch einen. Kinew gewann mit dem Versprechen die Wahl, die Gesundheitsversorgung zu verbessern.

Der kanadische Premierminister Justin Trudeau würdigte Kinews Sieg: „Die Manitobaner haben ihren ersten indigenen Premierminister gewählt – ein historischer Sieg für die indigenen Völker und für die Kanadier“, sagte Trudeau. „Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit dem designierten Premierminister Kinew und der Provinzregierung, um Ergebnisse in den Bereichen zu erzielen, die für die Einwohner Manitobans am wichtigsten sind. Dazu gehört, das Leben für Familien erschwinglicher zu machen, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, die Aussöhnung mit indigenen Völkern voranzutreiben, mehr Häuser schneller zu bauen, unser universelles Gesundheitssystem zu stärken und den Klimaschutz zu beschleunigen und gleichzeitig mehr Geld in die Taschen der Menschen zu stecken.“

In Manitoba dominieren seit Jahrzehnten drei Parteien, die rechten Progressiven Konservativen und die linksliberale Demokratische Partei.  Die Liberale Partei, die das Land seit der Konföderation routinemäßig regiert hat, ist jetzt kein Faktor mehr in der Provinz.

Chadwick Cowie von der Michi Saagiig Nishnaabeg Nation, Assistenzprofessor für Politikwissenschaft an der University of Toronto, geht davon aus, dass diese jüngsten Wahlen das Kräfteverhältnis in der Provinz kräftig verschoben haben. Die Wahlen führen zu einer großen Veränderung und waren ein Widerstand gegen die verschiedenen Maßnahmen der Konservativen, würdigte Cowie die Wahlentscheidung. Als beeindruckend findet Cowie die starke Teilnahme der Angehörigen der First Nations an den Wahlen. Eine Woche vor der Wahl nahmen zehntausende Indigene in orangefarbenen Hemden am Nationalen Tag der Wahrheit und Versöhnung teil. Ein starkes indigenistisches Signal.

Diese orangenfarbene Welle trug auch dazu bei, dass die Neue Demokratische Partei die Wahlen deutlich gewinnen konnte.

Die rechten Progressiven Konservativen, die politischen Erben der Kolonisten, manifestierten im Wahlkampf einmal mehr, wie gering sie die indigenen Völker schätzen. Ihre Provinz-Regierung lehnte die Forderung strikt ab, jene Mülldeponie untersuchen zu lassen, in der ein Serienmörder die Leichen zweier indigener Frauen „entsorgt“ hatte. Die Opfer dieses Serienmörders sind ausschließlich indigene Frauen.

Diese indigenen- und frauenfeindliche Haltung der regierenden Progressiv-Konservative Partei unter der Führung von Heather Stephenson wurde von den Wählenden abgestraft. Damit wurde auch ein Kapitel der Kolonialisierung geschlossen. Wahlsieger Kinew warf den Konservativen vor, mit ihrer Politik die Gesellschaft von Manitoba gespaltet zu haben. Kinew freute sich darüber, dass die junge indigene Generation mit ihrer Teilnahme an den Wahlen deutlich machte, den demokratischen Prozess mitgestalten will.

Jagmeet Singh, der Vorsitzende der Neuen Demokratischen Partei, sieht den großen Verdienst von Wahlsieger Kinew darin, indigene Jugendlicher inspiriert zu haben. 

Lobende Worte kamen auch von den Politikern der First Nations. Cathy Merrick von der Pimicikamak Cree Nation würdigt das Wahlergebnis als eine Quelle des Stolzes. Sie erinnert daran, dass erstmals ein Angehöriger der First Nation einer Provinz-Regierung vorsteht. 

„Es ist ein neues Kapitel für die First Nations in dieser Provinz“, betonte Merrick. Sie geht davon aus, dass die neue Provinzregierung die Vertragsrechte der First Nations schützt und bewahrt.

Manitoba ist die einzige Provinz, die von indigenen Völkern gegründet wurde. Der aufständische Metis Louis Riel saß der ersten provisorischen Regierung von Manitoba vor. Der erste und einzige indigene Premierminister vor Kinew war John Norquay, Métis, der 1878 gewählt wurde.

Das Nordwest-Territorium hatte seit seiner Gründung indigene Premierminister, wir auch das1999 gegründete Nunavut-Territorium. Die insgesamt drei Territorien (plus Yukon) hinken autonomiemäßig hinter den zehn Provinzen her, die mehr Befugnisse haben und weniger von Bundesmitteln abhängig sind.

„Ich weiß, dass der Weg nicht einfach sein wird“, sagte Wahlsieger Kinew. „Aber es gibt eine Sache, die die Ergebnisse der Wahlen glasklar zeigen, und das ist, dass wir erstaunliche Dinge erreichen können, wenn wir zusammenstehen.“ Kinew fuhr fort: „Wir können großartige Aufgaben erfüllen, wenn wir als ein Volk zusammenstehen, und es gibt keine Herausforderung, die wir nicht bewältigen können, wenn wir uns als ein Manitoba vereinen.“

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