Indianer für Trump

Auch die Native Voters haben die Demokraten im Stich gelassen.

Von Wolfgang Mayr

Schwarze Männer stimmten für Trump, trotz vielfältiger Beleidigungen wechselten auch Latinos von den Demokraten zu den Republikanern. In den angeblichen Swing States scheinen auch die indianischen Wählenden zu den Republikanern übergelaufen zu sein.

Bisher stimmten Reservatsbewohner:innen und Stadt-Indianer tendenziell demokratisch. Kurz vor den Wahlen entschuldigte sich Präsident Biden für die Indianer-Internate und deren brutale Assimilierungspolitik. Offensichtlich wirkte diese Entschuldigung nicht mehr. Dafür sorgte eine Koalition von Ureinwohnern, die den ehemaligen Präsidenten Donald Trump unterstützte.

Die “Native Americans for Trump” warben für den republikanischen Präsidentschaftskandidaten, nicht nur bei den Lumbee in North-Carolina, im ganzen Land. Kurz vor der Wahl auch in Window Rock, der Hauptstadt der Navajo Nation. Myron Lizer, ehemaliger Vizepräsident der Navajo Nation, warnte vor einer Wahl von Harris und ihren Demokraten. “Wir dürfen nicht noch einmal dem Untergang geweiht sein“, so Lizer in der Navajo Times. Die Navajos hätten seit mehr als fünf Jahrzehnten die Demokraten gewählt, aber nichts hat sich geändert. 

Für Trump engagierte sich auch der republikanische Senator Markwanye Mullin von den Cherokee aus Oklahoma. Die Cherokee und andere aus den östlichen USA vom demokratischen Präsidenten Andrew Jackson vertriebenen Stämme wählen traditionell republikanisch, “anti-demokratisch”. Senator Mullin trat in den indianischen Gemeinden in North Carolina, Arizona und Nevada auf. Dem Magazin Politico sagte Mullin, dass die indianischen Wählenden in einigen Swing States zum Zünglein an der Waage werden. Tatsächlich wurden sie zum entscheidenden Faktor bei diesen Wahlen.

Lumbee for Republicans

Die Rechnung der Native Voters ging auf, mehr indianische Wählenden als bei den letzten Wahlen ließen sich registrieren und wählten. Aber nicht demokratisch. 

Senator Mullin und andere indianische Mitglieder der Trump-Kampagne haben die Lumbee in North Carolina besucht. Auf einer Kundgebung versprachen die republikanischen Natives die oft versprochene bundesstaatliche Anerkennung der Lumbee. Darauf warten die Lumbee nun schon seit Jahrzehnten. Das von Trump angekündigte entsprechende Gesetz blieb bereits in seiner ersten Amtsperiode in den Parlamentsschubladen liegen. Auch das von Präsident Biden vorgelegte Gesetz wurde vom Senat – in der letzten Amtsperiode republikanisch dominiert – aber nie behandelt wurde.

Trotz einer Serie pro-indianischer Initiativen beklagten mehr als 60 Prozent der Ureinwohner, dass Präsident Biden und die Demokratische Partei sich nicht um wichtige indianische Themen kümmerten.

In der Umfrage des African American Research Collaborative  2022 warfen sie Biden und seiner Partei vor, sich gegenüber den indigenen Gemeinschaften “feindlich” zu verhalten. Gar siebzig Prozent warfen der Republikanischen Partei unverhohlene Indianer-Feindlichkeit vor.

Trotzdem gaben sechzig Prozent der befragten Native Americans dem Latino Decisions Election Eve Survey an, 2020 für Joe Biden gestimmt zu haben. Bei dieser Wahl scheint sich das Verhältnis umgekehrt zu haben.

Republikanische Wühlarbeit auf den Reservaten

Die Folge der Kampagne “Native Americans for Trump” auch auf “Indianerland”, vermutet Lizer im Gespräch mit Indian Country Today. Er ist überzeugt, dass Trump der Präsident ist, “den das Indianerland” verdiene. Präsident Trump berief den profilierten Cherokee-Fachmann Tyler Fish zu seinem Berater in “Stammes-Fragen”, richtete eine Task Force ein, um Sexual- und Gewaltverbrechen an indigenen Frauen aufzuklären. Einige Stammesnationen weigerten sich jedoch, mit der Task Force  zusammenzuarbeiten. 

Lizer und Senator Mullin würdigten die angeblich hohen Investitionen zur Bekämpfung der Covid-Pandemie auf den Reservaten. Damit stärkte laut Mullin Präsident Trump das Indian Country. Allein über den Cares Act zur Bekämpfung der Pandemie flossen acht Milliarden Dollar in die Reservate. Die Zeitung New Republic erinnerte daran, dass der fraktionsübergreifende Native American Caucus wegen der herrschenden Not auf den Reservaten 20 Milliarden Dollar verlangt hatte. Trump stellte anfänglich nur drei Milliarden Dollar Covid-Hilfen an, nach langwierigen Verhandlungen kamen weitere fünf Milliarden Dollar hinzu.

Trotz seiner strikten republikanischen Überzeugung lobte Lizer die Biden-Regierung für ihre vielfältige Indianer-Politik. Der republikanische Senator Shane Jett (Oklahoma/Cherokee) stimmt Lizer zu. Der ehemalige
Beauftragte des Community Development Financial Institutions Fund des Finanzministeriums in der Trump-Ära sieht in der Wirtschaftspolitik das Instrument für eine erfolgreiche Indianerpolitik. Trump bezog immerhin die Reservate in seine Wirtschaftspolitik ein, betont Jett.

Während die Demokraten auf den Sozialismus setzen, sagt der Cherokee-Senator überzeugt, sind die Republikaner für den Kapitalismus. Der Sozialismus “ist ein No-Go für das Indianerland, ein No-Go für Amerika”, wirbt Jett für den Kapitalismus in Indian Country Today. Jett unterstützt die neuen Pläne von Trump, mit hohen Zöllen die Wirtschaft zu schützen und zu stärken.

Jett und seinesgleichen unter den indianischen Politiker:innen freuen sich über die von Trump angekündigte Energieunabhängigkeit. Die USA werden keine ausländischen fossilen Brennstoffe oder Strom importieren, sondern verstärkt Öl- und Gas im eigenen Land fördern. Mullin, Jett und Lizer sind begeistert.

Gegen staatlichen Paternalismus

Sie argumentieren, dass der Schutz des Landes durch den Bund unnötig ist. Den Stämmen muß ihre Souveränität ohne staatlichen Paternalismus ausüben können. Senator Jett unterstellt den Demokraten, mit den Schutzmaßnahmen die Erschließung von Öl und Gas auf den Reservaten blockiert zu haben. Zum Schaden der Reservatswirtschaft, viele Arbeitsplätze gingen verloren.

Senator Mullin plädiert deshalb für mehr Reservats-Autonomie bei der Ausbeutung von Rohstoffen. Ganz in diesem Sinne lobte Senator Mullin die Änderung des Indian Tribal Energy Development and Self-Determination Act 2017 durch Präsident Trump. Die Reservatsverwaltungen konnten ihre Energiepolitik ohne staatliche Umweltauflagen gestalten.

Wes Nofire, ehemaliges Mitglied des Cherokee Nation Tribal Council, hofft, dass Trump – wie versprochen – die bundesstaatliche Bürokratie abbauen wird. Hohe bürokratische Hürden verhindern laut Nofire den Zugang zu Dienstleistungen und erstickten die wirtschaftliche Entwicklung im Indian Country. Nofire freut sich über die anstehende Deregulierung zugunsten der individuellen Rechte.

Laut Nofire schränken die Bundesvorschriften die Wachstumsfähigkeit der Reservate ein. Deshalb könnten Bau- und Infrastrukturprojekte kaum verwirklicht werden, sind Bundesmittel schwer zu erhalten. Den Reservaten ist es untersagt, polemisiert Nofire gegen Vorschriften demokratischer Bundesregierungen, ihr Land zu entwickeln. Deshalb herrscht bittere Armut auf den Reservaten.  

Vorschriften und Bürokratie behindern “das Wachstum im Indianerland behindern”, ist auch Lizer überzeugt. Er begrüßt die Ankündigung von Trump, die Öl- und Gasproduktion erhöhen, besonders auch auf Reservatsland. Lizer sieht es als konsequent an, wenn Präsident Trump wieder aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigt und das Fracking uneingeschränkt zulässt.

Wirtschaft statt Öko

Für Lizer und Nofire sind ökologische Bedenken pure Ideologie, Jett dementierte den Fakt des Klimawandels. “Wir sind gegen Umweltverschmutzung”, beteuerte Jett, “aber wir wissen, dass unser Schöpfer Öl gemacht hat, unser Schöpfer hat Gas gemacht, unser Schöpfer hat Ton gemacht, all diese Dinge hat er für unseren Gebrauch gemacht.” Deshalb hat der Klimawandel für ihn nicht oberste Priorität. 

Trump setzt auf die Energieunabhängigkeit der USA, seine republikanischen Indianer stimmen dem zu. 2020 wurden die USA seit 1952 wieder zum Nettoexporteur von Erdöl. In der Biden-Ära lag laut der Energy Information Administration die tägliche Rohölproduktion mit durchschnittlich mehr als 13.000 Barrel pro Tag weit über der Produktion während der Trump-Präsidentschaft. Ein weltweit unerreichbarer Spitzenwert. Trotzdem, die USA importieren jedoch immer noch Energie und sind nicht energieunabhängig.

Der Navajo Lizer ist überzeugter Republikaner, für die militärische Unterstützung Israels, gegen die militärische Unterstützung der Ukraine und gegen eine Mitgliedschaft der USA in der Weltgesundheitsorganisation WHO. Mit dem WHO-Geld sollte die Grenzmauer zu Mexiko finanziert werden.

Diverse Republikaner

Eine Agenda, die offensichtlich indianische Wählende mehrheitlich überzeugte. Der Zusammenarbeit zwischen Reservaten und der neuen republikanischen Bundesregierung steht laut Lizer nichts mehr im Weg. Auch in der Vergangenheit suchten Reservatsverwaltungen mit beiden Parteien auszukommen, zu kooperieren. “Alles, was jemals im Indianerland passiert ist, geschah immer in einem überparteilichen Klima oder einem überparteilichen Ansatz”, analysiert Lizer das politische Agieren der indianischen Minderheit. 

Bei diesen Wahlen haben die Republikaner die Indianer “bedient”, massiv umworben. Die Trump-Kampagne in Staaten wie Wisconsin, Nevada, Arizona, Michigan, Minnesota, North Carolina, Alaska und Montana zielte bewußt auf die indianischen Bevölkerungsgruppen ab. In diesen Staaten wuchs die indigenen Bürger:innen zu einer wichtigen Wählergruppe heran und entschieden mancherorts das Wahl-Rennen zugunsten von Trump und den Republikanern.

Native Americans, schwarze Männer, Latinos, die Außenseiter des WASP-Landes (white, anglo-saxon protestant) liefen scharenweise zu den republikanischen Verteidigern der white supremacy über, deren konservative bis reaktionäre Wählerbasis – das weiße Proletariat – auf dem Land zuhause ist. Der “weißen Vorherrschaft” ist es gelungen, sich divers aufzustellen. 

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