Der indigene Kontinent

Pekka Hämäläinen zeichnet eine andere Geschichte Amerikas

Von Wolfgang Mayr

Der finnische Wissenschaftler Hämäläinen schickt diese These voraus: Die indianischen Nationen Nordamerikas waren weder wehrlose Opfer noch grausame Krieger. Seine Geschichte des indigenen Amerika ist ein Gegenentwurf, das indigene Amerika war trotz der europäischen Invasion jahrhundertelang noch souverän.

Pekka Hämäläinen, Professor für Amerikanische Geschichte an der University of Oxford, zeichnet ein anderes Geschichtsbild, er schaut anders auf die Historie der Ureinwohner Nordamerikas. Bekannt wurde er mit seiner Studie aus dem Jahr 2008 über Das Imperium der Comanchen. Er räumt mit beiden Bildern auf, von den “edlen Wilden” und den hilflosen Opfern.

Das Buch “Der indigene Kontinent – eine andere Geschichte Amerikas” dokumentiert einen langen und zeitweise auch erfolgreichen Widerstand gegen die Kolonisierung sowie den versuchten und auch vollzogenen Genozid durch die neuen Siedler. Laut Hämäläinen war für die Ureinwohner der Krieg oft das letzte Mittel, sie versuchten sich mit losen Bündnissen und auch weitreichenden Konföderationen gegen die europäische Flut zu wehren.

Lange diktierten die Indigenen erfolgreich bei Verhandlungen den europäischen Kolonialisten die Bedingungen. Kleinere Nationen operierten mit der strategischen Mobilität: Sie verbargen sich in der weiten landschaftlichen Vielfalt Nordamerikas, suchten Zuflucht in den Wüsten, Bergen und Sümpfen.

Mit vielen Fakten und neuen Forschungsergebnissen, würdigt spektrum.dedas Buch “Der indigene Kontinent”, hat Hämäläinen auf 630 Seiten ein Werk geschaffen, in dem konsequent die indigenen Völker im Mittelpunkt stehen.

Die indigene Geschichte Nordamerikas ist eine Geschichte eines langen und erfolgreichen Widerstands gegen die Kolonisierung und eines versuchten Genozids durch die neuen Siedler. Hämäläinen beschreibt auf der Grundlage historischer Quellen von den genozidalen Kampagnen der Siedler und Soldaten. Sie ermordeten zwei Drittel der indigenen Bevölkerung, den Rest zwangsumsiedelten sie und verboten all das, was Indianer zu Indianern machte.

Die Bilanz der europäischen “Landnahme”, der Eroberung, ist grauenhaft. Nur eine Viertel Million der Ureinwohner überlebte die Kolonialisierung, doch die überlebenden 250 000 Ureinwohner reichten aus, schreibt Hämaläinen fast frohlockend, für eine kulturelle Wiederbelebung. Trotz der flächendeckenden und allumfassenden Assimilierung konnten viele indigene Nationen und Communitys, ihre nationale Identität aufrechterhalten.

Das Buch von Hämäläinen reiht sich ein in eine Serie der anderen Geschichtsschreibung. Wie “Eine Geschichte des amerikanischen Volkesvon Howard Zinn, das – neu aufgelegt – das Geschichtsbild um die indigene Sichtweise bereichert. Oder Felix Dorn dokumentiert in Der Lithium-Rush die zerstörerische Wirkung der Ausbeutung des Lithiumvorkommens unter dem Deckmantel der green economy im nordwestlichen Argentinien auf die dortige indigene Bevölkerung.

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