Bretonen und Elsässer streben nach Autonomie

Das zentralistische Frankreich hat zwar 2015 Regionen mit direkt gewählten Regionalräten geschaffen, doch echte Gesetzbefugnisse haben diese Gebietskörperschaften nicht. Territorialautonomie existiert in der französischen Verfassung, aber nur für zwei Überseegebiete (Neukaledonien und Französisch-Polynesien). Nicht nur Korsika, sondern auch andere Regionen und Minderheiten im „Festland-Frankreich“ fordern schon lange Autonomie

Foto: Unser Land

Von Thomas Benedikter

Die Wiederaufnahme von Gesprächen zwischen der Regierung und der korsischen Regionalregierung zur Verabschiedung eines neuen Statuts für Korsika im Jahr 2024 hat auch anderen Autonomiebestrebungen in Frankreich Auftrieb verschafft. Bretonische Autonomisten setzen sich mit einer Kampagne dafür ein, dass ihre Regionalversammlung legislative Rechte und Zuständigkeiten erhält. Im Elsass ist eine Volksbefragung eingeleitet worden, um die Zukunft der Region zu klären und eine eigenständige Regionalregierung zu verlangen.

Die Region Bretagne. Quelle: WIKIPEDIA, GNU Free documentation license.

Die Bretagne fordert Gesetzgebungsrechte

Mit großer Mehrheit hatte die bretonische Regionalversammlung am 8. April 2022 die Regierung in Paris förmlich aufgefordert, Gespräche zur Gewährung einer legislativen und regulatorischen Autonomie für die Bretagne einzuleiten. Treibende Kraft dahinter war die „Bretonische Demokratische Union“ (UDB), die größte Autonomiepartei der Region. Die Regionen Frankreichs verfügen zwar über einen direkt gewählten Regionalrat (Regionalparlament), der aber keine Gesetze verabschieden kann. In ihrer Kampagne fordert die UDB „geteilte Zuständigkeiten“ bei Transport- und Verkehrspolitik, Wohnbau, Gesundheit, Bildung und in der Sprachenpolitik. Damit will man auch der bretonischen Sprache zu mehr Schutz und Anerkennung auf regionaler Ebene verhelfen. Dabei werden die bretonischen Autonomisten von einer breiteren Gruppierung von Autonomie- und Minderheitenparteien unterstützt, der „Föderation der Regionen und Völker in Solidarität“ (RP&S), die die Umgestaltung des französischen Staats in einen Föderalstaat mit differenzierter Autonomie für besondere Regionen wie Korsika, Elsass, das Baskenland und die Bretagne fordert.

 

Foto: Unser Land

Das Elsass will weg vom „Grand Est“

Das Elsass war gegen seinen Willen mit der Einführung der Großregionen am 1. Januar 2016 in die Region Grand Est eingegliedert worden. Seit 2021 gibt es zwar eine eigene Regionalregierung, die Collectivité Européenne d’Alsace (CEA), aber als Teil der Großregion und ohne jegliche Gesetzgebungsbefugnisse. 2023 haben 92% der Abstimmenden in einem nicht bindenden Referendum für die Ausklammerung des Elsass aus der Region Grand Est und eine eigene Region gestimmt. Nun betreibt die Elsässer Autonomiepartei Unser Land noch bis Juli 2023 eine Bürgerbefragung, um zu erfahren, welche Art von Region mit welchen rechten sich die Bevölkerung wünscht. Auch andere Fragen wie die Schaffung einer Europaregion, die deutsch-französische Zweisprachigkeit und die Übernahme von Gesetzgebungsbefugnissen stehen zur Diskussion. Schon am 7. April 2013 wurde ein Referendum zur Schaffung einer elsässischen Gebietskörperschaft durch die Zusammenlegung der Generalräte Haut-Rhin und Bas-Rhin und des Regionalrats Elsass abgehalten. Die Volksabstimmung scheiterte allerdings an der zu geringen Beteiligung.

Präsident Macron hat diesem Ansinnen zunächst eine Absage erteilt, aber seine Gespräche mit den korsischen Autonomisten und der korsischen Regionalregierung werden als Öffnung hin zur Schaffung autonomer Regionen gedeutet.

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